Gut zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale zeichnet sich eine höhere Beteiligung ab als vor zwei Wochen, wie „In Südthüringen“ berichtet. Gaben am 11. Juni noch 23.442 von 48.327 Wahlberechtigten aus den acht Kommunen im Landkreis Sonneberg ihre Stimme ab, so könnte die damals erreichte Beteiligung von 49,08 Prozent am 25. Juni getoppt werden. Hinweise hierauf liefert eine teils deutlich gestiegene Zahl an Briefwählern. Auch der Eindruck in einer Reihe von Wahllokalen bzw. die Nachfrage dieser Zeitung an einige Wahlvorstände bestätigt mittlerweile diesen Trend.
Stichwahl in Sonneberg: AfD gewinnt mit 52,8 Prozent gegen CDU
Aus der Landratswahl im thüringischen Kreis Sonneberg ist der AfD-Kandidat Robert Sesselmann als Sieger hervorgegangen und hat für die Partei erstmals in Deutschland ein solches kommunales Spitzenamt erobert.
Der 50-Jährige bekam in der Stichwahl in dem Landkreis im Süden Thüringens am Sonntag 52,8 Prozent der Stimmen und erhielt damit die nötige absolute Mehrheit, wie die Wahlleitung am Sonntagabend mitteilte. Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper, der auch von der Linken, der SPD, den Grünen und der FDP unterstützt wurde, unterlag demnach mit 47,2 Prozent.
Während der Auszählung
Um 19:12 Uhr gibt die AfD ihren Sieg bekannt: „#Sonneberg hat sein blaues Wunder erlebt: Robert #Sesselmann ist der erste #AfD-Landrat Deutschlands. Wir gratulieren herzlich und bedanken uns bei allen Unterstützern und Wählern – sie alle haben heute Geschichte geschrieben!“
Die Wahlbeteiligung stieg von 49,1 (1. Wahlgang) auf 59,6 Prozent in der Stichwahl. Sesselmann holte 4.051 Stimmen mehr als im ersten Wahlgang. Linke, SPD, Grüne und FDP in Thüringen hatten für eine hohe Wahlbeteiligung und die Unterstützung des CDU-Bewerbers geworben.
1. Wahlgang:
- Schwalbach (LINKE, GRÜNE): 1.023 Stimmen
- Sesselmann (AfD): 10.941 Stimmen
- Köpper (CDU): 8.371 Stimmen
- Schönheit (SPD): 3.107 Stimmen
- Wahlbeteiligung: 49,1%
Stichwahl:
- Sesselmann (AfD): 14.992 Stimmen
- Köpper (CDU): 13.419 Stimmen
- Wahlbeteiligung: 59,6% (+10,55%)
Hans-Georg Maaßen (CDU) kommentiert gegenüber der Epoch Times:
„Jürgen Köpper war stellvertrender Landrat und hat über lange Zeit den erkrankten Landrat vertreten. Er hat gute Arbeit geleistet und wird von der Bevölkerung geschätzt. Hätte er nicht für die CDU kandidiert, sondern als unabhängiger Kandidat, wäre er vermutlich gewählt worden. Dass selbst er gescheitert ist, liegt daran, dass die Mehrheit der Wähler die CDU als eine grün-woke Partei wahrnimmt. Die Sonneberger, die unter der DDR wegen ihrer Grenznähe besonders gelitten haben, haben ein feines Sensorium für politische Fehlentwicklungen. Oder anders formuliert: Die Sonneberger haben die Schnauze voll. Und nicht nur die Sonneberger.“
Die Bürger haben die Nase voll
Andere sehen es auf Twitter ähnlich. Ein User namens „Klüger als Einstein“ erklärt:
Ein Sieg für die Demokratie gegen die DDR 2.0 Blockparteien. Das links-grüne Parteien-Kartell weiß jetzt, dass die Bürger die Nase voll haben von ihren Lügen, Klima- und Corona-Totalitarismus, Unterdrückung, Enteignungs-Heizungsgesetz und Sklaven-Lockdowns aller Art🤓 #Sonneberg
— Klüger als Einstein (@WarrenBuffett40) June 25, 2023
Jan Redmann, CDU-Fraktions- und Parteivorsitzender in Brandenburg, bilanziert:
#Sonneberg macht deutlich: Das Konzept „Schulterschlusses gegen AfD“ ist an seine Grenzen gekommen. Wir müssen stattdessen die relevanten Debatten zwischen den demokratischen Parteien führen, sonst verarmt die politische Kultur. Davon profitieren nur die Extremisten.
— Jan Redmann (@JanRedmannWk) June 25, 2023
Auszähl-Eckpunkte
19:00 Uhr: 68 von 69 Stimmbezirken ausgezählt: Sesselmann (AfD) 53,2 Prozent, Köpper (CDU) 46,8 Prozent. Die Wahlbeteiligung wird mit 58,2 Prozent angegeben.
Die Wahlleiter vor Ort teilten mit, dass die Differenz auch durch die Anzahl der Briefwahlstimmen nicht aufgeholt werden kann.
18:45 Uhr: 66 von 69 Stimmbezirken ausgezählt: Sesselmann (AfD) 53,4 Prozent, Köpper (CDU) 46,6 Prozent.
18:34 Uhr: Derzeit führt der AfD-Kandidat mit 55,6 Prozent der Stimmen (nach 55 ausgezählten Bezirken von 69). Der CDU-Kandidat Jürgen Köpper liegt bei 44,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 48,1 Prozent.
Briefwahlstimmen sind bisher nicht eingerechnet. Die Daten werden auf der Webseite für Wahlen in Thüringen veröffentlicht und stetig aktualisiert (derzeit etwas überlastet).
AfD-Kandidat ist Fachanwalt für Arbeitsrecht
Sesselmann sitzt seit 2019 für die AfD im Thüringer Landtag. Seit 1998 arbeitet der gebürtige Sonneberger als selbstständiger Rechtsanwalt in der Stadt, er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Der Vater dreier Kinder ist seit 2018 auch Beisitzer im Landesvorstand der Thüringer AfD. Seit der Kommunalwahl 2019 ist er Mitglied des Stadtrats Sonneberg und des Kreistags Sonneberg.
Nach einem „Spiegel“-Bericht ermittelt die Thüringer Polizei gegen Sesselmann. Sie geht demnach dem Verdacht nach, wonach er im Wahlkampf einen Mann verbal bedroht haben soll, der CDU-Plakate aufhängen wollte. Der AfD-Politiker soll dem Mann vorgeworfen haben, sich an Sesselmanns Plakaten zu schaffen gemacht zu haben.
Die Landratswahl fand ein Jahr früher als geplant statt, weil der bisherige Landrat Hans-Peter Schmitz (parteilos) krankheitsbedingt vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden war. Seit etwa zwei Jahren führte CDU-Politiker Köpper als stellvertretender Landrat die Amtsgeschäfte.
Überblick über die Stichwahl des heutigen Tages
Im ersten Durchgang der Landratswahl vor zwei Wochen hatten Sesselmann nur wenige Prozentpunkte zum Wahlsieg gefehlt. In Thüringen wird die AfD mit ihrem Chef Björn Höcke vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestuft und beobachtet.
Insgesamt werden zwischen Rennsteigregion, Schaumberger Land, Spielzeugstadt und Föritztal 69 Stimmbezirke in fünf Städten und drei Gemeinden, davon zwölf Briefwahlbezirke (57 Stimmbezirke ohne Briefwahl), vorgehalten. Diese schließen um 18 Uhr, dann beginnt die Auszählung, an der rund 600 Wahlhelfer beteiligt sind.
Aufruf zur Unterstützung des CDU-Bewerbers
Wie zuletzt schon bei der OB-Wahl in Schwerin haben zuvor in Thüringen mehrere andere Parteien zur Unterstützung des AfD-Kontrahenten aufgerufen. Vertreter von Linke, SPD, Grüne und FDP ebenso wie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) motivierten, den CDU-Kandidaten Köpper zu unterstützen.
Auch einige Unternehmen, Handwerker und Kulturschaffende der Region warben für eine hohe Wahlbeteiligung und eine „Entscheidung für eine demokratische und weltoffene“ Region.
Aufgerufen zur Stichwahl waren rund 48.300 Wahlberechtigte in 69 Stimmbezirken. Die Wahllokale waren von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Sonneberg ist mit rund 57.000 Einwohnern einer der kleinsten Kreise in Deutschland.
Bislang hat die AfD trotz mehrmaliger Anläufe noch kein kommunales Spitzenamt wie einen Landrat oder einen Oberbürgermeister stellen können.
Nach einer repräsentativen Civey-Umfrage für den TV-Sender „Welt“ ist eine knappe Mehrheit der Deutschen beunruhigt von der Vorstellung eines AfD-Landrats. Das antworteten 52 Prozent der Befragten. Jedoch gaben 43 Prozent an, dass sie ein Landratswahlgewinn der AfD nicht beunruhigen würde. Die restlichen fünf Prozent waren unentschieden.
Meuthen: AfD inhaltlich und personell „völlig blank“
Das bundesweite Umfragehoch der AfD ist nach Einschätzung ihres früheren Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen nicht auf eigene Inhalte zurückzuführen, sondern auf die Schwäche der anderen Parteien.
„Inhaltlich und personell ist die Partei völlig blank, die guten Leute sind alle weg. Die Partei profitiert allein von der erschreckenden Schwäche der anderen Parteien“, sagte Meuthen der „Bild“.
Meuthen, der bis Anfang des vergangenen Jahres Vorsitzender der AfD war, sagte, mit seinem Abgang sei das gemäßigte Lager zerfallen und die Radikalen hätten die Kontrolle über die AfD übernommen.
(Mit Material der Agenturen)
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