Ein Imker und seine Lösung für die strengen EU-Emissionsziele beim Diesel-Lkw

Die neuen Emissionsziele der EU-Kommission würden den Dieselmotor in seiner jetzigen Form verbannen. Doch es gibt eine mögliche Alternative, die die Aggregate am Leben erhalten könnten. Diese stellt uns der Maschinenbaufachmann und Imker Andreas Heidinger im Interview vor.
Titelbild
Ein Mähdrescher und ein Traktor ernten ein Rapsfeld ab.Foto: iStock
Von 3. Mai 2024

Vor wenigen Monaten beschloss die EU-Kommission strenge Emissionsziele für Diesel-Lkw. Demnach sollen die CO₂-Emissionen der Fernlastwagen in Stufen bis 2040 um 90 Prozent gesunken sein. Da diese Vorgaben technisch nicht umsetzbar sind, scheint die Richtlinie das faktische Aus dieser traditionsreichen und weitverbreiteten Antriebstechnologie zu bedeuten.

Elektrisch betriebene Lkw sind jedoch bisher kaum im Einsatz. Zudem ist die dafür benötigte Ladeinfrastruktur noch kaum vorhanden, was derzeit die Akzeptanz minimiert. Womit soll dann künftig die für die Gesellschaft so wichtige Transport- und Logistikbranche angetrieben werden?

Dazu befragte die Epoch Times den Modellschreiner und Gießereitechniker Andreas Heidinger.

Heidinger war im Qualitätsmanagement in der Automobilzulieferindustrie, speziell im Aluminiumsand- und im Aluminiumdruckguss, weltweit tätig. Ebenfalls arbeitete er 20 Jahre als Berater und Projektleiter bei einem großen Maschinenbaukonzern in der Entwicklung und Produktion von großen Motorenteilen für den Dieselmotor. In diesem Bereich hat er auch mehrere Patente angemeldet.

Da Heidinger einen 50 Kilometer langen Anfahrtsweg zu seinem Arbeitsplatz hatte, baute er seinen Diesel-Pkw aus ökologischen und Kostengründen zum Fahren mit Pflanzenöl, nämlich Rapsöl, um.

2005 begann Heidinger nebenher mit der Bienenhaltung, was ein wichtiges Element seiner alternativen Antriebsart, dem Pflanzenölmotor, darstellt.

Als Hobby-Land- und -Forstwirt setzt er geplant Bienen ein. Nicht nur für die Bestäubung, sondern auch, um mit dem Anbau einer Vielzahl von ganzjährigen Trachtpflanzen den Honig und den Fruchtertrag mit minimalem Aufwand nach ökologischen Grundsätzen zu erhöhen.

Seit 2021 ist Heidinger selbstständig, um sich mit den Projekten Bienen und Landwirtschaft mehr beschäftigen zu können.

Herr Heidinger, Sie haben sich mit dem Pflanzenölmotor von Rudolf Diesel beschäftigt. Bitte erklären Sie kurz und verständlich diese Technik. Ist das wie ein Dieselmotor, nur dass man Pflanzenöl tankt?

Wenn wir kurz in die Geschichte schauen: Rudolf Diesel, der Erfinder des Dieselmotors, hat herausgefunden, dass, wenn man Pflanzenöl, Petroleum und andere Kraftstoffe sehr stark verdichtet, sich diese von selbst zünden. Vereinfacht gesagt, wandelt der Dieselmotor durch Kolbenbewegung im Motor das Öl durch Verdichtung zu Bewegungs- und Wärmeenergie um.

In der Weltausstellung im Jahre 1900 wurde ein Dieselmotor ausgestellt und mit Erdnussöl betrieben. Die Aussage von Rudolf Diesel war: „Meine Maschine kann mit jedem Pflanzenöl betrieben werden.“ Eigentlich hat Rudolf Diesel den Pflanzenölmotor erfunden!

Wäre der Pflanzenölmotor angesichts der strengen EU-Emissionsvorgaben ab 2040 eine mögliche Alternative für Diesel-Lkw? Wie gut wäre er umsetzbar?

Heute kann fast jeder Dieselmotor mit Biodiesel betrieben werden. Biodiesel wird durch einen chemischen Prozess in Deutschland meistens aus Rapsöl hergestellt. Durch diesen chemischen Prozess wird die Viskosität erhöht, so wird Biodiesel dünnflüssig, ähnlich wie Diesel. An den meisten Tankstellen erhält man heute Diesel, der mit Biodiesel gemischt ist.

Eine weitere Möglichkeit wäre, Pflanzenöl – natürlich ohne chemischen Prozess – im Dieselmotor einzusetzen. Dazu müssten die Motoren allerdings umgebaut und entsprechend eingestellt werden. Wichtig ist, dass das Pflanzenöl durch Erwärmung in einem Durchlauferhitzer die gleiche Viskosität wie der Diesel erhält. Manche Brennkammern und Einspritzsysteme sind jedoch nicht auf die Verwendung von Pflanzenöl ausgelegt. Dies ist aber für neue Motoren ein leicht zu lösendes Problem.

Den Strom für die Elektro-Lkw könnte man mit stationären Dieselmotoren und integrierten Stromaggregaten herstellen, die mit Pflanzenöl betrieben werden. So wäre eine dezentrale Stromversorgung möglich. Mit der Motorabwärme könnten zudem noch Häuser und Wasser geheizt werden.

Dementsprechend wäre ein nahezu CO₂-neutraler Betrieb von Dieselmotoren gut umsetzbar; die Technik dafür ist vorhanden.

Das große, von der EU erklärte Ziel ist die Klimaneutralität. Wie hoch wären die CO₂-Emissionen des Pflanzenölmotors?

Bei der Verbrennung des Pflanzenöls wird lediglich die Menge an CO₂ freigesetzt, welche die Pflanzen vorher der Atmosphäre entnommen haben. Da aber bei der Verarbeitung und Produktion voraussichtlich durch den Einsatz von Strom und herkömmlichem Diesel CO₂ freigesetzt wird, gelten Pflanzenöle offiziell nicht als CO₂-neutral.

Daher empfehle ich folgende Ansätze bei der Pflanzenölherstellung:

  • Den Traktor und die Erntemaschinen mit dem Pflanzenölmotor zu betreiben,
  • bei Mischkulturen auf Spritzmittel und chemische Dünger zu verzichten und
  • die Ölpresse mit einem Pflanzenölmotor zu betreiben, der Strom erzeugt.

Somit wäre in diesem Prozess aus meiner Sicht eine vollständige CO₂-Neutralität zu erreichen.

Was sind die weiteren Vorteile des Pflanzenölmotors?

Der Pflanzenölmotor, wie schon Rudolf Diesel sagte, kann mit jeder Art von Pflanzenöl betrieben werden. Weltweit gibt es 1.000 bis 2.000 Ölpflanzen. Für die Energiegewinnung wird in Deutschland hauptsächlich Rapsöl verwendet. Andere Ölsaaten sind für den Anbau weniger ertragreich.

Vonseiten der Sozialverbände und Kirchen wird oft kritisiert, dass der Anbau von Pflanzen, aus denen Kraftstoff erzeugt wird, die verfügbare Fläche für den Anbau von Nahrungsmitteln reduziert.

Die Sozialverbände und die Kirchen haben recht mit dieser Aussage – zumindest bezogen darauf, wie der Anbau in der Landwirtschaft aktuell geschieht.

Wenn man aber die Honigbiene einbezieht, sieht die Situation anders aus. Man weiß heute, dass beim Rapsanbau bei einer geplanten Bestäubung mit der Honigbiene ein Honigertrag von 200 bis 240 kg pro Hektar geerntet werden kann.

Mit der Bestäubung durch die Honigbiene wird der Ölgehalt um ein bis zwei Prozent erhöht. Mit Bienen werden mehr Lebensmittel geschaffen.

Warum werden dann nicht verstärkt Honigbienen eingesetzt?

Weil heutzutage die Bienenhaltung mit den eckigen Magazinbeuten zeitaufwendig und körperbelastend ist und bei der Honigbiene viele Krankheiten entstehen. Von den 900.000 Bienenvölkern, die es in Deutschland noch gibt, sterben jährlich über den Winter 10 bis 30 Prozent. Man sieht, dass die Bienenhaltung sehr risikobehaftet ist. Es kostet jedes Jahr viel Zeit und Geld, die Bienenvölker wieder zu vermehren.

Bienen können den Ertrag steigern, nicht nur beim Raps. Foto: ts/Epoch Times nach Andreas Heidinger

Ein weiteres Problem tritt auf, wenn der Raps im April oder Mai nach drei Wochen verblüht ist. Dann gibt es auf den meisten landwirtschaftlichen Flächen für die Bienen und Wildbienen keine Nahrung mehr.

Getreide, Mais und die meisten anderen angebauten Feldfrüchte werden größtenteils in Monokulturen angebaut und geben keine Tracht, das heißt Nektar und Pollen, für Insekten. Das bedeutet, dass auf 112.600 Quadratkilometer in Deutschland nichts blüht. Diese Entwicklung zu der heutigen Art der Landbewirtschaftung war nur mit dem Dieselmotor möglich.

Der Landwirtschaft stehen rund 180.000 km² Fläche zur Verfügung. Foto: Andreas Heidinger, Daten: Statistisches Bundesamt (Stand 2020)

Was könnte man hier ändern?

Hypothese: Was hätten wir heute, wenn es nach der Erfindung des Dieselmotors kein Erdöl gegeben hätte? Wie sähe heute unsere Erde aus?

Wie bereits erwähnt, gibt es weltweit bis zu 2.000 Pflanzen, aus denen Pflanzenöl gewonnen werden kann. Viele dieser Ölpflanzen können in Mischkulturen mit Getreide und anderen Feldfrüchten angebaut werden.

Heute ist es zwar möglich, bei der Ernte die unterschiedlichen Samenkörner mit mechanischen und optischen Samentrennanlagen voneinander zu trennen. Technisch wäre auch eine Umrüstung von heutigen Mähdreschern möglich. Die Samentrennung kostet aber Geld und reduziert so den Ernteertrag des Getreides.

Anders sieht es beispielsweise bei einer geplanten Mischkultur von Getreide und Leindotter aus. Hier kann nicht nur Getreide geerntet werden, sondern auch vom blühenden Leindotter der Honig (rund 200 bis 300 kg/Hektar) und vom reifen Leindotter dann das Öl (rund 200 Liter/Hektar) beziehungsweise das Saatgut und das Getreide. Weil man dadurch die doppelte bis dreifache Wertschöpfung hat, rentiert sich auch wieder die Samentrennung.

Durch die unterschiedlichen Blühzeiten der unterschiedlichen Pflanzenölarten kann nun für die Bienen und Wildbienen ein ganzjähriges Trachtangebot geschaffen werden. Auch bei lang anhaltender Trockenheit durch die Klimaerwärmung profitieren die Pflanzen voneinander.

Welche Nachteile hätte denn der mit Pflanzenöl betriebene Dieselmotor?

Der Dieselmotor ist ein Vielstoffmotor. Bei neu eingesetzten Pflanzenölarten wäre eventuell eine Anpassung des Dieselmotors notwendig. Es gibt jedoch technisch gesehen keine unlösbaren Probleme für den Betrieb eines Pflanzenölmotors.

Was ist Ihre Vision, Ihre Hoffnung?

Dass wir wieder lernen, Entscheidungen zu fällen, die den neuen Generationen nützen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Maurice Forgeng.



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