Pilotabschluss in BW: Erfolgsaussichten in der Metall- und Elektroindustrie
Deutliche Lohnsteigerungen und eine 3.000-Euro-Inflationsprämie. Im Tarifkonflikt in der Metall- und Elektroindustrie ist ein Pilotabschluss in Baden-Württemberg gelungen. Die Gewerkschaft IG Metall und der Arbeitgeberverband Südwestmetall einigten sich in der Nacht zum Freitag, 18. November, in der fünften Verhandlungsrunde in Ludwigsburg.
Nach rund elfstündiger Verhandlung stand der Abschluss. Dieser sieht nach Angaben beider Seiten eine Inflationsprämie von insgesamt 3.000 Euro vor. Außerdem steigen die Löhne und Gehälter ab kommenden Juni um 5,2 Prozent und ab Mai 2024 um weitere 3,3 Prozent.
Der Tarifabschluss gilt zunächst für die rund eine Million Beschäftigten der Branche in Baden-Württemberg. Er soll aber als Pilotabschluss fungieren, der von den anderen Bezirken übernommen werden könnte. Alle Augen richteten sich daher am Donnerstag auf Baden-Württemberg. Darüber hinaus fanden an diesem „Tag der Entscheidung“ bundesweite Protestaktionen und Warnstreiks statt.
IG Metall: „Entgelterhöhung für Beschäftigte, die ihnen zusteht“
Die IG Metall hatte seit Beginn der Tarifrunde acht Prozent mehr Lohn für die insgesamt 3,8 Millionen Beschäftigten gefordert. Die dabei angesetzte Laufzeit beträgt zwölf Monate. Zuletzt waren die Arbeitgeber zur Zahlung der Inflationsprämie bereit und stellten spätere Lohnerhöhungen lediglich in Aussicht. Es hatten sich daher langwierige Verhandlungen angekündigt.
Nun zeigte sich die IG Metall trotz der längeren Laufzeit des Tarifvertrags bis zum 30. September 2024 zufrieden. „Wir haben hart gerungen und verhandelt, am Ende liegt aber ein akzeptabler Kompromiss auf dem Tisch“, erklärte Verhandlungsführer Roman Zitzelsberger. Die Beschäftigten bekämen nun „endlich die dauerhafte prozentuale Entgelterhöhung, die ihnen zusteht“.
Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, gab sich zufrieden. „Die Beschäftigten haben demnächst deutlich mehr Geld in der Tasche. Hinzu kommt die steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie. Beides zusammen – Inflationsausgleichsprämie und prozentuale Erhöhung – bringen den Beschäftigten eine spürbare Entlastung angesichts der gestiegenen Preise.“
Zustimmung, um Arbeitskampf zu verhindern
Südwestmetall sprach hingegen von einem „in vielen Punkten schmerzhaften Kompromiss“, der für die Unternehmen „absolut an der Grenze“ des Tragbaren sei. Der Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite, Harald Marquardt, erklärte zu dem Abschluss, die Arbeitgeber hätten auch deshalb zugestimmt, um „in dieser extrem herausfordernden Zeit“ einen Arbeitskampf zu verhindern. Die IG Metall hatte im Fall eines Scheiterns der fünften Runde verschärfte Streiks angekündigt.
Akzeptabel sei der Abschluss auch deshalb, weil Entlastungsmöglichkeiten für Firmen in schwieriger Lage sowie Regelungen für den Fall einer Energienotlage geschaffen worden seien, fuhr Marquardt fort. Die Inflationsprämie wird in Teilen ausgezahlt und kann per Betriebsvereinbarung auch verschoben werden. Beim tariflichen Zusatzgeld, das es seit 2018 gibt, gibt es eine Differenzierung nach Umsatzrendite, hier gibt es auch die Möglichkeit, diesen Beitrag zu kürzen oder zu streichen.
Bundesweite Erfolgsaussichten
Der Vorstand der IG Metall empfahl die Übernahme des Pilotergebnisses in allen Tarifgebieten. Der Bezirk Küste kündigte bereits an, eine Übernahme des Ergebnisses anzustreben. Hunderttausende Beschäftigte hatten in den vergangenen Wochen mit Warnstreiks und anderen Protestaktionen Druck gemacht.
Auf Anfrage der Epoch Times sagte ein Pressesprecher der IG Metall: „Es ist zu erwarten, dass dieser Pilotabschluss überall (in allen Tarifgebieten) in seinen Grundzügen übernommen wird.“ Deswegen habe der bundesweite IG-Metall-Vorstand das in der Nacht zum Freitag, 18. November, so mitentschieden.
In den nun folgenden Tarifgesprächen gebe es aber einen gewissen Spielraum für regionale Anpassungen. So könnten über das Pilotergebnis hinaus weitere Punkte beschlossen werden, was regional vonnöten sei. An den Lohnsteigerungen dürfte sich jedoch nichts ändern, so der Sprecher.
Die folgenden Tarifverhandlungen müssten dann formal von den Tarifkommissionen bestätigt werden. Dies sollte laut Einschätzung des Sprechers innerhalb der nächsten Wochen erfolgen, sodass die Tarifverträge bundesweit auf alle Fälle noch in diesem Jahr zustande kämen. Die fünften abschließenden Tarifverhandlungen waren in einigen Bezirken allerdings noch nicht terminiert, weil die Tarifrunde vor dem Pilotabschluss „so eskaliert ist“, sagte der Sprecher. Hier müssten beide Seiten neue Termine festlegen.
Infolge der Einigung in Ludwigsburg hätten einige Bezirke wie Bayern, Berlin oder Brandenburg neue Warnstreiks kurzerhand abgesagt, die für Freitag, 18. November, angesetzt waren, sagte der Sprecher der Epoch Times.
(Mit Material von AFP)
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