Ukrainische Truppen „befreien“ einige Vororte wichtiger Städte
Die ukrainischen Truppen haben die russischen Streitkräfte aus einigen Vororten Kiews und Charkiws vertrieben. Die Stadt Irpin im Nordwesten der Hauptstadt sei „befreit worden“, sagte der ukrainische Innenminister Denys Monastyrsky am Montagabend im Fernsehen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in seiner abendlichen Videoansprache, es sei „noch zu früh, um von Sicherheit in diesem Teil unserer Region zu sprechen“. „Die Kämpfe gehen weiter.“ Die Russen kontrollierten nach wie vor die Gebiete im Norden Kiews.
Der Hauptkontrollposten an der Straße von Kiew nach Irpin war am Montag wieder offen. Er war vor zwei Wochen nach dem Tod eines US-Journalisten für Medien gesperrt worden. Nach Angaben von AFP-Journalisten vor Ort dauerten die Kämpfe nahe Irpin am Montag aber an. Es seien rund 20 laute Explosionen von Granaten in einem Wald entlang der sechs Kilometer langen Straße zu hören gewesen.
Der Vorort im Nordwesten von Kiew war in den vergangenen Wochen Schauplatz heftiger Kämpfe gewesen. Als der Vormarsch der russischen Truppen auf Kiew ins Stocken geriet, wurde Irpin massiv bombardiert.
Journalisten der AFP besuchten am Montag auch den westlichen Vorort Stojanka, wo einige Bewohner nach heftigen Kämpfen wieder in ihre Häuser zurückkehrten. Soldaten warnten jedoch vor russischen Scharfschützen.
Die Lage ist „angespannt“
Wie Selenskyj betonte, bleibt die militärische Lage in den Regionen Tschernihiw, Sumy, Charkiw, im Donbass und im Süden der Ukraine „überall angespannt, sehr schwierig“. Er fügte hinzu, dass die russischen Truppen am Montag keinen „humanitären Korridor zugelassen“ hätten.
In der südlichen Stadt Mykolajiw beruhigte sich die Lage nach wochenlangem heftigen Beschuss etwas. „Der Feind ist geschwächt, desorientiert, die meisten haben keine logistische Unterstützung mehr und sind vom Großteil der Truppen abgeschnitten“, erklärte der ukrainische Generalstab in der Nacht zum Dienstag.
In Charkiw, der zweitgrößten Stadt der Ukraine, fanden AFP-Journalisten im schwer zerstörten Stadtteil Saltiwka am nordöstlichen Stadtrand nur noch wenige Menschen vor, die in Kellern hausten. Im Vorort Mala Rogan sahen die Journalisten nach der Rückeroberung durch ukrainische Truppen die Leichen zweier russischer Soldaten sowie zerstörte russische Panzer.
Wagner-Gruppe im Osten
Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, forderte die internationale Gemeinschaft in der Nacht zum Dienstag auf Facebook auf, „alle möglichen Maßnahmen“ zu ergreifen, um die russischen Truppen aus der Umgebung des stillgelegten Atomkraftwerks Tschernobyl zu vertreiben. Sie beschuldigte die Russen, Atomkraftwerke als „Schutzschild“ und „Mittel zur Beeinflussung des Kriegsverlaufs“ zu nutzen und damit „absichtlich ganz Europa“ zu gefährden. Sie wies insbesondere darauf hin, dass dort gelagerte Munition explodieren könnte.
Das britische Verteidigungsministerium teilte am Montagabend mit, dass russische Söldner der Gruppe Wagner im Osten der Ukraine eingesetzt würden. Schätzungen zufolge könnten demnach mehr als 1000 Söldner für Kampfeinsätze entsandt werden. Russlands „Schattenarmee“ wird mit Krisenregionen wie Syrien, Libyen, der Zentralafrikanischen Republik und zuletzt auch Mali in Zusammenhang gebracht. Moskau bestreitet jegliche Verbindung zu ihr. Den Söldnern werden schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen, darunter Folter und gezielte Tötungen. (afp/red)
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