Bürger unzufrieden: Gleichwertigkeitsbericht enthüllt Versäumnisse der Regierung
Die Lebensverhältnisse in Deutschland gleichen sich an. Zu diesem Ergebnis kommt der sogenannte „Gleichwertigkeitsbericht“ der Bundesregierung.
Regionen mit schrumpfender Bevölkerung stehen, laut dem Bericht, aktuell vor großen Herausforderungen. Der Bericht zeigt aber auch, dass die Unterschiede zwischen den Regionen in Deutschland bei einer Mehrheit der bewerteten Indikatoren in den vergangenen Jahren abgenommen haben. „Die Schwere schließt sich“, kommentierte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Bericht, den er am Mittwoch zusammen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) auf der Bundespressekonferenz vorstellte.
Der nun vorgelegte Bericht ist der erste Bericht dieser Art. Habeck sprach davon, dass dieser Bericht ein gutes „Kompendium“ darüber sei, wie es Deutschland gehe und wo „wir Nachbesserungsbedarf“ haben. Der Bericht könnte nun dazu genutzt werden, die Förderprogramme besser einzusetzen, betonte der Wirtschaftsminister weiter.
Gleichwertigkeitsindikatoren gleichen sich an
Laut dem Bericht nähern sich 27 von insgesamt 38 Gleichwertigkeitsindikatoren einander an. Zu diesen Indikatoren gehören das kommunale Steueraufkommen, die Arbeitslosenquote, die Anzahl der Straftaten, die Geburtenrate, die Lebenserwartung, die Erreichbarkeit des nächsten Supermarkts und der Anteil der Waldfläche an der Gesamtfläche der 400 Kreise und kreisfreien Städte. Kreise mit Nachholbedarf verzeichnen ein um acht Prozent höheres Wachstum der Wirtschaftskraft als großstädtische Regionen.
Demografische Faktoren zeigen größere Unterschiede. In Bezug auf demografische Faktoren haben sich die Unterschiede zwischen den Regionen jedoch vergrößert. Dies betrifft den Anteil von Fachkräften und Experten an den sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die Wohngebäudedichte, das Verhältnis von Kindern zu Kitaplätzen, den Anteil der Einpersonenhaushalte und den Altenquotienten. Keine statistisch signifikanten Veränderungen gab es bei den Unterschieden in der Bezahlung von Männern und Frauen (Gender Pay Gap), der Bevölkerungsentwicklung, der vorzeitigen Sterblichkeit und der Dichte an Hausärzten.
Die demografische Entwicklung, so Habeck, mache ihm Sorgen. Bundesinnenministerin Faeser wies darauf hin, dass die Bundesregierung versuche, strukturschwache Regionen zu stärken, indem sie dort Bundesbehörden ansiedle.
Lage manchmal anders als die Stimmung
Der Bericht enthält nicht nur gesammelte regionale Daten, wie zu Gewerbeanmeldungen oder dem Anteil an Selbstständigen, sondern auch die Ergebnisse einer Bürgerumfrage. Diese bezieht sich auf die Zufriedenheit der Bürger in verschiedenen Lebensbereichen, hinsichtlich der Infrastruktur und der staatlichen Daseinsvorsorge.
Wirtschaftsminister Habeck veranschaulichte anhand einer Karte die unterschiedlichen Stimmungen und Datenlagen. So sei beispielsweise die Kinderbetreuung in Ostdeutschland sehr gut, dennoch seien die Bürger dort nicht immer zufrieden. In Bayern hingegen, wo die Versorgung mit Kita-Plätzen schlechter sei, zeigten sich die Menschen zufrieden. „Die Lage ist manchmal anders als die Stimmung“, sagte Habeck.
Zusätzlich werden im Bericht regionale Daten zum sogenannten Gesamtdeutschen Fördersystem für strukturschwache Regionen (GFS) veröffentlicht, das seit 2020 ein zentraler Bestandteil der Gleichwertigkeitspolitik der Bundesregierung ist. Laut Angaben betrug das Fördervolumen des GFS im Jahr 2022 4,2 Milliarden Euro.
Etwas mehr als die Hälfte der Mittel wurden 2022 in ostdeutsche Kreise investiert. Auch in strukturschwachen Regionen Norddeutschlands, im Ruhrgebiet, in Rheinland-Pfalz, im Saarland und entlang der bayerischen Grenze zu Tschechien gab es relativ hohe Pro-Kopf-Zahlungen.
Ohrfeige für die letzten Bundesregierungen
Auch wenn Habeck und Faeser sich auf der Pressekonferenz sichtlich bemühten, den Bericht in den besten Farben darzulegen, ist dieser eine schallende Ohrfeige für die Bundesregierung, nicht nur die amtierende, sondern die Regierungen der letzten 30 Jahre: Mehr als 80 Prozent der befragten Bürger empfinden es als sehr oder eher schwierig, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Nur 44 Prozent der Befragten bewerten die Verkehrsanbindungen und Mobilitätsangebote im Land als gut.
Lediglich die Hälfte hält den öffentlichen Nahverkehr an ihrem Wohnort für ausreichend ausgebaut. 41 Prozent der Bürger geben an, dass sich die Gesundheitsversorgung in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert hat. Nur fünf Prozent sehen eine Verbesserung; insbesondere Menschen im ländlichen Raum nehmen einen erheblichen Mangel wahr. Nur 43 Prozent der Befragten halten die Qualität der Schulen für gut. Bei Kitas und Ganztagsschulen sind es sogar noch weniger: lediglich 39 Prozent.
Wie beide Minister ankündigten, wird die Bundesregierung nun einen „umfassenden Folgeprozess“ einleiten, um die „Weichen für eine weitere Stärkung der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse” in Deutschland zu stellen. In diesen Prozess sollen neben den Ländern und Kommunen auch die Sozialpartner und alle weiteren relevanten Stakeholder einbezogen werden. Wer diese Sozialpartner und Stakeholder sind, dazu sagten die Minister heute nichts.
Im Rahmen dieses Folgeprozesses wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz allerdings am kommenden Donnerstag eine öffentliche Konsultation starten. Ziel dieser Konsultation ist es, Rückmeldungen zum Bericht sowie Ideen und Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung des Gesamtdeutschen Fördersystems und weiterer regionalpolitischer Maßnahmen zu sammeln.
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