Cum-Ex-Skandal: Vertuscht Scholz die Wahrheit? Union erhebt schwere Vorwürfe
In einer hitzigen Bundestagsdebatte am Donnerstag warf die Union Scholz mangelnde Aufklärungsbereitschaft vor, während die Bundesregierung die Vorwürfe als haltlos zurückwies.
Anlass zu der von der Unionsfraktion beantragten Aussprache war die Antwort auf ihre große Anfrage zu Steuererstattungen in Cum-Ex-Geschäften.
Die Bundesregierung weist in ihrer Antwort auf die Anfrage der Union mehrere „unzutreffende Behauptungen“ zurück. So sei beispielsweise keine Verjährung bei der Rückforderung von Steuern eingetreten, erklärt sie. Zudem sei die strafrechtliche Relevanz der Cum-Ex-Geschäfte der Warburg Bank höchstrichterlich bestätigt worden.
Weiterhin habe die Warburg Gruppe sämtliche im Rahmen der Cum-Ex-Geschäfte erhaltenen Gelder zurückerstattet. Die Rückforderung der Kapitalertragsteuer sei im Jahr 2016 zunächst nicht erfolgt, da die Beweislage zu diesem Zeitpunkt als unzureichend eingeschätzt worden sei und das Prozessrisiko daher als zu hoch galt.
„Entgegen der Behauptung der Fragesteller geht aus den Erkenntnissen des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses hervor, dass die Hamburger Finanzbehörde nicht zunächst eine Rückforderung der Kapitalertragsteuererstattungen von der M. M. Warburg & CO Bank befürwortet hat“, heißt es in der Vorbemerkung der Antwort weiter.
E-Mail-Postfächer
Der CDU-Abgeordnete Mathias Middelberg verwies darauf, dass weiterhin drei E-Mail-Postfächer aus der Zeit von Scholz als Finanzminister existierten. „Es wäre interessant, diese E-Mail-Postfächer jetzt zu checken“, so Middelberg.
Scholz verweigere allerdings bisher hartnäckig die Zugriffe auf diese Postfächer. „Das macht deutlich, dass er viel zu verbergen hat“, argumentierte Middelberg. Scholz sei entweder vergesslich „oder ein Lügner“. Es fehle ihm an Tauglichkeit oder Integrität. „Schon als Person ist Olaf Scholz als Kanzler ungeeignet“, so das Urteil des CDU-Bundestagsabgeordneten.
SPD-Abgeordneter: Alle Unterstellungen widerlegt
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi verteidigte hingegen den Bundeskanzler. Er empfehle allen Bürgern, die 18 Seiten umfassende Anfrage zu lesen. Alle „Unterstellungen“ der Union seien widerlegt. „Sie werfen mit Schmutz, wir halten mit Fakten dagegen“, sagte Schrodi in Richtung der größten Oppositionsfraktion.
Die Union wolle Kanzler Scholz vor der Bundestagswahl diskreditieren, wie schon bei der letzten Wahl. „Es wird Ihnen wieder nicht gelingen“, so Schrodi. Um zu kontern, schoss der SPD-Politiker gegen Unionsfraktionschef Friedrich Merz, indem er die Kontakte von Merz zur Wirtschaft aufs Korn nahm. Merz habe „seine Kontakte in die Politik vergoldet“. Lobbyfirmen hätten das CDU-Wahlprogramm mit formuliert, kritisierte Schrodi.
Markus Herbrand (FDP) kritisierte sowohl die Anfrage der Union als auch die Antwort der Bundesregierung. „Insgesamt kann sich die Unionsfraktion nicht viel von ihrer eigenen Anfrage versprochen haben“, sagte Herbrand und sprach von „Unzulänglichkeiten bei der Fragestellung“. Allerdings, so der FDP-Politiker weiter, sei auch die Mitwirkung der Bundesregierung „enttäuschend“.
„Vertrauen in den Aufklärungswillen wird damit nicht hergestellt“, sagte Herbrand weiter. Auch er habe Fragen an den Kanzler, aber die Wiederholung von Fragen bringe wenig Erkenntnis. Außerdem: „Die Anfrage löst keines der drängenden Probleme in unserem Land.“ Wichtiger sei etwa, dass die Bundesländer ihre Justizbehörden besser ausstatten.
Finanzkriminalität ein viel zu leichtes Spiel
Katharina Beck, finanzpolitische Sprecherin der Fraktion der Grünen, äußerte sich in ähnlicher Weise. Ihrer Ansicht nach sei die Konstruktion des Cum-Ex- und Cum-Cum-Steuerbetrugs so komplex, dass sie nur von hoch spezialisierten Steuerberatern durchschaut werden könne. „Derzeit haben Schwerkriminelle und die organisierte Finanzkriminalität in Deutschland ein viel zu leichtes Spiel“, stellte Beck fest. Daher seien mehr Ermittler sowie eine moderne IT-Ausstattung für die Justiz dringend erforderlich.
Zudem bekräftigte Beck die Forderung ihrer Fraktion nach einem Gesetz zur Bekämpfung von Vermögensverschleierung. Sie bedauerte, dass der Bundestag das bereits im Finanzausschuss mehrheitlich verabschiedete Finanzkriminalitätsbekämpfungsgesetz nicht mehr in der letzten Sitzungswoche dieser Legislaturperiode beschlossen habe.
Positiv hob sie hervor, dass sich nahezu alle Fraktionen dem Kampf gegen Finanzkriminalität widmeten, auch wenn die Ansätze variieren – etwa die CDU mit der Forderung nach einer Zollpolizei in ihrem Wahlprogramm. Kritisch merkte sie jedoch an, dass die AfD-Fraktion in ihrem Wahlprogramm keinerlei Maßnahmen zur Bekämpfung von Finanzkriminalität und Steuerhinterziehung vorgesehen habe.
AfD-Abgeordneter: Schleppende Aufarbeitung des Betrugs
Kay Gottschalk von der AfD attackierte den Bundeskanzler scharf. Er bezeichnete Olaf Scholz wiederholt als „Lügner“ und thematisierte dessen Werdegang. Besonders hob er die Begegnungen des heutigen Kanzlers mit SED-Vertretern in den 1980er Jahren hervor. „Er ist Sozialist und wurde von den Funktionären der DDR geprägt“, wetterte Gottschalk.
Den Cum-Ex-Skandal hingegen stellte er als eine „geniale Gestaltungsidee“ dar, die die „Schwächen der Finanzverwaltung“ offenbart habe. Er kritisierte die schleppende Aufarbeitung des Betrugs. Zudem dankte er der Tageszeitung „Welt“ dafür, dass sie aufgedeckt habe, dass E-Mails aus der vorherigen Wahlperiode im Finanzministerium offenbar bisher nicht endgültig gelöscht wurden.
Christian Görke von der Gruppe Die Linke riet den Wählern, nicht nach rechts zu gehen, sondern „nach der Ampel links abzubiegen“. Er bezeichnete die Cum-Ex- und Cum-Cum-Skandale als „ein Trauerspiel“ und wies darauf hin, dass der daraus resultierende Steuerschaden 31 Milliarden Euro betrage.
„Dennoch wird die Aufarbeitung in diesem Parlament weiterhin blockiert“, kritisierte Görke. Als Beleg führte er die Antwort der Bundesregierung auf die große Anfrage an. „Deutlicher lässt sich die Arroganz der Macht und die mangelnde Bereitschaft zur Aufklärung kaum zeigen“, urteilte er. Zudem äußerte er sein Unverständnis darüber, dass in der auslaufenden Wahlperiode kein Untersuchungsausschuss zum Cum-Ex-Skandal eingesetzt wurde.
„Stern“-Bericht: Bundesregierung schummelt bei Beantwortung der Fragen
Bei der Beantwortung der 36 Fragen der Union schummelte die Bundesregierung. Darauf verweist der „Stern“ in einem Artikel. So wollte die Union von der Bundesregierung wissen, ob der Kanzler der Öffentlichkeit, den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und denen der Hamburgischen Bürgerschaft die Wahrheit zu seiner Rolle im Cum-Ex-Skandal gesagt hat.
In ihrer Antwort macht die Bundesregierung daraufhin deutlich: „Der Bundeskanzler hat die Abgeordneten selbstverständlich wahrheitsgemäß informiert. Dies wird auch dadurch untermauert, dass seine Aussage, wonach es in dem Steuerverfahren keine politische Einflussnahme gegeben habe, laut Zwischenbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) von allen Zeugen bestätigt wurde.“
Doch entspricht das tatsächlich den Fakten?
Der „Stern“ hat die Aussagen aller 105 Zeugen im Untersuchungsausschuss ausgewertet – mit einem bemerkenswerten Ergebnis. Nur 26 von ihnen verneinten explizit eine politische Einflussnahme, also lediglich ein Viertel der Befragten. Zu dieser Gruppe zählen unter anderem Olaf Scholz selbst, Peter Tschentscher – sein Nachfolger als Erster Bürgermeister von Hamburg – sowie Finanzsenator Andreas Dressel. Auch enge Vertraute von Scholz, wie Christoph Krupp, der einst Staatsrat in Hamburg war und später von Scholz zum Vorstandschef der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ernannt wurde, gehören dazu.
Damit stammen die Aussagen, die eine Einflussnahme ausschließen, in erster Linie von Personen, die aus Sicht der Opposition potenziell Kenntnis von politischen Interventionen in die millionenschwere Steuerentscheidung zulasten der Stadt gehabt oder daran mitgewirkt haben könnten.
39 Zeugen gaben an, nicht beurteilen zu können, ob eine politische Einflussnahme stattgefunden hat. Fünf Zeugen hingegen äußerten deutlich den Verdacht, dass es sehr wohl politische Einflussnahme gab. Darunter Michael Sell, der frühere oberste Steuerchef im Bundesfinanzministerium, den Olaf Scholz im August 2018 vorzeitig in den Ruhestand versetzte. Ebenso äußerte sich ein Mitarbeiter der Hamburger Finanzverwaltung, der unmittelbar mit dem Cum-Ex-Fall der Warburg-Bank befasst war.
Zentrale Figuren im Fall nie gehört
Bemerkenswert ist zudem, dass 35 Prozent der Zeugen überhaupt nicht zu einer möglichen politischen Einflussnahme befragt wurden – offenbar, weil sich von ihren Aussagen kein relevanter Erkenntnisgewinn erhofft wurde. Zudem blieben mit Johannes Kahrs und Alfons Pawelczyk zwei zentrale Figuren in diesem Fall gänzlich ungehört.
Kahrs hatte erst kürzlich über seinen Anwalt erklärt, er mache weiterhin von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch – trotz der Tatsache, dass das Verfahren gegen ihn wegen Beihilfe zur schweren Steuerhinterziehung im Dezember 2024 eingestellt wurde.
Die vorliegenden Erkenntnisse als Beweis dafür anzuführen, dass keine politische Einflussnahme stattgefunden habe, stellt eine falsche Behauptung dar oder ist zumindest grob irreführend. Die große Anfrage zählt zu den wirksamsten Kontrollinstrumenten der Opposition. Die Bundesregierung ist verpflichtet, die ihr gestellten Fragen wahrheitsgemäß und grundsätzlich vollständig zu beantworten.
„Die Ex-Ampel ist abermals echte Antworten zum Steuerskandal Scholz/Warburg schuldig geblieben“, sagt Vizefraktionschef der Union, Mathias Middelberg dem „Stern“. Middelberg ist einer der Initiatoren der großen Anfrage gewesen. Die Bundesregierung habe sich „richtig viel Mühe gegeben“, eine korrekte Beantwortung zu umgehen, befindet der CDU-Bundestagsabgeordnete. So hätte sie keine vollständigen Antworten geliefert, Sachverhalte verdreht und durch „unzählige Verweise auf frühere Antworten Nebelkerzen“ gezündet.
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