„Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ soll gegendert werden
„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker.“ Dieser altbewährte Hinweis in der Arzneimittelbewerbung wird schon bald der Vergangenheit angehören. In einem Interview mit dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ erklärte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, am 26. Dezember: „Die gesetzlich vorgegebene Formulierung passt nicht mehr in die Zeit.“ Heute sei die Ärzteschaft zur Hälfte weiblich. Der Pflichthinweis müsse daher durch eine neutrale und dennoch leicht verständliche Formulierung ersetzt werden.
In den Apotheken fällt die Frauenquote noch höher aus. Fast 90 Prozent seien in öffentlichen Apotheken beschäftigt, erklärte die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), Gabriele Regina Overwiening, die sich ebenfalls für eine Neufassung aussprach: „Ein rein männlicher Sprachgebrauch kann da keineswegs als eine faire Sprachpraxis bewertet werden.“
Allerdings darf der im Heilmittelwerbegesetz vorgeschriebene Hinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ nicht beliebig verändert werden. Auf der Suche nach einer geeigneten Wortwahl entbrannte eine Debatte.
Die Präsidentin des Deutschen Ärztinnenbundes, Christiane Groß, schlug vor: „Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie in Ihrer ärztlichen Praxis oder Apotheke nach.“ Die ABDA-Chefin plädiert für eine gesetzliche Lösung, bei der mehrere Varianten erlaubt sind, beispielsweise „Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihre Apothekerin“, „Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Apothekerin“ oder „Fragen Sie Ihre Ärztin oder Ihren Apotheker“.
„Jede und jeder Werbetreibende könnte dann frei und flexibel eine dieser Formulierungen einsetzen und damit auch eine öffentlich sichtbare Selbstauskunft über das eigene Unternehmen hinsichtlich einer geschlechtergerechten Sprache geben“, so Overwiening.
Auch von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach kam eine Zustimmung für den Vorstoß der Verbände. „Ich wäre sehr dafür, wenn Ärztinnen ausdrücklich genannt würden. Es entspricht der Realität der Versorgung“, zitiert die „Bild“ den SPD-Politiker.
Ursprung liegt im Ärztetag-Beschluss
Dass die Diskussion um den gegenderten Arzneimittel-Warnhinweise in eine ohnehin schon emotional aufgeheizte Debatte rund um Medikamentenengpässe und Kliniknotstände fällt, stößt vielerorts auf Kritik, zumal Reinhardt erst kürzlich mit dem Vorschlag zum „Medikamenten-Flohmarkt“ für Schlagzeilen sorgte.
Vor allem auf Twitter schaukeln sich die Gemüter hoch. Die Frage „Haben wir keine anderen Probleme?“ ist dort so oder so ähnlich gleich mehrfach zu lesen. Bankexperte Dr. Markus Krall kritisierte: „Herr Lauterbach ist nicht in der Lage, die Versorgung mit Medikamenten sicherzustellen. Aber er findet die Zeit, um die Warnhinweise auf nicht mehr verfügbaren Medikamentenpackungen zu gendern. Es gibt Minister, die sollten auch einen Warnhinweis haben.“
Tatsächlich ist jedoch der Ärztepräsident nicht der Urheber der Umformulierung, sondern nur Überbringer. Der Ruf nach Veränderung geht zurück auf einen Beschluss des 126. Deutschen Ärztetages vom Mai 2022. Im Jahr 2021 sei der Anteil der Ärztinnen erneut gestiegen, hieß es in der Begründung.
Die Antragsteller, unter ihnen Ärztinnen und Ärzte, forderten Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung, auch bezüglich der sprachlichen Repräsentation. Sie sehen die gendersensiblen Formulierungen als „ein Mittel zur wertschätzenden Ansprache gegenüber Menschen jeglicher Geschlechtsidentität […], das die Sichtbarkeit sowie Repräsentation von Ärztinnen verbessern“ kann. In ihrem Antrag verwiesen sie auf den Umstand, dass zahlreiche bedeutende medizinische Fachzeitschriften sich im Zuge der Gleichstellungsinitiative umbenannt haben.
Beispielsweise hatte die Springer Medizin Verlag GmbH in einer breit angelegten Verlagsinitiative viele Fachzeitschriften zum 1. Juni 2022 umbenannt, „weil die Medizin nicht männlich ist“. Aus „Der Internist“ wurde „Die Innere Medizin“, aus „Der Chirurg“ wurde „Die Chirurgie“, aus „Der Gynäkologe“ wurde „Die Gynäkologie“. Mehr als 20 Zeitschriften wurden nach diesem Muster „geschlechtsneutral“ umbenannt. Eine Ausnahme bildet die Zeitschrift „Der Nervenarzt“. Da hier mehrere Fachdisziplinen zusammenträfen, habe man den Titel nicht nach dem neuen Konzept gestalten können. Der Verlag sei noch in Gesprächen, ist auf der Verlagswebsite zu lesen.
(Mit Material von dts)
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