Noch zehn Jahre: Belgien verlängert Laufzeit von zwei KKW
Belgien und der französische Energieversorger Engie einigten sich auf eine Verlängerung der Laufzeit von zwei Atomreaktoren um zehn Jahre. Der belgische Regierungschef Alexander De Croo sagte am Montag (9.1.) vor Journalisten, dass „die Arbeiten für die Erweiterung der beiden jüngsten Reaktoren morgen beginnen können“. Engie erklärte, die „Grundsatzvereinbarung“ stelle „einen wichtigen Schritt dar“ und ebne den Weg für „umfassende Vereinbarungen in den kommenden Monaten“.
Bei den Reaktoren handelt es sich um Doel 4 bei Antwerpen und Tihange 3 bei Lüttich. Diese Druckwasserreaktoren verfügen über eine elektrische Leistung von jeweils 1.000 Megawatt. Im Vollbetrieb können sie damit problemlos jeweils mehr als anderthalb Millionen Haushalte mit Strom versorgen.
Seit 1985 sind diese beiden Meiler in Betrieb. Sie sollen nach den neuen Plänen der belgischen Regierung bis in die zweite Hälfte der 2030er-Jahre laufen.
Monatelange Verhandlungen im Vorfeld
Beide Seiten hatten seit Monaten hart über die Bedingungen der Verlängerung verhandelt. Die Behörden in Belgien und der Energieversorger hatten sich bereits auf die Gründung eines gemeinsamen Betreiberunternehmens geeinigt.
Brüssels Zusage, nun auch die Kosten für die Abfallentsorgung zu decken, ermöglicht es laut Engie, „sofort mit Umwelt- und technischen Studien“ zu beginnen. Das ist eine Voraussetzung für die Genehmigungen durch die belgische Atomaufsichtsbehörde.
Wegen der Energiekrise ist der ursprünglich bis 2025 anvisierte und seit 2003 gesetzlich verankerte Atomausstieg in Belgien umstritten geworden. Die Kernkraftwerke sicherten dort zuletzt rund die Hälfte des Strombedarfs. Die Brüsseler Regierung hatte sich schon im vergangenen Frühjahr darauf geeinigt, die beiden jüngsten Reaktoren im Fall von Versorgungsproblemen zehn Jahre länger laufen zu lassen.
Reaktionen unterschiedlich
Der Industrieverband VBO zeigte sich laut einem Bericht der „Welt“ erleichtert. „Dank dieser Vereinbarung erhalten die Unternehmen die Aussicht auf einen ausgewogenen, leistungsfähigen und CO₂-armen Energiemix“, sagte Verbandschef Peter Timmermans.
Umweltorganisationen ist der Kompromiss hingegen ein Dorn im Auge. „Anstatt in Wind- und Solarenergie zu investieren, wird Geld für eine veraltetet Technologie verschwendet“, sagte eine Sprecherin der Lobbyorganisation Bond Beter Leefmilieu (Bund für eine bessere Lebensumwelt).
Bert Wollants, Abgeordneter und Energieexperte der belgischen Partei Neue Flämische Allianz (N-VA), hätte gern mehr Kernenergie. „Weil die Regierung de Croo an grünen Dogmen festhält, hat sie nur über zwei Reaktoren verhandelt, obwohl inzwischen fast jedem klar ist, dass wir so viele Kernkraftwerke wie möglich in Betrieb halten sollten.“
Zugleich verlangte er eine Verlängerung der Laufzeiten um 20 Jahre. Politiker von Vlaams Belang (VB) monierten ebenfalls die Risiken für die Steuerzahler.
Atomausstieg fraglich
Die Einigung der belgischen Regierung mit dem Stromerzeuger signalisiert Belgiens Ausstieg vom Ausstieg aus der Kernenergie. Damit erhält der föderale europäische Staat eine Technologie, die von ihren Verfechtern als momentan einzige jederzeit verfügbare und zugleich weitgehend CO₂-freie Energieform verteidigt wird.
Die durch die Energiekrise in Europa entstandene Lücke wollte Belgien durch Stromimporte und Gaskraftwerke füllen. Aufgrund der Probleme bei französischen Kernkraftwerken und reduzierten Gaslieferungen aus Russland, erwies sich dieser Plan jedoch als überholt.
Nun rechnet die belgische Regierung damit, dass die beiden Reaktoren Tihange 3 und Doel 4 zumindest für den Winter 2026/2027 Energie liefern können. Dazu müssen die Vorbereitungen schnellstmöglich anlaufen, appellierte der Netzbetreiber Elia.
Mängel bereiten Deutschland Sorgen
In Deutschland sorgen die belgischen Atommeiler aus den 1970er- und 1980er-Jahren immer wieder für Diskussionen, wie die „Deutsche Welle“ berichtet. Der Grund: Diese Reaktoren zeigten bereits mehrfach Mängel, etwa marode Betonteile.
Die Stadt Aachen und die Bundesregierung forderten in der Vergangenheit bereits, die Kernkraftwerke komplett und endgültig stillzulegen. Diese Forderung blieb allerdings erfolglos.
Die deutsche Bundesregierung will bis dato jedoch an ihrem geplanten Ausstieg festhalten. Um die Stromversorgung des Landes besser sichern zu können, einigte sich die Ampel-Koalition auf einen Streckbetrieb seiner letzten drei Kernreaktoren bis Mitte April.
(Mit Material von AFP)
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