Enteignung der Sparer, Negativzinsen verfassungswidrig – Reaktionen aus der Politik

Ein Gutachten des ehemaligen Bundesverfassungsrichters Paul Kirchhof erklärte Negativzinsen für verfassungswidrig. Die AfD nennt die Negativzinsen eine Art Zwangsabgabe, durch die Unternehmen und Kunden bestraft und enteignet würden. Die Grünen widersprechen.
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Die Geldpolitik der Zentralbanken ist umstritten .Foto: iStock
Epoch Times5. Juli 2021

Die anhaltende Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wird durch den früheren Bundesverfassungsrichter Paul Kirchhof in einem Gutachten als verfassungswidrig gewertet. Diese Geldpolitik bedeute eine Enteignung der Sparer und verletze das in Artikel 14 des Grundgesetzes garantierte Recht auf Privateigentum und das Europarecht.

„Mit dem Negativzins wird der Sparer enteignet, obwohl der Staat prinzipiell nicht auf Privateigentum zugreifen darf. Das ist verfassungswidrig und widerspricht auch dem Europarecht“, sagte Kirchhof der „Welt“. Das Grundrecht, Nutzen aus seinem Eigentum ziehen zu können, sei Teil der im Grundgesetz garantierten Eigentümerfreiheit.

„Und dieses Grundrecht wird dem Sparer durch die Zinspolitik der EZB genommen“, betonte der Jurist. Sein Gutachten soll heute in Berlin veröffentlicht werden.

„Das Sparen darf nicht als Anlageform für die Bevölkerung mit kleinem Vermögen gegenüber der Aktie und der Immobilie als Anlageform für Personen mit höherem Geldeigentum benachteiligt werden“, heißt es in dem Gutachten.

Eine Art der Zwangsabgabe

Die CDU-Mittelstandsunion befürchtet durch die immer häufigeren Negativzinsen auf Giro- und Sparkonten eine gesellschaftliche Spaltung. „Die anhaltend ungesunde Zinssituation hat das Potenzial, einen Keil in die Gesellschaft zu treiben“, sagte der Vorsitzende Carsten Linnemann der „Welt“. Zusammen mit derzeit steigenden Inflationsraten entstehe eine gefährliche Mischung.

„Der Sparer wäre gelackmeiert. Daran kann niemand ein Interesse haben.“ Laut dem Vergleichsportal Verivox berechnen aktuell 349 Banken Negativzinsen von Privatkunden – fast doppelt so viele wie noch Ende 2020. Gleichzeitig stieg die Inflationsrate in den vergangenen Monaten auf mehr als zwei Prozent, wodurch die Ersparnisse an Kaufkraft verlieren.

„Kirchhof ist absolut zuzustimmen“, sagte Kay Gottschalk, finanzpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, der Zeitung. „Aus meiner Sicht soll hier ein Verfassungsverstoß, nämlich die direkte und indirekte Staatsfinanzierung mittels des nächsten Bruchs, nämlich dem der Negativzinsen verdeckt werden“, sagte er.

Letztlich handele es sich um eine Art der Zwangsabgabe, durch die Unternehmen und Kunden „bestraft und enteignet“ würden.

Grüne: Recht auf Eigentum?

Widerspruch kam dagegen von den Grünen. Die Finanzpolitikerin Lisa Paus wies die Vorstellung zurück, dass es ein Grundrecht auf Zinsen gibt. Das habe das Bundesverfassungsgericht wiederholt deutlich gemacht.

„Artikel 14 kann grundsätzlich nicht gegen eine staatliche Geldpolitik mobilisiert werden, die Inflation oder Negativzinsen – bewusst oder unbewusst – in Kauf nimmt“, sagte Paus der „Welt“. Der Artikel enthalte weder ein Grundrecht auf Preisstabilität noch eine staatliche Wertgarantie des Geldes.

Auch den Linken-Finanzpolitiker Fabio De Masi überzeugen die rechtlichen Argumente Kirchhofs nicht. „Auch wer ein Schließfach bei der Bank mietet, zahlt eine Gebühr. Und wer seine Aktien nicht genug streut, kann auch Verluste erleiden“, sagte er der Zeitung.

Linken-Fraktionschef fordert wegen Negativzinsen hohe Freigrenzen für Sparer

Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch fordert ein Eingreifen der Bundesregierung. „Dass Banken ihren Kunden immer ungenierter ins Portemonnaie greifen, ist ein inakzeptabler Zustand. Viele Menschen sparen mühsam für das Alter, ein Eigenheim oder die Kinder und die Banken senken Freigrenzen für Negativzinsen immer weiter ab“, sagte Bartsch dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Diese dreiste Abzocke gegenüber den Kunden muss enden.“

Nötig seien hohe Freibeträge für Neu- und Bestandskunden und klare Vorgaben für die Banken, forderte Bartsch, der auch Spitzenkandidat der Linken bei der Bundestagswahl ist. „Sparguthaben der Kunden dürfen nicht länger die Gewinne der Banken aufpeppen.“

Am Mittwoch hatte bereits die Linken-Vorsitzende Janine Wissler „ein klares Stopp-Zeichen für Negativzinsen“ gefordert. Wenn Banken die Strafzinsen der Europäischen Zentralbank (EZB) an Kleinsparer weitergäben, unterlaufe dies „die Intention der Notenbank und bürdet die Krisenkosten den Kleinsparern auf“. Wissler forderte deshalb ein Verbot durch den Gesetzgeber.

Sozialkassen durch Negativzinsen stark belastet

Die Negativzinsen der EZB haben die Sozialkassen im vergangenen Jahr laut einem Medienbericht stärker belastet als je zuvor. Allein die Zahlungen der Rentenkasse für ihre Nachhaltigkeitsrücklage belief sich wegen der Negativzinsen auf 106 Millionen Euro, berichtete die „Bild“-Zeitung. Ein Jahr zuvor seien es noch 29 Millionen Euro gewesen.

Auch der Gesundheitsfonds der Krankenkassen musste laut der Zeitung im Jahr 2020 Negativzinsen in Höhe von 10,4 Millionen Euro aufbringen. Beim Ausgleichsfonds der Pflegeversicherung fielen 11,6 Millionen Euro an, wie die „Bild“ vom Bundesamt für Soziale Sicherung erfuhr.

Laut dem Vergleichsportal Verivox verlangen aktuell 349 Banken Negativzinsen von Privatkundinnen und -kunden, fast doppelt so viele wie noch Ende 2020. Das sind 171 mehr als Ende 2020. „Aktuell kommen nahezu täglich weitere Geldhäuser hinzu“, berichtete Verivox-Manager Oliver Maier. Zugleich verschärften viele Institute ihre Regelungen. (afp/dts/dpa/ks)



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