„CDU kann Großstadt“: SPD verliert nach 50 Jahren OB-Sessel in Mannheim
Historische Niederlage für die SPD: Nach 51 Jahren ist im Mannheimer Rathaus die Ära der sozialdemokratischen Oberbürgerbürgermeister zu Ende gegangen. Bei den Neuwahlen zum Stadtoberhaupt am Sonntag, 9. Juli, behielt mit 49,9 Prozent der Stimmen der CDU-Kandidat Christian Specht die Oberhand. SPD-Kandidat Thorsten Riehle kam mit gerade einmal 860 Stimmen weniger auf 48,7 Prozent.
Nach dem ersten Durchgang am 18. Juni hatte Specht bei 45,6 Prozent gelegen, Riehle kam auf 30,2 Prozent. Auf dem dritten Platz war der grüne Kandidat Raymond Fojkar mit 13,8 Prozent gelandet. Neben Specht und Riehle trat von den Kandidaten der ersten Wahl nur noch der parteilose Uğur Çakir bei der Neuwahl an. Er kam auf 1,3 Prozent.
CDU-Landeschef Strobl sieht „historischen Tag für Mannheim“
Der seit 2007 regierende Peter Kurz hatte angekündigt, nicht mehr für eine weitere Amtszeit zur Verfügung zu stehen. Die SPD hatte in Mannheim seit 1972 durchgehend das Amt des OB innegehabt. Zuvor hatte es der parteilose Hans Reschke inne, der jedoch von CDU, DP, FDP und BHE nominiert worden war.
Neben der Wahl in Mannheim konnte sich die CDU, wie die „Welt“ berichtet, auch bei den OB-Neuwahlen in Kornwestheim und Filderstadt durchsetzen. Landesparteichef Thomas Strobl sprach von einem „historischen Tag“ für Mannheim und seine Partei.
Der Abend habe gezeigt: „Die CDU kann Großstadt! Wir sind die Kommunalpartei.“ Im Jahr 2020 hatte die Partei den OB-Sessel in der Landeshauptstadt Stuttgart zurückerobert. Diesen hatte zuvor der Grünen-Politiker Fritz Kuhn inne.
OB mit knapp 15 Prozent Rückhalt unter den Wahlberechtigten
Für Specht hatten sich auch die FDP und die „Mannheimer Liste“ ausgesprochen. Er zeigte sich zufrieden, dass sein „Angebot der Politik der Mitte“ nach so vielen Jahrzehnten einen Wechsel ermöglicht habe. Er kündigte an, „andere Akzente“ zu setzen – etwa bei der Kinderbetreuung oder der „ökologischen Transformation“.
Der scheidende Amtsinhaber Kurz sprach von einem „sehr bitteren“ Ergebnis für die SPD – auch wenn es ein sehr knappes Rennen gewesen sei.
Das Ergebnis der CDU wird relativiert durch die Wahlbeteiligung. Hatte diese bereits im Juni lediglich rund 32 Prozent betragen, lag sie am vergangenen Sonntag sogar nur noch bei 30,89 Prozent. Dazu kamen 0,6 Prozent ungültige und 0,09 Prozent leere Stimmzettel. Aufgerufen zur Wahl waren etwa 235.000 Einwohner.
Bürger sehen sich von Politik vernachlässigt – wenn nicht gar bedroht
Schon nach dem ersten Wahlgang analysierte die damalige Linkskandidatin Isabell Belser, dass gerade in den ärmeren Stadtvierteln die Wahlenthaltung besonders stark ausgeprägt gewesen sei. Dort sehen die Bewohner, so Belser, „keinen unmittelbaren Mehrwert durch die Politik, sondern sehen sich eher von ihr vernachlässigt“.
In sozialen Medien heißt es sogar, die Menschen fühlten sich von der Politik „nicht vernachlässigt, sondern bedroht“. In Brennpunkten wie Neckarstadt-West hätten sich beispielsweise die Corona-Maßnahmen besonders stark ausgewirkt.
Menschen lebten dort auf engstem Raum zusammen – mit wenig Einkommen, aber meist mit Kindern. Die Wohnungen böten keinen Platz, weshalb die Lockdowns Betroffene oft besonders traumatisiert hätten. Anders als etwa in Villenvierteln wie Feudenheim, wo allein die Größe der Gärten und Einfamilienhäuser die Wirkung eines Lockdowns relativierte.
Politik setzte auf Prestigeprojekte statt sozialen Wohnungsbau
Dazu kam nach Einschätzung vieler Bürger und Beobachter, dass die SPD mit ihrer Rhetorik und ihren Themen im Einklang mit den Grünen an der Lebensrealität der Menschen vorbeiging. Parkverbote oder Fahrradstraßen hätten den Nerv der Mehrheit in den Arbeitervierteln ebenso wenig getroffen wie Regenbogenfahnen und Drag-Queen-Shows in vornehmlich von Muslimen bewohnten Straßenzügen.
Ein weiterer Faktor für die Entfremdung von der Politik seien Gestaltungsmaßnahmen in Wohnvierteln gewesen, die vor allem zu höheren Mieten und Gentrifizierung geführt hätten. Gleichzeitig hätte die Kommunalpolitik versucht, sich mit Prestigeprojekten wie dem „Franklin Village“ ein Denkmal zu setzen.
Diese Ideen, die beispielsweise die Idee einer Dorfgemeinschaft am Rande der Großstadt illustrieren sollten, würden jedoch nur ein elitäres Publikum ansprechen. An den Bedürfnissen und an den Geldbeuteln von Senioren mit Innenstadtwohnungen und alten Mietverträgen seien diese jedoch nicht orientiert.
So sahen einige Wähler offenbar in CDU-Kandidat Specht einen bodenständigeren Kandidaten – und eine große Mehrheit bevorzugte es, keinem der zur Wahl stehenden Aspiranten auf den Rathaussessel eine Stimme zu geben.
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