Obstanbau im Abwärtsstrudel
In der deutschen Obstlandwirtschaft ist der Wurm drin. In den vergangenen fünf Jahren nahm die Zahl der Baumobstbetriebe in Deutschland auf 6.500 ab. Das entspricht einem Rückgang von 9,2 Prozent gegenüber der letzten Erhebung im Jahr 2017.
Wie das in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden angesiedelte Statistische Bundesamt mitteilt, schrumpfte im selben Zeitraum die Anbaufläche um 1,5 Prozent auf 49.200 (2017: 49.900) Hektar.
Für die einzelnen Betriebe bedeutet dies nach Angaben der Statistiker dennoch im Schnitt mehr Fläche. So bewirtschaften sie in diesem Jahr durchschnittlich 7,6 Hektar und damit 0,6 Hektar mehr als vor fünf Jahren.
Wetter bestimmt Tagesabläufe
Lothar Krämer bewirtschaftet eine Demeter-Obstplantage im rheinländischen Meckenheim. Für den Rückgang bei der Anzahl der Betriebe hat der Landwirt zwei Ursachen ausgemacht: das Nachfolge- und das Marktproblem.
Es sei mittlerweile schwer, die eigenen Kinder für die Arbeit auf den Feldern zu begeistern, sagt er im Gespräch mit der Epoch Times. „Sie lernen heute lieber Berufe, die ein sicheres Einkommen und freie Wochenenden garantieren.“ Beides biete der Job eines Bauern jedoch nicht.
Das Wetter bestimmt große Teile des Jahresablaufs; Wochenenden und Feiertage kennen Landwirte kaum. Wenn die Witterung ideal für die Erledigung bestimmter Aufgaben ist, heißt es raus auf die Felder.
Frost vernichtet Ernten in wenigen Stunden
Auch passiert es, dass alle Mühe umsonst ist. Krämer erinnert dabei an die Frostfrühlinge 2011 und 2017. Damals zerstörte die Kälte praktisch den kompletten Ertrag. Ein paar Stunden eisige Temperaturen reichten, um alles zunichtezumachen.
„Das war schon existenzgefährdend“, erinnert er sich. Dieses Jahr sehe die Ernte mengenmäßig gut aus. Die Bäume hängen voller Früchte, doch ob sie nach dem trockenen Sommer auch den richtigen Geschmack mitbringen, werde sich erst noch zeigen müssen.
Großabnehmer kontrollieren den Markt
Schwierig sei es auch, die Äpfel für einen guten Preis in den Handel zu bringen. Der Markt werde nur noch von etwa fünf Großabnehmern kontrolliert. Und diese diktierten die Preise.
Die Standards seien in Deutschland für die Erzeuger hoch, dafür biete man auch trotz der Behandlung mit Pestiziden sichere Produkte. Daher sei es laut Krämer ein Unding, dass sich der Handel an niedrigeren Preisen von Äpfeln beispielsweise aus Chile orientiert. Wer da nicht mitgehe, bleibe auf seiner Ernte sitzen.
Auch „klare Vorgaben“, wie etwa die Größe der Äpfel, machten den Bauern zu schaffen. „Die müssen im Durchmesser 70 bis 73 Millimeter sein und in eine Sechserverpackung passen“, schildert Krämer. Weil die Früchte sich aber nicht an die Vorgaben halten, bringt das die Landwirte in Schwierigkeiten.
Zu groß, zu klein – sie erzeugen viel Überschuss, der sich dann nicht verkaufen lässt.
Bürokratie füllt Aktenschränke
Zu all diesen Schwierigkeiten kommt dann noch die Bürokratie hinzu. Auflagen, Dokumentationen, Finanzamt – viel Zeit verbringt ein Bauer heutzutage auch am Schreibtisch. Das aber erst in den Abendstunden, wenn die Arbeit auf dem Feld ruht.
Seine Großmutter habe früher pro Wirtschaftsjahr alle nötigen Unterlagen in einem Aktenordner unterbekommen. „Heute braucht man pro Jahr einen Aktenschrank“, beschreibt Krämer. „Als Landwirt muss man eine gewisse Leidensfähigkeit mitbringen“, sagt er.
Steigender Trend zum ökologischen Anbau
Der Trend zur ökologischen Landwirtschaft, wie sie auch Lothar Krämer betreibt, erfreut sich steigender Beliebtheit. Etwas mehr als ein Fünftel der Flächen (10.100 Hektar, 20,5 Prozent) werden nach den Richtlinien bewirtschaftet. 2017 waren es 15 Prozent oder 7.500 Hektar. Inzwischen erzeugen gut 1.000 Obstbauern in Deutschland Obst vollständig ökologisch.
Auf gut zwei Dritteln der gesamten Anbaufläche (33.100 Hektar) gedeihen Äpfel und dominieren somit unter den Baumobstsorten. Süßkirschen und Pflaumen sind unter den Steinobstsorten am beliebtesten. Auf sie entfallen 5.700 beziehungsweise 4.100 Hektar.
Baden-Württemberg führend
Mit 66,3 Prozent entfallen fast zwei Drittel des Baumobstanbaus in deutschen Landen auf vier Bundesländer. Baden-Württemberg führt die Liste mit 17.600 Hektar (minus 3,6 Prozent) an, gefolgt von Niedersachsen und Hamburg (zusammen 11.000 Hektar, plus 3,3 Prozent) sowie Rheinland-Pfalz (4.000 Hektar, minus 0,2 Prozent).
Der Deutsche Bauernverband beantwortete eine schriftliche Anfrage von Epoch Times für weitere Informationen bis Redaktionsschluss nicht.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 65, vom 08. Oktober 2022.
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