82 Fälle von fehlgeleiteter Entwicklungshilfe – Ministerium meldet Mehrbedarf für Haushalt 2025

Das Entwicklungshilfeministerium hat gerade bei Finanzminister Lindner einen Mehrbedarf für den Haushalt 2025 angekündigt. Gleichzeitig musste es zugeben, dass es in den letzten eineinhalb Jahren zu 82 Fällen von „Mittelfehlverwendungen“ gekommen ist. Was und wo genau das passiert ist – darüber möchte man in der Öffentlichkeit schweigen.
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Gerne würde Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) von Finanzminister Christian Lindner (FDP) mehr Geld erhalten. Da dürften „Mittelfehlverwendungen“ aus der Vergangenheit kein gutes Argument sein.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Von 5. Juni 2024

Momentan ringt die Bundesregierung um den Haushalt 2025. Bis Anfang Mai hatten die einzelnen Ministerien Zeit, ihre Bedarfe bei Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) anzumelden. 

Im März erklärte der Minister seinen Kabinettskollegen, dass es nun „eine gemeinsame Kraftanstrengung der Bundesregierung erfordern wird, den Handlungsbedarf im Bundeshaushalt aufzulösen“. Die Botschaft war also eindeutig: Alle müssen jetzt Sparvorschläge vorlegen und schauen, wie sie mit ihrem Etat zurechtkommen – wissend, dass noch mehr Geld für Verteidigung für die kommenden Jahre ausgegeben werden soll und es ein Loch im Haushalt gibt. Viel Spielraum gibt es nicht mehr. Nicht bei jedem Minister kam diese Botschaft aber offensichtlich an.

Dringend mehr Geld benötigt

Neben vier anderen Ministerien gehörte auch das Entwicklungsministerium zu denjenigen, die ankündigten, mit ihrem ihnen von Lindner zugestandenen Budget nicht auszukommen. Es müsse mehr Geld her. Darüber berichtete Anfang Mai der „Spiegel“ und beruft sich auf ein Schreiben an die Haushaltsexperten und inhaltlichen Fachleute in der Ampelregierung, das dem Magazin vorliegt.

„Insgesamt wurden dringend notwendige Bedarfe in Höhe von 12,16 Mrd. Euro angemeldet, was dem Haushaltsansatz von 2023 entspricht und bereits unter dem krisenbedingt erhöhten Ansatz von 2022 liegt“, heißt es im Schreiben. Und weiter: „Die konkreten Bedarfe wurden für jeden Haushaltstitel kritisch geprüft und priorisiert.“ Soll heißen: Man habe schon so viel eingedampft wie möglich.

Lindner hatte in seiner Budgetplanung ursprünglich zwei Milliarden Euro weniger für das Entwicklungshilfeministerium vorgesehen. Dass sich Entwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) nicht einfach so die Mittel streichen lassen würde, war abzusehen. Zu groß wären die Einschnitte, zu gravierend die Folgen, so sieht man es jedenfalls im Ministerium.

Mittelfehlverwendung festgestellt

In dieser Situation dürfte das, was eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion nun öffentlich machte, nicht wirklich viel Freude im Entwicklungsministerium ausgelöst haben. Dabei lässt sich an den Fakten nicht rütteln: „Insgesamt wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis zum 4. April 2024 75 Fälle von Mittelfehlverwendungen in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit festgestellt“, musste das Ministerium von Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) auf eine entsprechende Anfrage der AfD zugeben.

Weiter schreibt das Ministerium in der Antwort an die AfD-Fraktion: „Die Summe der seit dem 1. Januar 2023 bis zum 4. April 2024 festgestellten Mittelfehlverwendungen in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit kann derzeit nicht abschließend beziffert werden. Die Summe der seit dem 1. Januar 2023 bis zum 4. April 2024 festgestellten Mittelfehlverwendungen in der nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Euro [Hervorhebungen Epoch Times].“ 

Insgesamt gebe es in der nichtstaatlichen Entwicklungshilfezusammenarbeit sieben Fälle von Mittelfehlverwendungen. Wie das Ministerium weiter mitteilt, würde die Rückforderung der Mittel, die falsch verwendet wurden, im Moment bearbeitet. Es würden laut Ministerium voraussichtlich 100 Prozent der nicht zweckentsprechend verwendeten Bundesmittel zuzüglich Verzugszinsen zurückgezahlt, sodass in diesen Fällen kein Schaden für den Bundeshaushalt entstehe.

Fragen bleiben offen

Das ist der Sachstand. Fragen bleiben allerdings trotzdem offen. So wäre interessant, in welchen insgesamt 82 Fällen es in den letzten eineinhalb Jahren konkret zu Mittelfehlverwendungen kam? Weiter stellt sich die Frage, in welche falschen Kanäle die Gelder für die Entwicklungshilfe geflossen sind? Es sind ja immerhin Steuergelder, die hier verwendet wurden.

In einer früheren Antwort der Bundesregierung zu diesem Themenkomplex an die AfD hatte das Entwicklungshilfeministerium ausgeführt, wie es Mittelfehlverwendungen definiert. Dort hieß es dann: „Unter Mittelfehlverwendungen versteht die Bundesregierung die bewusst fehlerhafte beziehungsweise missbräuchliche Verwendung von Mitteln, welche zu einer Mittelrückforderung führte.”

Die Bundesregierung mauert allerdings, wenn es um Antworten auf diese Fragen geht. So hatte der „Nordkurier“ entsprechende Anfragen an das Bundesministerium gestellt. Die Antworten verweigerte das Ministerium aber und verweist auf eine grundsätzliche Bemerkung in der Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion. Dort schrieb das Ministerium zu diesem Zusammenhang unter anderem:

„Die erfragten Informationen sind vertraulich, da die Durchführung der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit konkret gefährdet wird, sofern relevante Informationen unbefugt verwendet werden. Sofern Kooperationspartner der Bundesregierung und ihrer Durchführungsorganisationen in der Entwicklungszusammenarbeit den Eindruck gewinnen sollten, dass vertraulich mitgeteilte Verdachtsfälle/festgestellte Fälle der Mittelfehlverwendung ungesteuert verwendet werden, würde dies mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bereitschaft reduzieren, der Bundesregierung oder den Durchführungsorganisationen solche Verdachtsfälle/festgestellten Fälle mitzuteilen.“

Antworten nur als vertrauliche Verschlusssache

Um dem Informationsinteresse des Parlaments dennoch ausreichend Rechnung zu tragen, teilt das Bundesministerium mit, dass man die Beantwortung der Fragen, die sich auch die AfD-Fraktion stellte, auf den Bundestag beschränken wolle und in einem als Verschlusssache „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuften Schreiben separat übermitteln werde.

Die Kennzeichnung „Nur für den Dienstgebrauch“ ist die unterste Stufe der Geheimhaltungsstufen. Wird im Bundestag eine solche Stufe beschlossen, dann können Personen innerhalb des Parlaments auf solche als Verschlusssache eingestuften Informationen zugreifen, ohne dass eine vorherige Sicherheitsüberprüfung erforderlich ist. Für die Öffentlichkeit sind solche Informationen nicht bestimmt. Daher sehen Kritiker in so einer Einstufung einen bestimmten Zweck: Sie kann dazu beitragen, dass bestimmte Informationen Bürgerinnen und Bürgern sowie Journalisten nicht zugänglich gemacht werden.

Vorsorglich fügt das Ministerium allerdings einschränkend hinzu: „Für die nichtstaatliche Entwicklungszusammenarbeit sind die Mittelfehlverwendungen einzelnen Ländern nicht zuordenbar.“ Weiter betont das Entwicklungshilfeministerium: „In der deutschen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) gibt es lediglich punktuell Mittelfehlverwendung, Prävention und Kontrolle sind wirksam.“



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