Aktivisten wollten Nord Stream 2 aufdrehen
Eine Gruppe von Aktivisten hat am Montag das Terminal von Nord Stream 2 in Lubmin besetzt. Ihre Forderung: „Die sofortige Öffnung von Nord Stream 2 und eine Volksabstimmung über die Energie- und Sanktionspolitik der Bundesregierung“, sagte der Sprecher der Identitären Bewegung, Martin Sellner, in einem auf Twitter veröffentlichten Video. Hinter ihm sammelten sich in einer Reihe mehrere vermummte Personen mit Warnwesten, gelben Helmen und einem Plakat.
Die Deutschen hätten ein Recht auf das Gas, das mit neun Milliarden Euro Steuergelder finanziert wurde, so Sellner weiter. „Wenn sie nicht Gas geben, dann geben wir Gas. Wir sind heute hier, um Nord Stream 2 aufzudrehen“, kündigte er an. Die Aktion wurde prompt von der Polizei gestoppt, einige Aktivisten wurden festgenommen, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Seit 2014 in Deutschland registriert, wird die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) vom Verfassungsschutz als „rechtsextremistische Gruppierung“ eingestuft.
Altkanzler: Nord Stream 2 ist die „einfachste Lösung“
Für die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 haben sich längst mehrere deutsche Politiker ausgesprochen. „Wir sollten Nord Stream 2 jetzt schleunigst öffnen, um unsere Gasspeicher für den Winter zu füllen“, sagte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Zu Beginn des Ukrainekrieges hatte Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) Forderungen dieser Art eine Absage erteilt. Eine Entscheidung, die für Kubicki nicht nachvollziehbar ist. „Wer mir insoweit folgt, der wird schwer erklären können, warum wir eine Pipeline geschlossen halten, während wir für die Nord-Stream-1-Turbine sogar Ausnahmeregelungen von den Sanktionen erwirken“, so der FDP-Vize.
Auch Altkanzler Gerhard Schröder empfiehlt angesichts der Gaskrise die Inbetriebnahme der Pipeline Nord Stream 2. Dies wäre die „einfachste Lösung“, dann „gäbe es kein Versorgungsproblem für die deutsche Industrie und die deutschen Haushalte“, sagte Schröder.
Die FDP-Jugendorganisation Junge Liberale (Julis) reagiert mit scharfer Ablehnung auf Kubickis Forderung. „Wer in dieser Situation meint, gegenüber Russland getroffene Sanktionen aufheben zu wollen, der argumentiert zutiefst unlogisch. Es ist genau diese Art der Blauäugigkeit gegenüber Russland, die uns erst in diese prekäre Lage der massiven Energieabhängigkeit von Russland gebracht hat“, sagte die Bundesvorsitzende der Julis, Franziska Brandmann.
Durch Nord Stream 1 fließt kein Gas mehr
Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist fertiggestellt. Das Genehmigungsverfahren hat Deutschland jedoch auf Eis gelegt. Die Gaslieferung über die parallel verlaufende Leitung Nord Stream 1 wurde am frühen Mittwochmorgen erneut für Wartungsarbeiten gestoppt. Sie soll am Samstag wieder aufgenommen werden.
Als Grund gibt Russland die Wartung einer Turbine von Siemens an, die wegen der Sanktionen des Westens nicht nach Russland geliefert werden könne. Die Bundesregierung hält diese Argumentation für technisch nicht nachvollziehbar.
Gazprom hatte die Lieferungen nach Deutschland bereits im Juli für zehn Tage unterbrochen; auch damals hatte das Unternehmen als Grund Wartungsarbeiten angegeben. Zuletzt lieferte Gazprom täglich rund 33 Millionen Kubikmeter Gas über Nord Stream 1 nach Deutschland. Das waren 20 Prozent der möglichen Liefermenge. (dl)
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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