Washington und Kiew streiten weiter – Hinter den Kulissen wird verhandelt
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump haben in den vergangenen Tagen hitzige Worte ausgetauscht. Trump ging sogar so weit, Selenskyj als „Diktator“ zu bezeichnen und Wahlen in der Ukraine zu fordern.
Der ukrainische Präsident erwiderte, dass Trump wohl russischer Desinformation zum Opfer gefallen sei. Er hat auch die Vorwürfe zu seinen angeblich niedrigen Beliebtheitswerten zurückgewiesen. „Wenn mich jemand gerade jetzt austauschen will, dann klappt das eben jetzt nicht“, unterstrich er.
Selenskyj wurde nun von Trumps Vizepräsident gewarnt, aufzupassen, was er sage. Vor allem, wenn er behauptet, dass der US-Präsident der russischen Propaganda folgen würde. Auch Elon Musk hat sich in die Debatte eingeschaltet.
Trumps Äußerungen haben in Europa Widerstand ausgelöst. Bundeskanzler Olaf Scholz kritisierte Trump. Der französische Präsident Emmanuel Macron und der britische Premierminister Keir Starmer, die beide bereit sind, Friedenstruppen in die Ukraine zu schicken, telefonierten mit Selenskyj und planten, nächste Woche nach Washington zu reisen.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa planen, den dritten Jahrestag des Ukraine-Krieges in Kiew zu begehen. Costa setzte zudem ein Zeichen gegen Äußerungen von Trump, der Selenskyj als nicht demokratisch legitimiert bezeichnet hatte.
In der Zwischenzeit ist Trumps Sondergesandter für die Ukraine in Kiew, um mögliche Wege zur Beilegung des Krieges und zur Unterstützung der Ukraine zu besprechen. In diesem Zusammenhang geht es auch um ein Geschäft, das die USA mit Bodenschätzen versorgen soll.
JD Vance ermahnt Selenskyj
US-Vizepräsident JD Vance warnte den ukrainischen Präsidenten am Mittwoch davor, öffentliche Kritik an Trump zu üben, da dies nach hinten losgehen könne und verurteilte die „grauenhafte“ Reaktion des ukrainischen Präsidenten auf die Friedensgespräche zwischen den USA und Russland.
Vance äußerte sich in einem Interview mit der „Daily Mail“ nur wenige Stunden, nachdem Selenskyj Trump vorgeworfen hatte, in einer „Desinformationsblase“ zu leben, die von Russland gesteuert werde.
„Zu glauben, dass Selenskyj die Meinung des Präsidenten ändern kann, indem er öffentlich in den Medien schlecht über ihn redet. […] Jeder, der Trump kennt, weiß, dass das eine grauenhafte Art ist, mit dieser Regierung umzugehen“, sagte Vance in dem Interview im Weißen Haus.
Bezüglich des Punktes, dass Trump sich Selenskyj zufolge in einer russischen Desinformationsblase befinde, sagte Vance:
„Das ist die politische Linie des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Sie basiert nicht auf russischer Desinformation. Sie basiert auf der Tatsache, dass Donald Trump meiner Meinung nach viel über Geopolitik weiß und eine sehr starke Meinung hat, die er schon seit Langem vertritt.“
Der Vizepräsident sagte auch: „Wir lieben natürlich das ukrainische Volk. Wir bewundern die Tapferkeit der Soldaten.“ Der Präsident aber wolle den Krieg beenden, und darauf liege der Fokus.
Auch Musk schaltet sich in die Debatte ein
Trump-Berater Elon Musk meldete sich auch zu Wort. „Selenskyj kann nicht behaupten, den Willen des ukrainischen Volkes zu vertreten, solange er nicht die Pressefreiheit wiederherstellt und Wahlen ausruft“, so Musk auf seiner Plattform X.
Zudem kritisierte Musk den ukrainischen Staatschef in einem weiteren Beitrag. Darin reagierte er auf einen Artikel der „Daily Mail“, in dem berichtet wurde, dass Selenskyj und seine Frau für die berühmte Fotografin Annie Leibovitz auf dem Cover des „VOGUE“-Modemagazins im Juli 2022 posierten, während in seinem Land Krieg herrschte.
„Er hat das getan, während Kinder in Schützengräben an der Front starben“, schrieb er in seinem Beitrag.
He did this while kids are dying in trenches on the war front pic.twitter.com/NPhDz3cP46
— Elon Musk (@elonmusk) February 20, 2025
Trumps Streit mit Selenskyj spaltet die eigene Partei?
Inmitten der angespannten Diskussionen scheint Trumps Aussage, der ukrainische Präsident sei ein „Diktator ohne Wahlen“, jedoch nicht nur in Europa und der Ukraine für Spannungen gesorgt zu haben. Mehrere republikanische Politiker haben sich von Trumps Aussage distanziert.
So auch Trumps ehemaliger Vizepräsident, Mike Pence, der am Mittwoch auf X schrieb:
„Herr Präsident, die Ukraine hat diesen Krieg nicht ‚begonnen‘. Russland hat eine nicht provozierte und brutale Invasion gestartet, die Hunderttausende Menschenleben gefordert hat. Der Weg zum Frieden muss auf der Wahrheit aufbauen.“
Der neue Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, John Thune, sagte Reportern nur, dass „der Präsident für sich selbst spricht“, berichtete „Axios“.
Der republikanische Abgeordnete Don Bacon betonte in einem Social-Media-Post, dass „Putin Kriegsverbrechen begangen hat, Putin der Diktator ist“. Andere Republikaner wie Senator Josh Hawley stimmten jedoch mit Trumps Aussagen überein und forderten auch Wahlen in der Ukraine.
Putin: Verstehe die „Hysterie“ nicht
Während europäische Staats- und Regierungschefs ihre Unterstützung für Selenskyj bekundeten, kam aus Moskau eine ganz andere Reaktion. Putin betonte, dass Russland und die USA zuerst bilaterale Fragen besprechen sollten.
„Was wird die Ukraine tun? Wird sie sich mit uns an einen Tisch setzen und vermitteln?“, stellte Putin am Donnerstag eine rhetorische Frage. Er fuhr fort: „Wahrscheinlich nicht. Was soll dann diese ganze Hysterie? Diese Hysterie ist sinnlos“, sagte er laut der russischen Nachrichtenagentur „TASS“, wie „Merkur“ berichtete.
Dmitri Peskow betonte, dass die Position der Regierung Trump für Russland günstiger sei als die Position der vorherigen Regierung. Der russische Kremlsprecher sagte auch, dass Russland mit den Vereinigten Staaten darin übereinstimme, dass es besser sei, die Situation in der Ukraine friedlich zu lösen. „Wir glauben auch, dass alle Ziele mit friedlichen Mitteln erreicht werden sollten, vorzugsweise durch Verhandlungen“, so Peskow.
Selenskyj betont konstruktive Zusammenarbeit mit den USA
Nach dem hitzigen Schlagabtausch mit Trump berichtete der ukrainische Präsident am Mittwochabend über Vorbereitungen für den dreitägigen Besuch des US-Sondergesandten für die Ukraine, Keith Kellogg, in Kiew.
„Viele Treffen und Besprechungen – Militärkommando, Geheimdienst, Kabinett – alles in Vorbereitung auf die Gespräche mit dem Vertreter von Präsident Trump, General Kellogg“, schrieb er in seinem Beitrag auf X.
In dem Video kündigte Selenskyj persönliche Gespräche mit Kellogg an. Dabei sei es „entscheidend, dass dieses Treffen – und unsere gesamte Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten – konstruktiv bleibt“.
Der Staatschef sagte auch, dass gemeinsam mit Amerika und Europa ein gesicherter Frieden erreicht werden kann. Und betonte, dass „dieses Ziel vor allem aber auch von unseren Partnern geteilt werden muss, nicht nur von uns“.
Es sind bisher keine weiteren Informationen über das Treffen zwischen Selenskyj und Kellogg am Donnerstag bekannt geworden. Die gemeinsame Pressekonferenz wurde abgesagt. Kellogg wird jedoch bis Freitag in der Ukraine bleiben, wie geplant.
Deal hinter den Kulissen?
Der Nationale Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Michael Waltz, sagte am Donnerstag, die Ukraine müsse ihre Kritik an den USA abmildern und das Geschäft über Mineralien unterzeichnen.
„Wir haben den Ukrainern eine wirklich unglaubliche und historische Gelegenheit geboten“, sagt der Berater und fügt hinzu, dass dies die „beste Sicherheitsgarantie“ sei, die sie sich erhoffen könnten.
In der vergangenen Woche lehnte Selenskyj jedoch den Vorschlag der USA ab, Washington 50 Prozent der wichtigen ukrainischen Bodenschätze zu überlassen. Diese reichen von Grafit über Uran und Titan bis hin zu Lithium, einem wichtigen Bestandteil von Elektroautobatterien.
Die Mineralien wären für die USA die Garantie dafür, dass sich ihre Beihilfen für Kiew auszahlen würden. Laut „Reuters“ sei US-Präsident Donald Trump daher selbst auch daran interessiert, ein Abkommen mit der Ukraine zu schließen.
Trumps Sondergesandter für die Ukraine ist diese Woche in Kiew, nicht zuletzt um die Bedingungen eines solchen Abkommens zu besprechen.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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