Versorgungssicherheit ade: Deutsche Energiewende bedroht Stromnetz der Schweiz
Am 20. Mai leuchteten beim schweizer Energienetzbetreiber Swissgrid alle Alarmlämpchen tiefrot: Ursache waren die großen Abweichungen zwischen prognostizierter Stromerzeugung und tatsächlich erzeugtem Strom in Deutschland. Angebot und Nachfrage taten ihr Übriges, trieben die Preise in die Höhe und, um möglichst große Gewinne zu erzielen, verkauften die schweizer Stromerzeuger ihren Strom auch nach Deutschland.
In diesen Stunden flossen 4,5 Gigawatt Strom, oder etwas über ein Drittel der gesamten schweizer Stromproduktion, in Richtung Deutschland. Wären die Unterschiede nur minimal größer gewesen – sprich, hätte Deutschland noch mehr Strom aus der Schweiz importiert – wäre es dort zu „Lastabwürfen“ (Abschaltung) oder möglicherweise zu einem flächendeckenden Blackout gekommen.
Energiewende und Netzstabilität
Auf dem Schweizer Strommarkt stiegen die Preise binnen weniger Stunden von knapp 37 auf 60 Euro pro Megawattstunde, in Deutschland stiegen die Preise von 30 auf 79 Euro pro Megawattstunde sogar auf mehr als das Doppelte. Den Grund dafür sieht Swissgrid in der „Arbeitsverweigerung“ der deutschen erneuerbaren Energien. An jenem 20. Mai konnten diese weniger als 10 Prozent ihres Potenzials entfalten. Von 106,5 Gigawatt installierter Gesamtleistung lieferten Sonne und Wind lediglich 10,1 Gigawatt.
Um die eigene Netzstabilität zu erhalten, mussten die deutschen Energieversorger Strom hinzukaufen. Eigene Reserven wie das Pumpspeicherkraftwerk Goldisthal mit über 1 GW Leistung standen an diesem Tag nicht zur Verfügung. Aufgrund der hohen Lasten durch den Stromexport war die sogenannte „n1“-Sicherheit des schweizer Stromnetzes in Gefahr. „n1“ bedeutet, dass, auch im Ausfall eines Transformators oder einer Leitung, alle Stromflüsse über andere Leitungen ausgleichbar sein müssen.
Dabei sind starke Schwankungen in der Stromerzeugung durch erneuerbare Energien an sich kein Problem – solange sie vorhersehbar sind. Daten des Fraunhofer Instituts zeigen, dass am Abend des 23. Mai sogar nur knapp 2,3 GW durch die deutschen Erneuerbaren erzeugt wurde. Mittelfristig verfügbare Ausgleichskraftwerke wie Gas- oder Ölkraftwerke können diese Lücken füllen. Pumpspeicherkraftwerke können zudem binnen Minuten zugeschaltet werden, um kurzfristig mehr Strom bereitzustellen – wenn sie nicht gerade gewartet werden.
Mit dem Fortschritt der deutschen Energiewende „Kohle Pfui, Erneuerbare Hui“ werden derartige Reservekraftwerke immer wichtiger. Doch auch das modernste Gaskraftwerk kann nicht binnen Minuten reagieren und von 0 auf 100 Prozent Leistung hochgefahren werden, umso wichtiger werden sichere Prognosen von Sonne und Wind – nur halten sich Sonne und Wind leider nicht an den Wetterbericht.
Was tut die Politik?
Doch selbst mit sicheren Vorhersagen droht der Schweiz auch in Zukunft Gefahr. Aufgrund eines fehlenden Stromabkommens können die Schweizer nicht auf alle Daten des grenzüberschreitenden Stromhandels zugreifen. Unerwartete Netzengpässe können so mitunter erst an der Schweizer Grenze erkannt werden. Sollte das Stromnetz in der Schweiz jedoch (aufgrund der mangelnden Beteiligung der deutschen Erneuerbaren) tatsächlich zusammenbrechen, kann es auch in Deutschland eng werden. 4,5 Gigawatt entspricht etwa der Leistung der ehemals vier größten deutschen Atomkraftwerke.
Gastautor Frank Henning schrieb, dass gleichzeitig zur Schweizer „Netzsicherheitsverletzung“ in Berlin die Energietage stattfanden – ohne Swissgrid. Themen wie die Vision des Klimaschutz 2050, Vielfalt im Klimaschutz und der Klimaschutz in Bürger(*innen)hand sowie die Generation Klimaschutz wurden angesprochen. Weitere Vorträge schnitten auch den Aspekt der Stromnetze an. Das Wort Versorgungssicherheit ist jedoch nirgends auf der Veranstaltungswebseite zu finden.
Im Gegensatz zur Schweiz kann sich der „Klimavorreiter Deutschland“ in Zukunft nicht mehr dauerhaft selbst versorgen – auch dann nicht, wenn jedes Dach der Republik mit einer Solaranlage ausgestattet wäre. (ts)
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