„Ampel-Fehler mit Ansage“: Dobrindt fordert Kehrtwende bei Kernenergie
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Ampel-Koalition dazu aufgefordert, die drei noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke in Deutschland weiterlaufen zu lassen. Die Kernenergie erlebe auch in Europa eine Renaissance – und es sei ein „Fehler mit Ansage“, die drei verbliebenen KKW am 15. April abzuschalten.
Im Gespräch mit der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) macht Dobrindt deutlich:
Die Stabilität der Energieversorgung in Deutschland ist dauerhaft nicht gesichert. Die Kernenergie würde dazu einen erheblichen positiven Beitrag leisten können.“
Die geplante Abschaltung werde „bald als großer Fehler offensichtlich werden“.
Kernenergie wird an Bedeutung gewinnen – mit oder ohne Deutschland
Ein von der Bundesregierung in Auftrag gegebener Stresstest wies die KKW als wichtigen Faktor zur Stabilisierung der Energieversorgung Deutschlands im Winter aus. Während die FDP in der Koalition einen Ausstieg aus dem Atomausstieg forderte, hielten die Grünen an ihrer ideologisch begründeten Ablehnung der Kernkraft fest.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte daraufhin von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch. Er verfügte eine Laufzeitverlängerung dreier noch arbeitender KKW bis 15. April. Anschließend solle Deutschland jedoch endgültig aus der Kernenergie aussteigen. Es würde auch keine weitere Anschaffung von Brennstäben für den Weiterbetrieb geben.
Dobrindt hält dies für eine vorschnelle Entscheidung. Das Versorgungsproblem werde sich bis zum nächsten Winter nicht wesentlich ändern – und die Kernenergie erlebe eine Renaissance in Europa. Auch deutsche Unternehmen würden sich daran beteiligen, allerdings derzeit nur in den Nachbarländern. Für den CSU-Politiker eine nicht tragbare Situation:
Sinnvoller wäre es, dass wir unsere eigenen Kapazitäten am Markt halten würden. Deswegen muss dieser Ampel-Fehler mit Ansage, das Abschalten der drei noch laufenden Kraftwerke, zügig rückgängig gemacht werden.“
Voraussetzung dafür sei es allerdings, jetzt zügig zu handeln und die erforderlichen neuen Brennstäbe zu bestellen.
Immer mehr Länder setzen auf Kernenergie für klimaneutrale Versorgung
Tatsächlich haben mehrere Länder inner- und außerhalb der Europäischen Union zuletzt erklärt, ihre Kapazitäten im Bereich der Kernenergie auszuweiten.
So wird die Slowakei – sehr zum Leidwesen des Nachbarlandes Österreich – ihren KKW-Komplex in Mochovce ausbauen. Belgien hat erst jüngst erklärt, seine KKW für weitere zehn Jahre am Netz zu belassen. Und erst im Oktober hat Polen einen Vertrag mit US-Technologiekonzern Westinghouse geschlossen, um das erste Kernkraftwerk des Landes zu errichten.
Außerhalb Europas werden unter anderem die Vereinigten Arabischen Emirate ihr 2007 beschlossenes Kernenergieprogramm forcieren. Zusammen mit einem Partner aus Südkorea hatte man dort 2012 begonnen, das erste Kraftwerk zu errichten. Vorerst sollen vier daraus werden. Für die Emirate stellt die Kernenergie ein wesentliches Element ihrer Strategie zur Klimaneutralität dar.
Zuletzt machte auch Japan deutlich, dass die Kernkraft eine zentrale Rolle bei der Sicherung bezahlbarer Energieversorgung spielen wird. Das durch die Folgen eines Seebebens beschädigte KKW in Fukushima 2011 war der Anlass für die abrupte „Energiewende“ samt Atomausstieg in Deutschland. In Japan selbst denkt man nicht an einen solchen Schritt. Vielmehr will man die bestehenden Meiler runderneuern und weitere errichten – auch um 2050 CO2-neutral zu produzieren.
Energiepreise werden die Inflation weiter anheizen
Knappe und teure Energie in Deutschland könnte die ohnehin befürchtete Rezession im nächsten Jahr verschärfen und die Inflation hoch halten. Die Chefökonomin der KfW-Gruppe, Fritzi Köhler-Geib, erklärte erst jüngst gegenüber der „Deutschen Welle“ (DW):
Mit Blick auf die Konjunktur wird das nächste Jahr schwierig.“
Erst jüngst hat die staatliche Bankengruppe ihre Prognose für 2023 auf ein Minuswachstum der Wirtschaftsleistung von einem Prozent heruntergesetzt. Im Jahr 2022 soll es noch ein Wachstum von 1,7 Prozent geben. Angesichts multipler Krisen, so heißt es, seien Aussagen jedoch schwierig.
Auch Volkswirte der Deutschen Bank wie Marc Schattenberg rechnen nicht mit einer schnellen Beruhigung im Bereich der Inflation. Vielmehr sei diese „gekommen, um zu bleiben“.
Gaspedal und Bremse zugleich gedrückt
Ifo-Chef Clemens Fuest erklärt, dass es in der gegebenen Lage eher aktiver Bemühungen bedürfe, um die Preisentwicklung zu drosseln:
Eigentlich brauchen wir bei hoher Inflation eher eine restriktivere Fiskalpolitik.“
Allerdings würde diese nur noch weiter auf die Konsumbereitschaft drücken, deren Ausbleiben die Wirtschaftsentwicklung zusätzlich lähmt. Zudem seien Maßnahmen geboten, um mittelständischen Unternehmen und vulnerablen Gruppen durch die Krise zu helfen. Von daher seien Maßnahmen wie die Strom- und Gaspreisbremse gerechtfertigt.
Die Europäische Zentralbank wiederum setze ihre kontraktive Geldpolitik fort. Dies mache die Entwicklung noch unberechenbarer:
Das ist so, als würde man im Auto gleichzeitig auf das Gaspedal und die Bremse drücken: Dann fängt das Auto an zu schlingern. In dieser Situation sind wir im Moment.“
Schlechte Geschäftserwartung – gleichzeitig Anstieg der Insolvenzzahlen
Das ifo geht für 2023 von einer weiteren Zunahme der Verbraucherpreise um 6,4 Prozent aus. Die Deutsche Bank rechnet mit 7,5 Prozent. Die Energiepreisbremsen dürften zum leichten Absinken gegenüber dem derzeit zweistelligen Niveau beitragen.
Neben dem Konsum brechen auch andere Stützpfeiler der Wirtschaftsentwicklung weg. Dazu gehört das Baugewerbe. Aber auch generell seien die Geschäftserwartungen der Unternehmen in der Branche auf einen historischen Tiefststand gesunken. Der entsprechende Index wird seit etwa 30 Jahren ermittelt.
Auch Creditreform sieht bittere Zeiten voraus. Zum ersten Mal seit 2009 sei mit einem Anstieg an Insolvenzen zu rechnen. Staatliche Hilfsmaßnahmen und die Aussetzung der Insolvenzmeldepflicht während der Corona-Zeit hätten diese noch künstlich niedriger gehalten. Nun jedoch drohe die Stunde der Wahrheit, deutet Patrik Ludwig Hantzsch, Leiter des Bereichs Wirtschaftsforschung, gegenüber DW an:
Die anhaltende Inflation, die steigenden Zinsen und Energiekosten sowie eine zunehmend verschärfte Wettbewerbssituation gehen vielen Unternehmen an die Substanz.“
(Mit Material der dpa)
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