Schlagabtausch zwischen Trump und Selenskyj – Kreml zufrieden mit den Verhandlungen
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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist mit dem US-Präsidenten Donald Trump in einen heftigen Schlagabtausch geraten.
Selenskyj war nicht zu den ersten amerikanisch-russischen Gesprächen in Saudi-Arabien zum Ukraine-Krieg eingeladen worden. Dieses Vorgehen wurde von ihm auch lautstark kritisiert.
Auf einer Pressekonferenz am Dienstag plädierte Trump dann für neue Präsidentschaftswahlen in der Ukraine und fügte hinzu, dass Selenskyj nur noch 4 Prozent Unterstützung in der ukrainischen Bevölkerung genieße.
Laut dem ukrainischen Staatschef sei Trump nun in die russische Falle getappt.
Wladimir Putin hat das Treffen mit US-Diplomaten in Saudi-Arabien hingegen als „ersten Schritt“ einer möglichen Wiederannäherung Russlands an die USA bezeichnet. Er schätze die Gespräche „positiv“ ein, sagte der russische Präsident am Mittwoch während eines Besuchs in einer Drohnenfabrik in St. Petersburg.
Russland müsse aber noch mehr Vertrauen zu den USA aufbauen, um ein Ende des Konflikts zu erreichen, betonte Putin. „Es ist unmöglich, viele Probleme zu lösen, einschließlich der Ukraine-Krise, ohne das Vertrauen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten zu stärken.“
Unterdessen traf Trumps Sondergesandter am Mittwoch zu Gesprächen in Kiew ein.
Selenskyj fordert stärkere Unterstützung von Trump
Am Dienstag, 18. Februar, führten US-Außenminister Marco Rubio und der russische Außenminister Sergej Lawrow Gespräche in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens. Bei dem Treffen hatten Washington und Moskau Verhandlungen zur Beilegung ihrer Differenzen und zur schnellen Beendigung des Ukraine-Kriegs vereinbart.
Während die amerikanisch-russischen Gespräche stattfanden, traf der ukrainische Präsident mit dem türkischen Präsidenten in Ankara zusammen. Hier ging es unter anderem über den Austausch von Gefangenen mit Russland. Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte sich nämlich zuvor aktiv für die Freilassung von ukrainischen Gefangenen eingesetzt.
Auf einer anschließenden Pressekonferenz kritisierte Selenskyj scharf den Ausschluss Kiews von den Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zwischen seinem Land und Russland.
„Ich würde mir wünschen, dass Trump mehr auf unserer Seite steht. Viele Republikaner und Demokraten unterstützen uns. Ich möchte diese Unterstützung nicht verlieren“, sagte Selenskyj laut der türkischen Nachrichtenagentur „Anadolu“.
„Putin tötet Ukrainer, nicht Amerikaner“
Selenskyj warf zudem der neuen US-Regierung unter Trump vor, durch ihr Vorgehen über die Köpfe der Europäer und Ukrainer hinweg Putin aus der Isolation befreit zu haben.
Aber „wenn sie [die Amerikaner] sagen: ‚Das sind unsere Pläne zur Beendigung des Krieges‘, wirft das für uns Fragen auf. Wo stehen wir?“. Denn die USA sollten nicht aus den Augen verlieren, dass „Putin Ukrainer tötet, nicht Amerikaner“, sagte Selenskyj.
Der ukrainische Präsident betonte die Bedeutung von Sicherheitsgarantien. „Wenn die NATO keine Option ist, über welche Sicherheitsgarantien reden wir dann?“, sagte er. Dabei bezog er sich auf die Tatsache, dass die US-amerikanische Führung wiederholt angedeutet hat, dass sie eine Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO nicht für realistisch hält.
Vor diesem Hintergrund sei auch der US-Vorschlag, Washington Zugang zu den Seltenen Erden in der Ukraine zu gewähren, nicht fair, so Selenskyj. Er halte Trumps Forderungen für übertrieben. „Ich verteidige die Ukraine, ich kann unser Land nicht verkaufen. Das ist alles“, sagte er mit Bezug auf Trumps Vorschlag, den USA im Gegenzug für ihre Unterstützung bevorzugten Zugang zu Rohstoffen in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar zuzugestehen.
Darüber hinaus sollte nicht nur die Europäische Union, sondern der gesamte europäische Kontinent in den Friedensgesprächen vertreten sein, betonte er.
Trump ist „sehr enttäuscht“ von Selenskyj
„Ich bin sehr enttäuscht“, sagte Trump. Er habe gehört, dass Kiew sich darüber empöre, „keinen Platz“ am Gesprächstisch bekommen zu haben, sagte Trump auf die Frage nach der ukrainischen Reaktion.
„Heute habe ich gehört: ‚Oh, wir wurden nicht eingeladen.‘ Nun, ihr seid seit drei Jahren dort […] Ihr hättet nie damit anfangen sollen. Ihr hättet einen Deal machen können“, sagte er offenbar an Selenskyj gerichtet.
In seinen Ausführungen am Dienstagabend in Florida erhöhte Trump auch den Druck auf Selenskyj, Wahlen abzuhalten. „Sie wollen einen Platz am Tisch, aber man könnte sagen – sollte nicht das ukrainische Volk ein Mitspracherecht haben?“ Dies sei „keine russische Sache“. „Das ist etwas, das von mir kommt, von anderen Ländern“, sagte er.
Selenskyj wurde im Jahr 2019 für eine fünfjährige Amtszeit gewählt. Wegen des in der Ukraine noch immer geltenden Kriegsrechts ist er weiter im Amt.
„Wir haben eine Situation, in der es in der Ukraine keine Wahlen gab, in der in der Ukraine praktisch das Kriegsrecht herrscht, in der der Anführer der Ukraine – ich sage es nur ungern, aber er hat eine Zustimmungsrate von nur 4 Prozent – und in der ein Land in Trümmer gelegt wurde. Die meisten Städte liegen in Trümmern. Die Gebäude sind eingestürzt. Es sieht aus wie auf einer riesigen Abrissbaustelle.“
Selenskyj: Trump lebt in Desinformationsblase
Selenskyj erwiderte, dass Trump wohl russischer Desinformation zum Opfer gefallen ist. Er hat auch die Vorwürfe zu seinen angeblich niedrigen Beliebtheitswerten zurückgewiesen. „Wenn mich jemand gerade jetzt austauschen will, dann klappt das eben jetzt nicht“, unterstrich er bei einer Pressekonferenz in Kiew am Mittwoch und verwies auf angebliche Zustimmungswerte von über 50 Prozent in mehreren ukrainischen Umfragen.
Werte von 4 Prozent seien russische Desinformation, so Selenskyj. „Leider lebt Präsident Trump, bei allem Respekt für ihn als Führer einer Nation, die wir sehr respektieren, in einer Desinformationsblase“, sagte er.
Er warnte zudem vor einem „Kreis von Fehlinformation um Präsident Trump“, dem auch Vertreter angehören, die mit der ungarischen und slowakischen Regierung in Verbindung stehen, berichtete der britische „Guardian“.
Trump: „Ein mäßig erfolgreicher Komiker“ hat die USA überredet, in einen Krieg zu ziehen
Trump reagierte am Mittwochnachmittag erneut auf Selenskyjs jüngste Aussagen. In seinem Beitrag in den sozialen Medien schrieb er:
„Denkt mal darüber nach, ein mäßig erfolgreicher Komiker, Wolodymyr Selenskyj, hat die Vereinigten Staaten von Amerika dazu überredet, 350 Milliarden Dollar auszugeben, um in einen Krieg zu ziehen, der nicht gewonnen werden kann. In einen Krieg, der niemals hätte begonnen werden dürfen, aber einen Krieg, den er, ohne die USA und ‚TRUMP‘ niemals beenden könnte.“
Trump betonte, dass die USA 200 Milliarden US-Dollar mehr ausgegeben haben als Europa und während „Europas Geld garantiert ist, […] wird die USA nichts zurückbekommen“. Daran sei Joe Biden schuld, der keine Garantien gefordert habe.
Er fügte hinzu: „Darüber hinaus gibt Selenskyj selbst zu, dass die Hälfte des Geldes, das wir ihm geschickt haben, ‚verschwunden‘ ist.“
Der US-Präsident nannte Selenskyj einen „Diktator, der nicht gewählt wurde“ und der „einen schrecklichen Job gemacht hat“. Das Einzige, was er gut könne, sei, „auf Biden wie auf einer Geige zu spielen“.
Trump sagte auch, dass die Amerikaner inzwischen erfolgreich über ein Ende des Krieges mit Russland verhandelten. Bisher habe niemand sonst es schaffen können, Frieden zu bringen.
Lawrow zeigt sich optimistisch nach Gesprächen in Riad
Während das Weiße Haus viel Kritik aus der Ukraine erntet, kamen lobende Worte aus Moskau. Außenminister Lawrow lobte Trump ausdrücklich dafür, dass dieser den Ukraine-Konflikt auf eine frühere US-Unterstützung für einen NATO-Beitritt der Ukraine zurückgeführt hat.
Trump sei der erste und bislang einzige westliche Führungspolitiker, der öffentlich gesagt habe, dass „eine der Ursachen für die ukrainische Situation die unverschämte Linie der vorherigen US-Regierung war, die Ukraine in die NATO aufnehmen zu wollen“, sagte Lawrow im russischen Parlament am Mittwoch.
Trump sei der erste „und meiner Meinung nach bisher einzige westliche Führer, der öffentlich und laut gesagt hat, dass eine der Ursachen für die ukrainische Situation die unverschämte Linie der vorherigen US-Regierung war, die Ukraine in die NATO aufnehmen zu wollen“, sagte der… pic.twitter.com/EErnpJkdFd
— Epoch Times Deutsch (@EpochTimesDE) February 19, 2025
Lawrow pries Trump auch für dessen Kritik am ukrainischen Staatschef. Trump sei ein Mensch mit einer „direkten Sprache“, betonte der Minister.
„Wie die gestrigen Gespräche gezeigt haben, gibt es erste Ansätze für eine Normalisierung der Beziehungen in alle Richtungen. Zumindest gibt es eine Bereitschaft, eine erklärte Bereitschaft, diese Bewegung zu starten. Und zwar nicht nur, um die Ukraine-Krise zu lösen, sondern auch, um die Voraussetzungen für die Wiederherstellung und den Ausbau der Partnerschaft zwischen der Russischen Föderation und den Vereinigten Staaten in den Bereichen Handel, Wirtschaft und Geopolitik zu schaffen“, wurde der Außenminister von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur „TASS“ zitiert.
Der nächste Schritt ist bereits im Gange
Trump wird sich eigenen Angaben zufolge „wahrscheinlich“ noch vor Ende des Monats mit Putin treffen.
In der Zwischenzeit ist Keith Kellogg, der Sondergesandte von US-Präsident Donald Trump für die Beziehungen zwischen der Ukraine und Russland, am Mittwoch in der Ukraine eingetroffen. Während seines dreitägigen Besuchs soll er auch Selenskyj treffen. „Das gibt uns die Chance, gute und sinnvolle Gespräche zu führen“, sagte Kellogg gegenüber „Reuters“.
Der Sondergesandte gab auch zu verstehen, dass er Kiews Bedenken nachvollziehen könne, dass das Land, das 2022 von Russland angegriffen wurde, Sicherheitsgarantien brauche. Der Diplomat versicherte der Ukraine, dass er ihre Bedenken und Kommentare in Washington zur Sprache bringen werde.
(Mit Material der Nachrichtenagenturen)
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