„Abzocke“ bei Fernwärme? Politiker fordern Einschreiten des Kartellamts
Neben anderen Energien sind in jüngster Vergangenheit auch die Preise für Fernwärme angestiegen – teilweise zu stark, wie Politiker der Ampel-Koalition vermuten. Sie fordern das Bundeskartellamt zum Handeln auf. Das Kartellamt müsse auch im Fernwärmebereich darauf achten, dass der Wettbewerb gewahrt bleibe. Deshalb „sollte eine neue Sektoruntersuchung durchgeführt werden“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Reinhard Houben.
Fernwärme leiste einen Beitrag zum klimafreundlichen Heizen und habe auch deshalb einen guten Ruf, sagte Houben dem „Handelsblatt“. Die Anbieter sollten diesen nicht durch „hohe und intransparente Preise“ aufs Spiel setzen.
Auch Nina Scheer, SPD-Energiepolitikerin, hält ein Handeln für notwendig. Der Grünen-Wirtschaftspolitiker Dieter Janecek erwartet, dass die Versorger auf die sinkenden Großmarktpreise der letzten Wochen reagieren und diese Kostensenkungen „zeitnah“ an die Haushalte weitergeben. Geschehe dies nicht, sollten „die Kartellbehörden tätig werden“, forderte Janecek.
Verbraucherzentrale: „Abzocke“ von Fernwärmekunden
Zuvor warnte der Bundesverband der Verbraucherzentralen in einem Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ vor „Abzocke“ von Fernwärmekunden. Untersuchungen ihres Verbands zum Fernwärmemarkt hätten „unglaubliche“ Preisunterschiede gezeigt, sagte Ramona Pop, Vorstand des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (vzbv). „Viele Fernwärmeanbieter sind maximal intransparent bei ihren Preisen und Preiserhöhungen. Die Kartellbehörden müssen das unbedingt schärfer in den Blick nehmen, um Abzocke zu verhindern“, erklärte Pop. Sie beklagte, es gebe schlicht keine genauen Vorgaben, welche Preissteigerungen bei der Fernwärme zulässig seien und welche nicht und wie die Kunden darüber informiert werden müssten.
Der Verdacht auf Preismissbrauch bei Fernwärme ist nichts Neues. Bereits 2012 hatte das Bundeskartellamt eine „Sektoruntersuchung Fernwärme“ durchgeführt. Im Abschlussbericht sprach die Behörde von „klaren wettbewerblichem Defiziten auf den Fernwärmemärkten“. Der Preisunterschied zwischen einzelnen Netzgebieten betrage in einigen Fällen mehr als 100 Prozent.
Aus Sicht von Verbraucherschützerin Pop seien hierbei die Mieter den Preisforderungen und Konditionen der Versorger „weitgehend ausgeliefert“. Weder könnten sie sich gegen eine „übermäßige“ Preiserhöhung zur Wehr setzen, noch könnten sie ihr ausweichen.
Ostdeutschland setzt auf Fernwärme
Genaugenommen ist Fernwärme ein Abfallprodukt. Die zentrale Versorgung mit Heizwärme und Warmwasser entsteht, wenn bei einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage Gas, Öl, Kohle oder Holz zur Stromgewinnung verbrannt werden. Die dabei zusätzlich entstehende Wärme erhitzt Wasser in einem zusätzlichen Kreislauf. Das heiße Wasser gelangt über gut isolierte Fernwärmerohre und Verteilerstationen bis zur Übergabestation der angeschlossenen Haushalte.
Wärmetauscher übertragen dann die Fernwärme an das Hausnetz, in die Heizkreise des Warmwassers. Nachdem das Wasser seine Wärmeenergie abgegeben hat, also abgekühlt ist, fließt es über den Rücklauf des Fernwärmesystems wieder zurück zum Versorger. Fernwärme ist somit ein in sich geschlossener Heizkreislauf, bei dem Warmwasser über größere Distanzen hinweg zur Wärmeversorgung transportiert wird.
Mehr als fünf Millionen deutsche Haushalte nutzen zum Heizen Fernwärme (Stand: 31.08.2022). Laut der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen lebten im vergangenen Jahr gut 14 Prozent der Deutschen in einer Wohnung mit dieser Heizart.
Besonders verbreitet ist sie in den ostdeutschen Bundesländern. In Zwickau zum Beispiel hängt die Hälfte aller Haushalte an der Fernwärme. Auch in manchen westdeutschen Großstädten spielt die Energieform eine wichtige Rolle. In München hat fast ein Drittel der Bevölkerung einen Fernwärmeanschluss. Ähnlich ist der Anteil in Hamburg, wo Fernwärmesysteme knapp 290.000 Wohnungen versorgen. Besonders stark gestiegen sind die Preise in Gebieten, in denen die Fernwärme vorwiegend aus Erdgas produziert wird.
(Mit Material von AFP)
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