Bundeswehr kriegsbereit machen – Pistorius: Auch mit 1.000 Mrd. Euro ginge es nicht schneller
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat die Notwendigkeit der schnellstmöglichen Ausstattung der Bundeswehr bekräftigt. Bis 2029 müsse man damit rechnen, dass Russland seine militärische Rekonstitution abgeschlossen haben werde und in der Lage sein könnte, einen militärischen Schlag gegen NATO-Gebiet zu führen, sagte Pistorius.
Deutschland sei der größte NATO-Partner in Europa und eingebunden in das Bündnis, das so groß sei wie noch nie nach dem Beitritt von Schweden und Finnland. „Wir spielen unsere Rolle“, erklärte der Minister am Rande eines Besuchs des Kampfhubschrauberregiments 36 „Kurhessen“ des Deutschen Heeres im nordhessischen Fritzlar. „Deswegen haben wir eine entsprechende Verantwortung, der wir auch gerecht werden wollen. Und dazu gehört die schnellstmögliche Ausstattung der Bundeswehr.“
Bis zu 82 Leichte #Kampfhubschrauber sollen ab 2026 die #Bundeswehr in der Landes- & Bündnisverteidigung stärken. Vorteile des neuen Waffensystems sind die weitreichenden Aufklärungsmittel und die vielfältige Bewaffnung, betonte Minister #Pistorius heute in #Fritzlar. pic.twitter.com/8TypDIYYJs
— Verteidigungsministerium (@BMVg_Bundeswehr) September 24, 2024
Wie viel Geld es dafür braucht, beantwortete Pistorius nicht konkret. „Selbst wenn ich morgen statt einhundert eintausend Milliarden hätte, würden bestimmte Prozesse dadurch nicht schneller werden können, weil sowohl Industrie als auch Bauwirtschaft ja die Aufträge auch noch abarbeiten müssen.“ Trotzdem brauche es Geld „irgendwo dazwischen“.
Russlands Präsident Putin hatte zuvor Befürchtungen westlicher Staaten vor einem russischen Einmarsch auf NATO-Gebiet hatte Putin entschieden zurückgewiesen. „Sie haben sich ausgedacht, dass Russland die NATO angreifen will“, sagte Putin. Die Gerüchte rund um Angriffspläne Russlands verstehe er als das Schüren von Drohungen, sagte Putin im Interview mit dem amerikanischen Journalisten Tucker Carlson.
Russland produziert Gesamtbestand der Bundeswehr innerhalb eines halben Jahres
Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel hatte kürzlich kritisiert, Deutschland rüste zwar auf – aber nur langsam. Die unter der Leitung von Professor Dr. Guntram Wolff, Experte für „Deutschlands geopolitische Strategie“, entstandene Studie weist darauf hin, „dass Russland jetzt Zugang zu neuen Ausrüstungsgütern hat, die ausreichen, um drei neue Armeen (mit einer möglichen gemeinsamen Kapazität von bis zu 20.000 Kampftruppen und einer Frontlänge von bis zu 150 km) aufzubauen, die es bereits in diesem Herbst im ukrainischen Kriegsgebiet einsetzen kann. Die russischen monatlichen Produktionsraten sind inzwischen so hoch, dass sie den gesamten deutschen Bestand an militärischem Gerät in etwa einem halben Jahr auffüllen könnten“, so die Kernaussagen der Studie.
Demgegenüber habe Deutschland seinen Bestand an militärischen Kapazitäten in den anderthalb Jahren seit dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 „nicht nennenswert erhöht“. Die Studie von Professor Wolff malt ein düsteres Bild: „Angesichts der massiven Abrüstung Deutschlands in den letzten Jahrzehnten und der aktuellen Beschaffungsgeschwindigkeit wird Deutschland bei einigen wichtigen Waffensystemen erst in etwa 100 Jahren das Rüstungsniveau von 2004 erreichen.“
Pistorius weist Kritik der zu langsamen Aufrüstung zurück
Pistorius wies die Kritik zurück. Das IfW habe selbst gesagt, es habe eine sehr plakative und nicht militärisch-analytische Betrachtung vorgenommen. Das Phantom-Kampfflugzeug etwa sei 2004 bereits 35 Jahre alt gewesen. „Heute reden wir über Eurofighter der verschiedenen Stufen und wir reden über F-35, die nächstes Jahr kommen. Das kann man alleine deshalb schon nicht vergleichen.“
Auch könne man eine Bundeswehr im Kalten Krieg mit 500.000 Soldaten und ihrem Panzerbestand nicht mit einer Bundeswehr mit 180.000 Soldaten und ihrem Panzerbestand am Ende einer 35-jährigen Periode nach dem Kalten Krieg vergleichen. Dennoch habe die Studie ihre Aussagekraft.
Nach seinem Verständnis kritisiere sie aber nicht das Tempo der Beschaffung bei der Bundeswehr. „Das würde mich auch überraschen, weil wir nämlich gewaltig Geschwindigkeit aufgenommen haben in 23 und 24“, so Pistorius. Viel schneller gehe gar nicht, auch weil die Industrie hinterherkommen müsse.
Braucht langfristige finanzielle Ausstattung
„Trotzdem bleibt der Ansatz richtig: Das Beschaffungstempo kann nur in dem Maße erhöht werden, wie Geld für Beschaffung da ist. Und zwar nicht nur für ein oder zwei Jahre, sondern langfristig dargelegt, vernünftig abgebildet, dass Industrie und wir wissen, welche Verträge wir schließen können, in welchem Tempo und in welchen Schritten, dann entsprechend nachgeliefert werden kann“, erklärte der Verteidigungsminister. „Das ist die Herausforderung, vor der wir stehen. Und an der arbeiten wir.“
Pistorius hatte beim Besuch des Kampfhubschrauberregiments in Fritzlar mit Soldaten und zivilen Mitarbeitern gesprochen. Das Kampfhubschrauberregiment 36 ist der einzige fliegende Kampfverband mit Tiger-Kampfhubschraubern in Deutschland. Es umfasst etwa 1.200 Dienstposten am Standort Fritzlar.
Das Tiger-Regiment ist auch im Ausland im Einsatz. So flogen seine Kampfhubschrauber von 2012 bis Juni 2014 im Rahmen des Einsatzes der Internationalen Schutztruppe Isaf in Afghanistan sowie 2017 bis 2018 zur Unterstützung des UN-Friedenseinsatzes Minusma in Mali. Zwei Piloten aus Fritzlar kamen dort damals bei einem Absturz ums Leben. (dpa/dl)
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