76 Milliarden Euro bleiben trotz Haushaltslücken ungenutzt

2023 haben Bund und Länder dutzende Milliarden überhaupt nicht genutzt. Und das, obwohl an vielen Stellen Löcher im Haushalt klaffen. Wieso kann das Geld nicht dafür genutzt werden?
Finanzkrise im Haushalt, während 76 Milliarden Euro ungenutzt bleiben
Bund und Länder haben 2023 etliche Milliarden nicht verwendet.Foto: grandeduc/vale_t/iStock/Collage: Epoch Times
Von 24. August 2024

Geld ist offenbar Mangelware im Bundeshaushalt. Das ließe sich jedenfalls von den jüngsten Schlagzeilen ableiten. In den vergangenen Wochen suchten die Ampelparteien noch Lösungen, um eine Finanzierungslücke von teilweise 17 Milliarden Euro für den Haushaltsentwurf 2025 zu schließen.

Ebenso kämpfen die Bundesländer nach wie vor mit ihrer Altschuldenlast. Insgesamt knapp 600 Milliarden Euro ist hier der Soll-Kontostand.

Dennoch haben Bund und Länder eine milliardenschwere Menge nicht ausgegebener Gelder liegen gelassen. Der Betrag beläuft sich auf insgesamt 76 Milliarden Euro. Das geht aus einer Aufstellung des Bundesfinanzministeriums hervor, das dem „Handelsblatt“ vorliegt.

29 Milliarden Euro haben die Bundesministerien als nicht verwendete Mittel aus dem Vorjahr im Jahr 2024 übertragen. Die Finanzministerien aller 16 Bundesländer teilten dem „Handelsblatt“ auf Anfrage mit, dass diese insgesamt 47 Milliarden Euro nicht verwendet hatten.

Warum Gelder liegen bleiben

Gelder bleiben dann liegen, wenn sich beispielsweise Bauprojekte durch länger andauernde Verwaltungsabläufe oder Genehmigungsverfahren verzögern. Dann wird die dafür verplante Geldmenge manchmal im laufenden Jahr nicht mehr verwendet. Das können Projekte im Straßen-, Brücken- oder Schienenbau sein.

Besonders stark haben sich die Ausgabenreste des Bundes seit 2016 erhöht, genau genommen fast verdreifacht. Der Grund dafür ist oftmals Personalmangel, sodass ein Überblick über sämtliche Förderprogramme nicht möglich ist. Insbesondere Bauverwaltungen und kleinere Kommunen sind davon betroffen. Infolgedessen scheitern die Projekte, die Gelder sind jedoch schon dafür reserviert.

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte dazu: „Peinlich, dass die Ampel fortlaufend über die Schuldenbremse diskutiert, während sie Milliarden liegen lässt.“

76 Milliarden Euro bleiben ungenutzt – trotz Finanzkrise im Haushalt

Carsten Linnemann, Generalsekretär der deutschen Christdemokraten (CDU), in der CDU-Zentrale am 9. Juni 2024 in Berlin. Foto: Maja Hitij/Getty Images

Wer hat wie viel liegenlassen?

Beim Bund erzielte im vergangenen Jahr das Bundesverkehrsministerium von Volker Wissing (FDP) den höchsten Betrag an nicht ausgegebenen Mitteln – 7,9 Milliarden Euro blieben hier liegen.

Auf Platz zwei landete mit 3,2 Milliarden das Bauministerium von Klara Geywitz (SPD), dahinter das Innenministerium von Nancy Faeser (SPD), wo 2,7 Milliarden ungenutzt blieben.

Unter den Bundesländern führt Bayern die Liste an. Hier blieben 14,1 Milliarden Euro liegen. Weiter geht es mit Baden-Württemberg mit 9,5 Milliarden Euro und an dritter Stelle reiht sich mit 3,9 Milliarden Euro Hamburg ein.

Umwidmung untersagt

Einerseits bleibt das nicht verwendete Geld bestehen und kann im darauffolgenden Haushaltsjahr zum Einsatz kommen. Allerdings muss die Politik die jeweiligen Finanzmittel für die ursprünglich angedachten Zwecke und Projekte einsetzen. Eine Umwidmung der Gelder für andere Bereiche ist nicht zulässig. Sie müssen regulär aus Steuereinnahmen oder Schulden gegenfinanziert werden.

Aufgrund dieser Reservierungen darf die Politik die übrigen Gelder nicht zum Beseitigen der Haushaltslöcher verwenden. In der Debatte um den Haushaltsplan für 2025 diskutierten die Parteien über eine mögliche Umwidmung von Finanzmitteln der KfW, welche für die Gaspreisbremse vorgesehen war. Diese Maßnahme wäre verfassungsrechtlich bedenklich.

Ein Beispiel für solch eine Umwidmung fand Anfang 2022 durch die Ampelkoalition mit 60 Milliarden Euro aus dem Corona-Topf statt. Ursprünglich waren die Kredite zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gedacht, wurden aber letztendlich nicht gebraucht.

Die Bundesregierung hat die Gelder nachträglich in den Energie- und Klimafonds umgebucht, um sie für Projekte zum Klimaschutz zu nutzen. Dieses sogenannte Sondervermögen (Neuverschuldung) hieß später Klima- und Transformationsfonds (KTF). Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat diese Umwidmung jedoch letztendlich für verfassungswidrig erklärt.

Das Bundesverfassungsgericht soll besser geschützt werden. (Archivbild)

Die Richter des Bundesverfassungsgerichts haben in der Umschuldung der Ampelkoalition von 60 Milliarden Euro eine Verfassungswidrigkeit erkannt. Foto: Uli Deck/dpa

Lösungsvorschläge

„Viele Förderprogramme sind sehr kompliziert und bürokratisch aufgebaut. Die Antragsverfahren sind kompliziert, die Formvorschriften im Bewilligungsfall auch“, teilte der Ökonom Jens Südekum mit.

Südekum gab weitere Erklärungen ab, warum 2023 so viele Milliarden liegen geblieben sind: „Viele Förderprogramme sind sehr kompliziert und bürokratisch aufgebaut. Die Antragsverfahren sind kompliziert, die Formvorschriften im Bewilligungsfall auch“. Dazu trägt auch der Umstand bei, dass es bei EU-Programmen inzwischen strengere Prüf- und Nachweispflichten gibt. Dadurch scheitern viele Projekte, übrig bleiben die dafür bereitgestellten Gelder.

Als Lösung schlägt der Ökonom vor, „die Vergaberichtlinien zu entschlacken und den Empfängern einen gewissen Vertrauensvorschuss zu gewähren, dass das Geld schon ordentlich verwaltet wird.“ Allerdings kann es so zu Fehlern kommen.

Eine weitere mögliche Maßnahme wäre laut Südekum, im darauffolgenden Jahr dem Haushaltsposten weniger Finanzmittel bereitzustellen, wenn nicht alle Gelder eingesetzt werden. Diese Vorgehensweise gefällt jedoch vielen Wählern nicht. Dennoch fehlen der Bundesregierung für den Haushalt 2025 noch mehrere Milliarden Euro.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion