„Die Ampel macht arm“ – Spahn fordert Obergrenze für Sozialabgaben

Steuersenkungen, Bürokratie-Stopp und das Wirtschaftswachstum müssen laut Jens Spahn in Deutschland Vorrang haben. Zudem spricht sich der Unionsvize für einen Kurswechsel bei der „völlig ungesteuerten“ Migrationspolitik aus. Für Erfolge benötige die Union aber mehr Zusammenhalt.
„Brauchen wirtschaftspolitische Wende“ – Spahn fordert Obergrenze für Sozialabgaben
Unionsfraktionsvize Jens Spahn spricht sich für niedrigere Steuern und Abgaben aus.Foto: CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images
Von 21. August 2023

Nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Jens Spahn muss die Politik dem Wirtschaftswachstum in Deutschland die höchste Priorität einräumen.

„Wir brauchen eine wirtschaftspolitische Wende. Wachstum muss Vorfahrt haben. Alles andere muss zurückstehen“, sagte der CDU-Politiker in einem Interview mit „Bild“.

Konkret heiße dies: „Die Stromsteuer muss sofort runter, Investitionen brauchen schnellere Abschreibungen.“ Nur mit Wachstum könne die Bundesrepublik als älter werdendes Land den Wohlstand sichern und Rente und Pflege finanzieren. „Zudem müssen wir endlich ernsthaft Bürokratie abbauen.“

Hohe Belastung für Arbeitnehmer

Das große Problem für jeden Arbeitnehmer sei eine hohe Last an Steuern und Abgaben. „Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steigen, die Rente wird immer teurer, die Arbeitslosigkeit nimmt zu“, sagte Spahn.

„Mittlerweile sind für 3.000 Euro Gehalt insgesamt mehr als 1.200 Euro Sozialabgaben zu zahlen, über 40 Prozent. Wo bleibt da der Aufschrei?“ Spahn forderte bei 40 Prozent Sozialabgaben eine „Belastungsbremse“. „Diese Bremse sollten die Ampelparteien gemeinsam mit der Union beschließen und – ähnlich wie die Schuldenbremse – im Grundgesetz verankern. Damit diese Netto-Garantie für Gehälter auch dauerhaft eingehalten wird.“

Auf die Frage, woher das Geld für niedrigere Steuern und Abgaben kommen solle, sagte Spahn: „Steuer- und Abgabensenkungen führen in der aktuellen Lage mittelbar auch zu mehr Einnahmen. Jedes Prozent mehr Wirtschaftswachstum bringt zig Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen. Aber leider schrumpft die Wirtschaft gerade und die Ampel schaut zu.“

Der Unionsvize zeigte sich sehr besorgt über die wirtschaftliche Stabilität von Deutschland. Die deutsche und die französische Regierung müssten nach Spahns Ansicht in der Europäischen Union einen konsequenten Bürokratie-Stopp durchsetzen:

… die nächsten drei Jahre keine einzige zusätzliche Regel mehr aus Brüssel“.

Spahn fügte hinzu: „Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung steigen, die Rente wird immer teurer, die Arbeitslosigkeit nimmt zu.“ Die aktuelle Höhe der Sozialabgaben sei leistungsfeindlich. Sie verhindere Wachstum und belaste Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Auch bei der Einkommenssteuer pocht Spahn auf Entlastungen. „Leistung muss sich wieder mehr lohnen. Überstunden sollten steuerfrei sein. Zudem zahlt ein Facharbeiter mit 62.000 Euro Jahresgehalt schon den Spitzensteuersatz. Der sollte künftig erst ab 80.000 Euro greifen.“

Versagen auch wegen der CDU?

Spahn gestand ein, dass am derzeitigen Zustand nicht nur die Ampelkoalition allein verantwortlich ist, sondern davor auch schon die Union in der Regierungsposition.

„Trotz Wachstum und Rekordbeschäftigung haben wir manches nicht ausreichend vorangetrieben, das stimmt.“ Dennoch stellte er das „dramatische Versagen“ der aktuellen Regierung in den Fokus.

Der CDU-Politiker betonte dazu: „Aktuell werden jeden Tag Entscheidungen gegen den Standort Deutschland getroffen. Ein Durchschnittsverdiener hat durch die Rekordinflation faktisch 400 bis 500 Euro weniger netto im Monat. So einen Wohlstandsverlust haben wir in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht erlebt. Die Ampel macht arm.“

„Völlig ungesteuerte Asyl-Migration pausieren“

Spahn sprach sich außerdem für einen Kurswechsel in der Migrationspolitik aus. „Deutschland braucht eine Pause von dieser völlig ungesteuerten Asyl-Migration“, sagte er. „Die Erfahrung zeigt: Wir können die Zahlen nicht nennenswert über Abschiebungen reduzieren. Daher braucht es ein klares Signal an der EU-Außengrenze: Auf diesem Weg geht es für niemanden weiter.“

Die Integration von durch Krieg oder Gewalt traumatisierten Menschen in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt brauche Zeit und viele Ressourcen. „Das kann nur gut gelingen, wenn die Zahl zusätzlicher Asylbewerber sehr stark abnimmt.“ Funktioniere der Grenzschutz, könne Europa „über Kontingente sicher auch 300.000 bis 500.000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen und verteilen.“

Das Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen solle auswählen, wer kommen kann, schlug Spahn vor. „Aktuell gilt das Recht des Stärkeren, es kommen fast nur junge Männer. Frauen und Kinder sind aber viel schutzbedürftiger.“

Spahn: „Uns fehlt es noch an Korpsgeist“

Von seiner Partei fordert Spahn mehr Zusammenhalt. „Uns fehlt es noch an Korpsgeist (Gemeinschaftssinn). Wenn wir 2025 gewinnen wollen, müssen wir alle dafür brennen und füreinander einstehen“, sagte er mit Blick auf die Bundestagswahl in zwei Jahren. „Ich habe die Twitter-App vom Handy gelöscht. Es wäre eine gute Idee, wenn das alle für ein paar Monate tun würden“, sagte Spahn. „Wem etwas an der Aussage eines Parteifreundes nicht passt, soll den einfach anrufen.“ Twitter hat sich inzwischen in X umbenannt.

Die Union steht in den bundesweiten Umfragen derzeit bei 26 bis 27 Prozent. Allerdings bezeichneten nur 25 Prozent der Befragten in einer YouGov-Umfrage im Auftrag von dpa CDU-Chef Friedrich Merz als geeignet für eine Kanzlerkandidatur. 56 Prozent halten ihn für ungeeignet. 36 Prozent der Befragten nannten den bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chef Markus Söder geeignet für das Kanzleramt, 48 Prozent halten ihn für ungeeignet.

Merz hatte kürzlich erklärt, er und CSU-Chef Söder hätten verabredet, dass man im Spätsommer 2024 einen gemeinsamen Vorschlag zur Kanzlerkandidatur machen werde. Spahn sagte der „Bild am Sonntag“ auf die Frage, ob Merz Kanzlerkandidat werde: „In der Frage der Kanzlerkandidatur führt kein Weg an einem CDU-Chef vorbei.“



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