LIVE: Andrea Nahles zur Reform des Sozialstaats
Der SPD-Vorstand ist am Sonntag zu einer zweitägigen Klausurtagung in Berlin zusammengekommen. Im Mittelpunkt der Beratungen steht das Konzept der Parteispitze um SPD-Chefin Andrea Nahles für eine grundlegende Reform des Sozialstaats.
Es gehe darum, „Entscheidungen zu treffen über die künftige Ausrichtung der SPD“, sagte Generalsekretär Lars Klingbeil zum Auftakt. Angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt wolle die SPD Antworten auf die Frage geben: „Wie stellen wir uns die Arbeit der Zukunft vor.“
Andrea Nahles auf der Pressekonferenz der SPD
Vorschläge der SPD-Führung: Recht auf Arbeit einführen
In einer Vorlage schlägt die Spitze um Nahles eine Reihe sozialpolitischer Maßnahmen vor.
Das Reformkonzept, das auf der SPD-Vorstandsklausur beraten werden soll, sieht ein Bürgergeld statt des bisherigen Hartz IV, längeres Arbeitslosengeld I sowie eine Kindergrundsicherung vor.
Wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, soll auch länger ALG I erhalten. Unabhängig vom Alter soll sich die Anspruchszeit bei mindestens 20 Jahren Beitragszeit um drei weitere Monate, ab 25 Jahren um sechs Monate und ab 30 Jahren um neun Monate erhöhen. Bislang liegt die maximale Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I für Menschen unter 50 Jahren bei zwölf Monaten.
Zudem will die SPD einen Leistungsanspruch für Qualifizierung einführen, das Arbeitslosengeld Q. In der geplanten Kindergrundsicherung sollen das Kindergeld, der Kinderzuschlag, das Bildungs- und Teilhabepaket und etwaige Hartz IV-Zahlungen zusammengeführt werden.
Im Zuge des neuen Bürgergeldes will die SPD ein Recht auf Arbeit einführen, außerdem sollen die bisherigen Hartz-IV-Sanktionen gelockert werden.
Das von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Konzept zur Einführung einer Grundrente soll zudem langjährig Versicherten Alterseinkünfte deutlich oberhalb des Niveaus der sozialen Grundsicherung garantieren.
„Arbeit muss sich lohnen, Arbeit muss belohnt werden beim Einkommen und bei der Rente“, sagte Parteivize Manuela Schwesig. Sie bekräftigte auch die SPD-Forderung nach einer Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf zwölf Euro. Zur Grundrente sagte Schwesig, es sei nicht gerecht, wenn viele Menschen im Alter eine Rente erhielten, „als wenn sie nie gearbeitet hätten“.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil kündigte für die Klausur Entscheidungen „über die künftige Ausrichtung der SPD“ in der Sozialpolitik an. Angesichts der Herausforderungen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt wollten die Sozialdemokraten Antworten auf die Frage geben: „Wie stellen wir uns die Arbeit der Zukunft vor.“ Auch die Vorschläge Heils für die Grundrente würden von der Parteispitze unterstützt und sollten in die Regierungsarbeit der Koalition einfließen.
Kritiker werden zurückgewiesen
Kritik aus der Union an den Vorschlägen der SPD wies Klingbeil zurück. „Während die Union eher zurück guckt, gucken wir nach vorne“, sagte er bei seiner Ankunft an der Parteizentrale. Auch CDU und CSU würden aber erkennen müssen, dass gesellschaftlicher Zusammenhalt wichtig sei.
Am Montag steht im Vorfeld der Europawahlen am 26. Mai vor allem die Europapolitik auf der Tagesordnung des Parteivorstands. Außerdem sollen Fragen der Parteiorganisation besprochen werden.
Bei Verbänden stießen die SPD-Pläne auf ein unterschiedliches Echo. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warf den Sozialdemokraten „eine Rolle rückwärts in ein sozialpolitisches Denken des letzten Jahrhunderts“ vor. Der Sozialverband VdK begrüßte dagegen die geplanten längeren Bezugszeiten beim ALG I und die Abkehr von Hartz IV.
Am Montag steht auf der SPD-Klausur im Vorfeld der Europawahlen am 26. Mai vor allem die Europapolitik auf der Tagesordnung des Parteivorstands.
(afp/ks)
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