Aiwanger: „Wer die Bauern ruiniert, ruiniert das Land“ – wie bewerten Sie den Ampel-Haushalt 2024?

Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, hat vor schweren Folgen der Haushaltspläne der Ampel für die Landwirtschaft gewarnt. Unterdessen haben Bauern in Sachsen durch eine Blockade von Autobahnauffahrten gegen die geplanten Kürzungen protestiert.
Der Bauernverband hat bundesweit zu Demonstrationen aufgerufen. Höfe konnten sich bisher unter anderem die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Das soll nun aufgrund von Sparmaßnahmen wegfallen.
Der Bauernverband hat bundesweit zu Demonstrationen aufgerufen. Höfe konnten sich bisher unter anderem die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen. Das soll nun aufgrund von Sparmaßnahmen wegfallen.Foto: Bernd Weißbrod/dpa
Von 21. Dezember 2023

Die Proteste der Bauern gegen die Kürzungspläne der Ampel für den Haushalt 2024 erhalten zunehmend politische Unterstützung. Der Vorsitzende der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, hatte am Montag, 18. Dezember, an der Großdemonstration der Landwirte in Berlin teilgenommen. Auch die Blockadeaktionen von Bauern in Sachsen am Freitag haben politische Rückendeckung erhalten.

Öko-Landwirte laut Aiwanger sogar überdurchschnittlich betroffen

Anlass für die Proteste sind die Pläne der Bundesregierung, Steuervergünstigungen für die Verwendung von Agrardiesel abzuschaffen. Bis dato ist Bauern dies für jene Kraftstoffe dieser Art gestattet, die sie für ihre Traktoren und Mähdrescher verwenden. Dazu soll ein Aus für die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Zugmaschinen kommen.

Die Ratio hinter der Befreiung ist, dass die Steuern einer Infrastruktur dienten, die von Bauern jedoch kaum genutzt werde. Immerhin verwendeten diese ihre Fahrzeuge primär auf dem Feld oder dem Hof.

Gegenüber dem Portal „NIUS“ betonte Aiwanger, die zu erwartenden Mehrkosten für bäuerliche Betriebe beliefen sich je nach Größe und Arbeitsweise auf mehrere Tausend Euro. Dabei sei die Ökolandwirtschaft im Zweifel sogar noch stärker betroffen als die konventionelle. Auf diese Weise sei genau jene Klientel betroffen, für die sich die Grünen eigenen Angaben zufolge starkmachten.

Die grüne Landwirtschaftsministerin von Niedersachsen, Miriam Staudte, ging ebenfalls davon aus, dass die Haushaltspläne der Ampel jährliche Mehrkosten von mindestens 4.500 Euro für bäuerliche Betriebe verursachen würden.


 

Kritik von Özdemir an Maßnahmen „nicht glaubwürdig“

Die Bundesregierung verspricht sich durch die Maßnahmen Einsparungen in Höhe von 900 Millionen Euro. Am falschen Platz, ist Aiwanger überzeugt. Er äußerte am Rande der Kundgebung in Berlin:

„Man kann sich nur noch ans Hirn fassen, wenn eine Bundesregierung sehenden Auges die Ernährer unserer Bevölkerung kaputtmacht. Wenn man die Bauern ruiniert, ruiniert man das Land.“

Man müsse, so der bayerische Wirtschaftsminister, „die Ampel stoppen, bevor sie noch größeren Schaden anrichtet“. Die Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, er habe die Kürzungen stets abgelehnt, seien in den Augen der Bauern nicht glaubwürdig. Vielmehr gebe es Hinweise, dass die Pläne sogar aus seinem eigenen Hause gekommen seien.

Aiwanger: „Fleißige und Anständige müssen auf die Straße“

Aiwanger wandte sich auch gegen EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine. Diese werde den Westen mit Billiggetreide überschwemmen, während hiesige Landwirte mit deutlichen höheren Standards produzieren müssten. Ukrainisches Getreide gehöre in jene Regionen, in denen es darum gehe, den Hunger zu bekämpfen. Es dürfe jedoch nicht zugelassen werden, dass dieses „unsere Agrarmärkte kaputtmacht“.

Der Freie-Wähler-Chef appellierte an die Bürger, sich an Protesten zu beteiligen. Die „Anständigen und Fleißigen“ würden es bevorzugen, arbeiten zu gehen oder Zeit mit ihrer Familie zu verbringen. Sowohl auf der Demonstration in Erding als auch bei den Bauernprotesten treffe man Menschen, die noch nie zuvor in ihrem Leben an Kundgebungen teilgenommen hätten – und dies eigentlich ungern täten.

Normalbürger „müssen sich aber die Zeit nehmen, gegen eine verfehlte Regierungspolitik auf die Straße zu gehen“. Andernfalls „geht dieses Land den Bach ‚runter“.

Zweite Blockadeaktion in Sachsen – am 8. Januar könnten noch größere Proteste drohen

Am Donnerstagmorgen haben unterdessen in Sachsen Bauern eine Schwerpunktaktion gestartet. Wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, hätten Landwirte mehrere Autobahnauffahrten blockiert. Der Protest war, wie die Polizei bestätigte, angezeigt. Betroffen waren unter anderem Auffahrten in Dresden, Kesselsdorf, Marsdorf, Bautzen, Döbeln, Nossen und Grimma.

Auch in sozialen Medien haben die Initiatoren von Land schafft Verbindung die Aktionen angekündigt. Um Stau zu vermeiden, betraf der Protest nur Auffahrten, nicht aber Abfahrten. Gegen acht Uhr war der Verkehr wieder freigegeben.

Bereits am Dienstag hatte es Blockaden an Auffahrten an den beiden A72-Auffahrten Hartenstein und Stollberg-Nord zwischen Zwickau und Chemnitz gegeben. Sollte die Bundesregierung an ihren Plänen festhalten, kündigten Verbandsvertreter für den 8. Januar „größere, intensivere und längere“ Proteste an.

OB von Freital und Konservative Mitte solidarisieren sich mit Bauern

Der Oberbürgermeister von Freital Uwe Rumberg und Konservative-Mitte-Chef Peter Pfitzenreiter haben am Rande der Blockade der A17-Auffahrt bei Kesselsdorf warme Getränke an die protestierenden Bauern ausgeschenkt.

In einer Presseerklärung drückten sie den Landwirten ihre Solidarität aus und warfen der Ampel „Zynismus“ vor. Das Bundesverfassungsgericht habe deren verfehlte Politik auf Kosten der Bevölkerung gestoppt – und die Kosten dafür wolle sie nun erneut dieser aufbürden.

Die einzig sinnvolle Variante, zu sparen, wäre, „endlich eine 180-Grad-Wende weg von allen ideologischen und utopischen Projekten zu vollziehen“, so Rumberg. Dann müsse man „nicht zu wahnwitzigen Maßnahmen auf Kosten der Bauern und der Bevölkerung greifen“.



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