Explodierende Erdgaspreise bringen Verbraucher in Schwierigkeiten
Die durch den Ukraine-Krieg ausgelöste Gas-Krise kommt langsam bei den Verbrauchern an. Nach und nach trudeln Schreiben von den Energieversorgern ein und kündigen nun schwarz auf weiß das an, was die Regierung seit Wochen androht: exorbitant steigende Abschlagszahlungen.
Beispielhaft sei hier das Schreiben eines Energieversorgungsunternehmens aus Bayern an eine 88 Jahre alte Kundin genannt, das seit Tagen durch die sozialen Medien geistert. In dem Formschreiben heißt es, dass der eingangs genannte militärische Konflikt „und die damit verbundene Reduktion der Erdgas-Liefermengen aus Russland zu neuen Höchstständen bei den Beschaffungskosten geführt haben“.
Statt 170 künftig 835 Euro Kosten pro Monat
Daher sei das Unternehmen „leider“ gezwungen, den Vertrag „anzupassen“, wie eine Verteuerung gerne genannt wird. Der Arbeitspreis erhöht sich dem Schreiben zufolge von bisher 5,25 Cent je Kilowattstunde auf 26,90 Cent – eine Preissteigerung um mehr als das Fünffache.
Die alte Dame, die nach Angaben ihrer Enkelin, die das Schreiben anonymisiert auf Twitter postete, in einem nach dem Zweiten Weltkrieg erbauten Einfamilienhaus lebt, muss monatlich mit 1.300 Euro Rente auskommen. Um „eine hohe Nachzahlung“ zu vermeiden, werden ab dem 1. Oktober 2022 statt bisher 170 Euro 835 Euro nur für Erdgas abgebucht. Der Energieversorger war nicht bereit, Fragen zu beantworten.
In einer E-Mail teilte die Unternehmenssprecherin lediglich mit, dass der hier geschilderte Fall bekannt sei und man versuche, im Gespräch mit der Kundin und ihren Angehörigen eine Lösung zu finden. Die Kundenbetreuung benötige momentan „die volle Aufmerksamkeit des Energieversorgers“.
Hoffen auf Maßnahmen der Regierung
Beim von Greenpeace 1999 gegründeten Unternehmen „Green Planet Energy“ wird die Gasumlage ab 1. Oktober an die Kunden weitergegeben, so Unternehmenssprecher Christoph Rasch.
Die Abschlagszahlungen werden ab Januar 2023 angepasst. Eine Aussage zur genauen Höhe könne aber noch nicht getroffen werden. Obwohl das Unternehmen laut Rasch seit Jahren daran arbeitet, den Erdgasanteil im Gasmix zu verringern und erneuerbare Gase bereits 20 Prozent des Angebots ausmachen, wird die Preiserhöhung die Kunden treffen.
„Auch die von uns beschafften Mengen ökologisch hochwertigen Biogases sowie von grünem Wasserstoff haben sich im Einkauf erheblich verteuert“, erläutert der Sprecher. Zudem befürchtet er zum Jahreswechsel weitere Verteuerungen, wenn sich die Situation am Markt nicht entspannt.
Über weitere Entwicklungen wolle er nicht spekulieren. „Wir hoffen aber natürlich, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen und insbesondere ein schneller und konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien kurz- und mittelfristig entlastende Auswirkungen auch auf die Gaspreise haben.“ Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke als – auch kurzfristig eingesetztes – Instrument in der Gas-Krise zu nutzen, lehne der Energielieferant ab. Die damit verbundenen Nachteile und Risiken – finanzieller, aber auch energiewirtschaftlicher und ökologischer Natur – überwiegen aus Sicht des Sprechers klar.
Eine eigene in Auftrag gegebene Studie belege, dass der Nutzen von Kernkraftwerken als Ersatz für Gaskraftwerke sehr gering sei. Heizöl lehne man als Alternative ebenfalls ab. „Angesichts immer dramatischerer Auswirkungen der Klimakrise auch hier in Deutschland müssen wir so schnell wie möglich aussteigen aus allen fossilen Energieträgern und dürfen uns nicht in technologische Lock-Ins für viele Jahre begeben, wie dies etwa durch die Nutzung einer Ölheizung der Fall wäre. Stattdessen müssen hier auch für den Heizbedarf vehement nachhaltige Technologien wie Wärmepumpen ausgebaut und weiterverbreitet werden“, so Rasch abschließend.
Ukraine-Krieg belastet angespannte Lage auf Märkten zusätzlich
Zusätzlich belastet werden die Verbraucher durch die Gasumlage, die Höhe der zusätzlichen Abgabe wird 2,419 Cent pro Kilowattstunde betragen. Sie liegt damit im Bereich der zuletzt vom Bundeswirtschaftsministerium genannten Spanne zwischen 1,5 und 5 Cent je Kilowattstunde. Die entsprechende Rechtsverordnung soll ab 1. Oktober greifen und am 1. April 2024 enden.
Alle Gasverbraucher sollen die Umlage zahlen, um durch Lieferkürzungen Russlands in Schieflage geratene Gasimporteure zu stabilisieren. Die Umlage ist eine Folge des Krieges in der Ukraine, lässt das Wirtschaftsministerium verlauten. Dieser habe die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft.
Für Verbraucher bedeutet die Erhebung der Umlage bei einem Verbrauch von 12.000 Kilowattstunden pro Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von 290 Euro ohne Mehrwertsteuer. Hinzu kommen weitere reguläre Preissteigerungen, die schrittweise bei den Kunden ankommen dürften.
Die Maßnahme ist umstritten, auch weil zahlreiche Fragen noch ungeklärt sind. So ist bei vielen Gasanbietern noch unklar, ob sie die Umlage fristgerecht an Kunden weitergeben können. Der Umgang mit Abnehmern mit Preisgarantien ist zum Beispiel noch nicht geklärt.
EU will nicht auf Mehrwertsteuer verzichten
Die Bundesregierung hatte zudem die EU darum gebeten, auf die Erhebung der Mehrwertsteuer zu verzichten, wohl wissend, dass das europäische Recht eine Ausnahme nicht vorsieht. So kam dann am vergangenen Dienstag die Absage aus Brüssel.
Möglich ist auch, dass sich die Justiz – bis hin zum Verfassungsgericht – mit dem Thema beschäftigen muss, da die Gasumlage ökonomisch und rechtliche schwierige Fragen aufwirft. Dies hatte der Staatsrechtler Hanno Kube Anfang August der Nachrichtenagentur dts gesagt.
Habeck: Abgabe ist gerechteste Form der Kostenverteilung
„Wir müssen Unternehmen retten, die in Schieflage geraten sind und das als Volkswirtschaft tragen“, begründete Wirtschaftsminister Robert Habeck die Erhebung einer Gasumlage in einem Video, das das Portal „GMX“ veröffentlichte.
Dafür machte der Grünen-Politiker den russischen Präsidenten Wladimir Putin verantwortlich. Dieser habe die Erdgaslieferungen an Deutschland „willkürlich“ unterbrochen. Die Umlage nennt der Wirtschaftsminister „die gerechtmöglichste Form, die aufgelaufenen Kosten in der Bevölkerung zu verteilen“.
Ohne die Umlage wäre der Zusammenbruch des deutschen Energiemarktes die Folge. Mit dem Geld der Steuerzahler wird der Gashändler Uniper gerettet, der sich zu 56 Prozent im Besitz des finnischen Energiekonzerns Fortum befindet. Wie das Handelsblatt mitteilt, ist der Bund mit einem Anteil von 30 Prozent in das Unternehmen eingestiegen. Das Rettungspaket beträgt fast 17 Milliarden Euro.
Faeser erwartet Attacken auf Gas-Terminals
Innenministerin Nancy Faeser erwartet angesichts der Energiepolitik der Regierung Proteste und Anschläge linker Gruppierungen.
„Wir müssen gegen mögliche Attacken auf Gas-Terminals und andere kritische Infrastruktur gerüstet sein“, sagte sie gegenüber der „Bild am Sonntag“. „Auf der anderen Seite sehen wir natürlich auch weiter die Gefahr von rechts.“ Daher werde bei der inneren Sicherheit nicht gespart, die Einstellung von weiteren 1.000 Bundespolizisten sei geplant.
Während Faeser vor allem Angriffe Linker befürchtet, erwartet ihr Parteifreund und Innenminister in Thüringen, Georg Maier, eher Terror Rechtsextremer. In der „Welt“ beruft er sich auf „Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden“. Hinter der Mobilisierung steckten oft Neonazis, Reichsbürger, Querdenker und die AfD. „Diese Kräfte wollen der Bevölkerung noch größere Angst einjagen“, glaubt Maier. Es gehe den „Extremisten“ aber nicht um die Energiepreise, „sondern darum, die Regierung und unsere Demokratie verächtlich zu machen“.
Linke rufen zu Montagsprotesten auf
Wegen der Gasumlage fordert der Linken-Politiker Sören Pellmann die Menschen in Ostdeutschland auf, sich wieder zu Montagsprotesten zusammenzufinden. Die Abgabe sei ein „Schlag gegen den Osten“ und „der schärfste soziale Einschnitt seit den Hartz-Reformen der 2000er-Jahre“, zitiert der „Spiegel“ den Bundestagsabgeordneten.
Wegen geringerer Einkommen und Rücklagen sei die Umlage für Hunderttausende Ostdeutsche „eine Rutschbahn in die Existenzkrise“.
Regierung verschleppt Diskussion um Fracking in Deutschland
Unterdessen köchelt die Debatte um den Abbau heimischer Erdgasvorkommen mittels Fracking auf extrem kleiner Flamme. Ende Juni berichteten wir von großen Reserven des Energieträgers in Niedersachsen, die für rund 30 Jahre Versorgungsprobleme lösen könnten.
Doch während die FDP das Frackingverbot gerne aufheben würde, stellen sich Grüne und SPD quer, verschleppen offenbar eine Diskussion, wie die „Welt“ berichtet. Die Bundesregierung hatte die Abbaumethode 2017 verboten, obwohl Fachleute sie in Gutachten auch hierzulande als praktikabel eingeschätzt hatten.
Im Wasserhaushaltsgesetz heißt es, dass das Verbot überdacht werden solle. Demnach war der Bundestag schon im vergangenen Jahr dazu verpflichtet zu überprüfen, ob das Verbot noch angemessen ist, „auf der Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes der Wissenschaft und Technik“. So steht es in dem Gesetz, doch passiert ist bislang nichts, obwohl sich die Gaskrise über einen längeren Zeitraum angedeutet hat.
Der Bundestag verweist darauf, dass die „Expertenkommission Fracking“ ihren Bericht für 2021 erst kürzlich vorgelegt hat. Er wäre die Basis für eine Beratung. Die Fraktionen würden nun darüber entscheiden, wann der Bericht Thema im Parlament werden würde. Die Kommission hatte allerdings auch 2020 einen Bericht vorgelegt und seinerzeit die Gesetzeslage festgestellt: „Im Jahr 2021 überprüft der Deutsche Bundestag auf Grundlage des bis dahin vorliegenden Standes von Wissenschaft und Technik die Angemessenheit des Verbots von unkonventionellem Fracking“, heißt es darin.
Der Bundestag hat im vergangenen Jahr allerdings nichts getan. Fragen nach den Gründen beantworteten die politischen Gremien nicht.
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