Temperaturmessungen verzerrt: Der Wärmeinseleffekt in Städten

Eine unabhängige Forschergruppe sieht eine Verstärkung des Wärmeinseleffekts. Welchen Einfluss haben aufgeheizte Städte auf die Erderwärmung? Und was braucht eine Stadt, um diesen Effekt zu reduzieren?
Wärmeinseleffekt: Kommt mehr als die Hälfte der Erderwärmung durch Verstädterung?
Städte wie hier Frankfurt am Main sind in der Regel wärmer als ländliche Regionen.Foto: Xurzon/iStock
Von 17. Juli 2024

Wer mit seinem Auto schon einmal von einer ländlichen Gegend in das Zentrum einer größeren Stadt gefahren ist, konnte ein deutliches Ansteigen der Außentemperaturanzeige um einige Grad Celsius beobachten. Oder einen entsprechenden Temperaturrückgang beim Verlassen einer Großstadt. Hierbei wird auch vom sogenannten städtischen Wärmeinseleffekt gesprochen.

Urbane Regionen strahlen mehr Wärme ab als ländliche Gegenden. Er entsteht einerseits deswegen, weil es in städtischen Gegenden viel mehr Fahrzeuge gibt. Wenn sie fahren, erzeugen sie Abwärme durch einen Verbrennermotor. Durch weitere mechanische Prozesse entsteht Reibung und somit ebenfalls Abwärme. Weitere urbane Wärmeemittenten sind Industrieanlagen, Kraftwerke und nahezu alle Gebäude. Auch größere Menschenmassen geben mehr Wärme ab.

Der Hauptgrund ist jedoch, dass Städte viele betonierte oder geteerte Flächen haben, die sich bei Sonneneinstrahlung deutlich stärker aufheizen als Grünflächen.

Der Mangel an Grünflächen und Pflanzen in Stadtgebieten verstärkt zudem den Erwärmungseffekt, wie eine Gruppe unabhängiger Wissenschaftler aus den USA schildert. Diese sind für das „Center for Environmental Research and Earth Sciences“ (Zentrum für Umweltforschung und Erdwissenschaften, CERES) tätig.

Demnach kühlen Pflanzen die direkte Umgebung, indem sie feine Wassertröpfchen abgeben. Verdunstung erfordert Wärme, die sie der Umgebung entzieht – die Pflanzen „schwitzen“.

Wärmeinseleffekt: Kommt mehr als die Hälfte der Erderwärmung durch Verstädterung?

Temperaturprofil an einem Sommertag in der Stadt. Im Stadtzentrum ist es wärmer als in den grüneren Randgebieten. Foto: Herbert Bolz, CC BY 4.0, via Wikimedia Commons

Wärmeinseleffekt verzerrt Temperaturmessung

Der Wärmeinseleffekt wurde nicht erst vor Kurzem entdeckt. Bereits in den 1820er-Jahren – also vor zwei Jahrhunderten – hat der Pharmakologe und Apotheker Luke Howard das Klima von London analysiert. Howard beschäftigte sich intensiv mit Meteorologie. Er erkannte damals, dass urbane Regionen wärmer waren als ländliche.

Heutzutage bestimmen Wissenschaftler die Temperatur an der Erdoberfläche anhand der Daten von Wetterstationen. Sie beobachten einerseits die Daten einzelner Regionen und leiten davon ab, ob es dort in bestimmten Zeiträumen jeweils wärmer oder kälter wird. Andererseits tragen sie die Temperaturen von allen Wetterstationen der ganzen Welt zusammen und bestimmen so die weltweite Durchschnittstemperatur.

Wärmeinseleffekt

Wetterstationen befinden sich häufig in Stadtgebieten, wie hier auf einem Hausdach. Foto: Lev Karavanov/iStock

CERES betrachtet es jedoch als problematisch, dass sich heute inzwischen mehr als die Hälfte der verwendeten Messstationen in städtischem Gebiet befinden. Denn: Nur zwei bis vier Prozent der weltweiten Landfläche seien städtisches Gebiet. „Diese unverhältnismäßige Repräsentation kann zu einer sogenannten urbanen Verzerrung führen“, so die Forschergruppe.

Das Zwischenstaatliche Gremium für Klimawandel (IPCC) habe in einem Bericht mitgeteilt [S. 324], dass die urbane Verzerrung weniger als zehn Prozent beträgt. Einige Wissenschaftler bemängelten jedoch, dass die Einschätzung des IPCC zu niedrig ist. Die CERES-Gruppe schätzt den Effekt auf die Landoberflächentemperatur durch die Verstädterung hingegen auf bis zu 40 Prozent ein.

Der Klimaforscher Dr. Roy Spencer geht sogar von einem Effekt von bis zu 57 Prozent in städtischen Gebieten aus. Dazu stellte er vor Kurzem auf der 16. Internationalen Klima- und Energiekonferenz in Wien einige Zahlen vor. Diese zeigten, wie in der folgenden Tabelle dargestellt: je größer die Bevölkerungsdichte einer Region, desto höher die Erwärmung dieser Gegend und desto stärker der Wärmeinseleffekt.

Mehr Menschen, mehr Erwärmung? So zeigt es der Anteil der städtischen Erwärmung in den USA. Foto: ts/Epoch Times nach Dr. Roy Spencer

Dr. Soon: Klimawandel findet lokal statt

Wenn überproportional viele Messeinrichtungen in wärmeren Gebieten stehen, verfälsche dies die weltweiten Temperaturtrends. Durch das Wachstum vieler Städte befinden sich einige Wetterstationen zudem heute inzwischen in urbanem Gebiet, die vor einigen Jahrzehnten noch von ländlicher Kulisse umgeben waren.

In Summe ist die globale Erwärmung ohne die Messwerte aus urbanen Regionen nach Ansicht von CERES um mehr als 30 Prozent geringer als angegeben. Das bedeutet, dass die wärmeren Messwerte in den städtischen Gebieten die „globale Erwärmung“ signifikant beeinflussen.

Der Astrophysiker Dr. Willie Soon sagte dazu: „Der IPCC-Bericht hat die Rolle von natürlichen Faktoren, einschließlich der Sonne, seit vielen Jahrzehnten heruntergespielt.“ Der US-amerikanische Raumfahrtingenieur teilte mit, dass der Temperaturverlauf der ländlich gelegenen Wetterstationen sich auch in der Meerestemperatur und dem Verhalten von Gletschern und Baumringen spiegele.

Auch Satellitendaten zeigten dieses. Soon bestätigte zudem, dass es einen „vom Menschen verursachten Klimawandel“ gibt – bezogen auf die städtischen Daten. „Aber das ist ein lokaler Klimawandel, kein globaler.“ Jenseits der urbanen Erwärmung liefere die Veränderung der Sonne eine bessere Erklärung für die Erwärmungs- und Abkühlungsphasen der Erde seit dem 19. Jahrhundert, schilderte der Astrophysiker.

Dr. Connolly: Gefahr durch urbane Hitzewellen

Die Erwärmung in den Städten habe laut CERES erhebliche Auswirkungen auf ihre Einwohner. Seit dem Jahr 2011 betrifft das die Mehrheit aller Menschen auf der Erde.

Dr. Michael Connolly, ebenfalls tätig für CERES, äußerte seine Bedenken zum Wärmeinseleffekt. „Die Hitzewellen in den Städten nehmen zu. Das ist etwas völlig anderes als der globale Klimawandel und hat nichts mit Treibhausgasen zu tun.“ Stattdessen habe sich der Wärmeinseleffekt verstärkt. „Diese Hitzewellen wirken sich drastisch auf die Gesundheit aus und mit der zunehmenden weltweiten Verstädterung wird es noch schlimmer“, sagte Connolly.

Connolly appellierte an die Regierungen dieser Welt, dem Problem des Wärmeinseleffektes Beachtung zu schenken. Connolly schlug vor, dass die Regierungen nur zehn Prozent von dem, was sie für Klimamaßnahmen bereitstellen, zur Minderung des Wärmeinseleffektes investieren sollten. „Das wäre weitaus hilfreicher, um den lokalen Klimawandel zu bekämpfen, den die meisten Menschen tatsächlich erleben“, so der unabhängige Wissenschaftler.

Die CERES-Gruppe ist der Ansicht, dass die globale Klimapolitik mit ihrem Fokus auf die Reduzierung der Treibhausgase den falschen Ansatz verfolgt.

Was hilft gegen den Wärmeinseleffekt?

Als eine der effektivsten Maßnahmen nennt CERES die Anlegung von möglichst vielen Grünflächen in Stadtgebieten. Es könnten Bäume entlang von Straßen gepflanzt oder Wiesen und Sträucher auf ebenen Hausdächern angelegt werden. Dadurch ließen sich Hitzewellen abmildern.

Wärmeinseleffekt

Eine umfangreiche Dachbegrünung soll Hitzewellen in Städten vorbeugen. Foto: weareadventurers/iStock

Mehr Grünflächen in Städten sorgen nicht nur für kühlere Temperaturen. Ebenso sollen sie die Luftqualität verbessern und Lufterholungsbereiche für die Einwohner schaffen.

Zudem könnten die Hausdächer mit Dachmaterialien versehen werden, die das Sonnenlicht weitestgehend reflektieren. Nach Ansicht der Wissenschaftler können auch wasserdurchlässige Gehwege den Wärmeinseleffekt weiter abmildern, indem sie das Regenwasser an Ort und Stelle versickern lassen, statt es über die Kanalisation abzuführen. So kann die Oberfläche durch spätere Verdunstung abkühlen.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion