Viktor Orbán: „SPD ist heute die ungarnfeindlichste Partei Europas“
Im Rahmen seines jüngsten Arbeitsbesuches in Berlin hat Ungarns Premierminister Viktor Orbán mit der „Budapester Zeitung“ ein ausführliches Interview geführt. Darin hat er die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Ungarn grundsätzlich als intakt beschrieben. Die Politik drohe jedoch das gute Verhältnis zu belasten, das zwischen beiden Ländern auf wirtschaftlicher und menschlicher Ebene herrsche.
Orbán lobt gutes Zusammenleben mit Ungarndeutschen
„Die deutsche Welt rückt immer mehr nach links“, fasste Orbán die Eindrücke zusammen, die er im Rahmen seiner Besuche in den Jahren 2018 bis heute gewonnen habe. Der Zustand, in dem sich Deutschland befinde, weiche „sehr stark von dieser Welt ab, in der wir in Ungarn leben und in der wir weiterhin leben wollen“. Es bedürfe daher „großer Kraftanstrengungen“, um die Unterschiede zwischen den beiden Ländern auf immer mehr Gebieten zu überbrücken.
Ungarns Premierminister machte einmal mehr deutlich, dass Ungarn einer Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip in der Außenpolitik der EU nicht zustimmen werde. Dies würde dazu führen, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam ihre Position auf Kosten kleinerer Länder durchsetzen könnten. Für diese bedeute dies eine nicht hinzunehmende Einschränkung ihrer Souveränität.
Orbán machte deutlich, dass es in Ungarn keine antideutschen Ressentiments gebe und in Ungarn lebende Deutsche ihre gesamte Bildungskarriere in deutscher Sprache durchziehen könnten.
Ungarn sei eines der wenigen Länder in Mitteleuropa, in denen es gegenüber den Deutschen eher positive als negative Gefühle gebe. Die Ungarndeutschen seien geschätzte und akzeptierte Bürger des Landes. Auch die Zusammenarbeit zwischen privatwirtschaftlichen Unternehmen funktioniere großartig.
Keine Zusammenarbeit mit der AfD – „zwischenstaatliche Beziehungen wichtiger“
Auf dem Gebiet der Politik trennten beide Länder jedoch Welten – dies zeige sich nicht zuletzt auch an den Regierungsprogrammen. Die beiden Regierungen müssten neben den offensichtlichen Unterschieden Punkte finden, wo Zusammenarbeit möglich wäre. Orbán macht sich dabei eigenen Angaben zufolge wenig Illusionen:
Die den Kanzler stellende SPD ist heute die ungarnfeindlichste Partei Europas. Unter solchen Umständen bedarf es natürlich großer Kraftanstrengungen, um die deutsch-ungarischen Beziehungen zu pflegen.“
Aber auch die CDU und sogar die CSU machten wenig Hoffnung auf ein Anknüpfen an die Ära unter Helmut Kohl und Otto Graf Lambsdorff. Die CDU sei aus ungarischer Perspektive eine linke Partei und die EVP eine linke Parteienfamilie.
Das Problem ist, dass sie nicht nur links, sondern sogar doktrinär links ist. Sie kann sich die Zusammenarbeit mit anderen nur so vorstellen, dass alle ihre Türen nach links geöffnet und die nach rechts geschlossen sind.“
Eine Zusammenarbeit mit der AfD sei nicht angedacht, so Orbán. Dies sei die Konsequenz der deutschen Verhältnisse. Ungarn strebe gute zwischenstaatliche Beziehungen an, egal, ob Union oder SPD in Berlin regierten. Würde Ungarn mit der AfD zusammenarbeiten, würde dies diese beeinträchtigen.
Ungarische Gesellschaft „pluralistischer, freier und friedlicher als die deutsche“
Orbán erklärte weiter, Deutschland zu respektieren und sich deshalb auch mit Kritik zurückzuhalten. Dennoch sei der woke Weg Deutschlands, der immer häufiger auch mit Druck auf Andersdenkende oder deren Geschäftspartner einhergehe, keine Option für Ungarn:
Im Vergleich zu Deutschland ist Ungarn inzwischen eine Insel des Friedens und der Freiheit. In Deutschland herrscht mittlerweile eine liberale Hegemonie. In der Öffentlichkeit hat nur ein einziges Narrativ Raum. Wer davon abweicht, der existiert für diese Öffentlichkeit nicht mehr. In Ungarn haben wir hingegen im öffentlichen Dialog eine pluralistische Struktur. […] Die ungarische Gesellschaft ist wesentlich pluralistischer, freier und friedlicher als die deutsche.“
Ungarn habe aus der kommunistischen Erfahrung gelernt, dass die Politik friedlich bleiben und der Einsatz von Gewalt bei der politischen Auseinandersetzung unbedingt vermieden werden müsse. Provokationen und Belehrungen aus Deutschland weiche Orbán bewusst aus. Er empfinde es „nicht als zielführend, die politischen Spannungen mit Deutschland noch weiter zu erhöhen“. Kooperation sei viel wichtiger.
Orbán: Wokismus-Flüchtlinge in Ungarn gern gesehen
Dennoch wünsche er sich, dass sich auch die politischen und medialen Kräfte in Deutschland darüber klar würden, dass ihre Einmischung in Ungarn auf starke negative Resonanz stoße. Das sei insbesondere vor dem Hintergrund von Belang, dass es ein Kontinuum der ungarischen Geschichte sei, sich gegen externe Einmischungen zur Wehr zu setzen.
Ungarn habe sich weder von den Osmanen noch von den Habsburgern noch von Nazis oder Sowjets Vorgaben machen lassen, wie man zu leben habe. Man werde auch keine Diktate durch die deutsche Linke und das Europaparlament befolgen:
Wenn so etwas passiert, dann formiert sich in Ungarn instinktiv Widerstand.“
Vor einer ethnischen Verschiebung durch Westeuropäer, die der woken Hegemonie durch eine Verlagerung des Wohnsitzes nach Ungarn entgehen wollten, habe Orbán keine Angst:
Die Westeuropäer, die frei und in einem anderen Milieu leben wollen als bei ihnen zuhause, sollen ruhig weiter zu uns ziehen. Wir empfangen sie hier mit offenen Armen. Ungarn ist ein Land, in dem viel mehr Menschen leben könnten, als momentan hier leben. Wir freuen uns, wenn Ausländer, denen unsere Denkweise sympathisch ist, zu uns kommen.“
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