Ampelklausur in Meseberg: „Milliardeninvestitionen werden in 2030ern Wachstum generieren“
Impulse für die Wirtschaft und Entbürokratisierung stellen die zentralen Ergebnisse der Regierungsklausur in Meseberg dar. Darüber zeigten sich die Spitzenpolitiker der Ampelkoalition in ihrer gemeinsamen Pressekonferenz zum Abschluss am Mittwoch, 30. August, einig.
Als weitreichendste Entscheidung des Kabinetts bezeichnete Bundeskanzler Olaf Scholz das sogenannte Wachstumschancengesetz. Nachdem Bundesfamilienministerin Lisa Paus dieses vor wenigen Wochen noch blockiert hatte, gab es in Meseberg grünes Licht für das Vorhaben.
Lindner setzt auf Wirkung des Wachstumschancengesetzes
Bundesfinanzminister Christian Lindner hatte den Entwurf dazu vorbereitet. Er will mit dem Gesetz Entlastungen für die Wirtschaft im Umfang von etwa sieben Milliarden Euro bewirken. Der Minister verspricht sich davon „Wachstumschancen“ und ein „Fundament für mehr private Investitionen“.
Das Gesetz verbessere „die steuerlichen und damit auch die wirtschafts- sowie standortpolitischen Rahmenbedingungen, um in Deutschland zu investieren“. Zugleich sorge es für „Innovationen und die Transformation zur digitalen und klimaneutralen Wirtschaft“.
Das Wachstumschancengesetz will den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft durch die Gewährung einer Investitionsprämie fördern. Dazu kommen erleichterte Regelungen für die steuerliche Anrechnung von Verlusten. Außerdem beinhaltet das Paket die Möglichkeit einer degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter sowie zeitlich befristet auch für neue Wohngebäude. Dazu soll eine Reihe von Optionen für Sonderabschreibungen kommen.
Elektronische Schriftform soll zum Regelfall werden
Ebenfalls beschlossen hat die Ampel in Meseberg ein Gesetz, das einen Abbau von Bürokratie bewirken soll. Das sogenannte Bürokratieentlastungsgesetz soll Bundesjustizminister Marco Buschmann zufolge die Wirtschaft um etwa 2,3 Milliarden Euro von „Bürokratie-Ballast“ entlasten.
So sollen handels- und steuerrechtliche Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege von zehn auf acht Jahre verkürzt werden. Zudem sollen deutsche Staatsangehörige keine Meldescheine in Hotels mehr ausfüllen müssen.
Die Verpflichtung zu elektronischer Schriftform soll auch in vielen Bereichen der Privatwirtschaft für Erleichterung und Entlastung sorgen. Gleiches gilt künftig für Informationen über Allergene bei loser Ware – was der Lebensmittelindustrie entgegenkommen wird.
Bürokratie vor allem von europäischer Seite verstärkt
Erleichterungen soll es auch bei dem bisherigen Schrifterfordernis für Anträge auf Verringerung der Arbeitszeit und ihre Ablehnung sowie die Geltendmachung des Anspruchs auf Elternzeit geben. Hinzu kommt die Abschaffung von Genehmigungen in der Küstenschifffahrtsverordnung sowie Regelungen zur Beschleunigung von Baumaßnahmen im Schienenverkehr.
Weitere Informationspflichten sollen auf ihre Aktualität überprüft werden, um insbesondere auch den Mittelstand zu entlasten, hieß es. Genannt wurden die Bereiche Energierecht, Außenwirtschaftsrecht, Mess- und Eichwesen sowie die Wirtschaftsstatistik. Auch Gewerbe- und Handwerksordnungen und berufsspezifische Verordnungen sollen auf den Prüfstand.
Buschmann wies darauf hin, dass mit 57 Prozent der Großteil der bürokratischen Belastungen für Unternehmen aus dem Europarecht käme. Man wolle deshalb nun insbesondere mit Frankreich mögliche Wege erörtern, um hier Erleichterungen zu schaffen.
In der Pressekonferenz zu den Ergebnissen von Meseberg betonte außerdem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, es sei erforderlich, die „Regelungsdichte zu lichten“. Dies gelte nicht zuletzt auch auf europäischer Ebene.
Habeck betonte, eine Gesellschaft brauche Ziele, aber auch Optimismus. Der um sich greifende Populismus resultiere aus Angst. Dazu komme eine „Krisenerschöpfung“ nach Corona und dem Krieg in der Ukraine.
Scholz sieht fallende Marktpreise für Gas und Strom als Verdienst der Ampel
Bundeskanzler Scholz drängte weiter auf ein „Deutschland-Tempo“ bei den angestrebten Reformen und dem klimaneutralen Umbau der Wirtschaft. Gleiches gelte bei der Digitalisierung und der Erschließung der Chancen im Bereich der KI, die man in Meseberg mit Gastreferenten besprochen habe. Die Bundesregierung wolle in diesem Bereich die Forschung weiter voranbringen.
Auf Reporterfragen nach einer Lösung für das Problem hoher Energiepreise lobte Scholz die Ampel für ihre Bemühungen zur Eindämmung der Folgen der Energiekrise im Winter. Die Subventionierung der Strompreise durch die Preisbremsen sei erforderlich gewesen. Allerdings seien die Preise mittlerweile im Fallen begriffen, was auch ein „Ergebnis unserer Strategie“ sei.
Indirekt machte der Kanzler auf diese Weise deutlich, dass er dem von den Grünen und Teilen der SPD geforderten subventionierten „Industriestrompreis“ nicht nähertreten wolle.
Milliardeninvestitionen „schaffen in den 2030ern Wachstumsimpulse“
Scholz erklärte, es werde durch den Ausbau der erneuerbaren Energien und des dazugehörigen Stromnetzes auch geringere Stromkosten geben. Die Dekarbonisierung werde zu einer erheblichen Ausweitung des Stromverbrauchs führen. Allerdings würden künftig auch Genehmigungen schneller erfolgen und man werde kein Geld mehr ausgeben müssen, um Strom nicht zu produzieren.
Der Umbau der Volkswirtschaft, so Scholz, werde Wachstumsimpulse schaffen. Noch verschlängen der Ausbau des Stromnetzes, Investitionen, Entwicklung der Wasserstofftechnologie und die Neuausrichtung der Stahlproduktion Milliarden. Allerdings gebe dies auch Beschäftigungsimpulse und spätestens in den 2030er-Jahren sei außerdem mit Wachstumsimpulsen zu rechnen.
Auf die Frage nach den Auswirkungen des Schwächelns der chinesischen Wirtschaft äußerte Scholz, man könne für dieses Land „kein Konjunkturprogramm auflegen“. Deutschland müsse eine Exportnation bleiben und eigene Unternehmen stärken, um sie fähig zu machen, Entwicklungen dieser Art zu überdauern.
Lindner: Ampel ist „agil“ und „kann sich anpassen“
Bezüglich des künftigen Umgangs der Ampelparteien untereinander erklärte der Kanzler, es werde ein „Hämmern und Klopfen mit Schalldämpfer“ bleiben. Minister Lindner hatte zuvor diesen Vergleich angebracht mit Blick auf öffentlich ausgetragene Unstimmigkeiten.
Man habe in Meseberg jedoch „gute Beschlüsse gefasst“, äußerte Lindner. In der Regierung werde „gehämmert und geschraubt“, die wichtigsten Gesetzgebungsinitiativen seien im Rahmen der Klausur jedoch abgeschlossen worden. Die Ampel habe gezeigt, dass sie „agil“ sei und „sich anpassen“ könne.
Wichtig, so Lindner, sei es nun unter anderem, die Digitalisierung voranzubringen. Man könne so die erforderlichen technischen Möglichkeiten schaffen, um im Bedarfsfall Bürgern direkt erforderliche Unterstützungsleistungen zukommen zu lassen.
(Mit Material von AFP)
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