Trotz Teilboykotts der EU-Finanzminister ein „erfolgreiches Treffen“ in Ungarn

Am Wochenende fand in Budapest ein informelles Treffen der EU-Finanzminister statt. Während die internationale Presse von einem erfolgreichen Boykott zahlreicher Mitgliedsländer spricht, nennt die ungarische Regierung es ein „erfolgreiches Treffen“. Was genau wurde in Budapest erreicht?
Titelbild
Finanzminister Mihály Varga hält eine Rede bei einem informellen Treffen von EU-Finanz- und -Wirtschaftsministern im Bálna-Veranstaltungszentrum in Budapest am 13. September 2024.Foto: MTI/Tibor Illyés
Von 17. September 2024

Am 13. und 14. September trafen sich die EU-Finanz- und -Wirtschaftsminister zu einem informellen Treffen in Budapest. Nur ein Drittel der 27 Minister, darunter Ungarns Finanzminister Mihály Varga, nahm persönlich teil. Der diplomatische Boykott wurde durch die sogenannte Friedensmission des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán zu Beginn der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft Anfang Juli ausgelöst. Besonders verärgert waren Brüssel und viele Mitgliedstaaten über das nicht abgesprochene Treffen des Premiers mit Wladimir Putin in Moskau.

Auf einer Pressekonferenz nach der Veranstaltung sagte Minister Mihály Varga über den Boykott, dass „kreative Ideen vorgebracht wurden, um den ungarischen Ratsvorsitz zu blockieren, aber trotzdem waren alle Mitgliedstaaten und die Zentralbanken fast aller Mitgliedstaaten auf hohem Niveau vertreten“.

Der Minister betonte außerdem, dass aufgrund des informellen Charakters des Treffens ohnehin keine Entscheidungen getroffen werden konnten. Die Abwesenheit der Kollegen, die das Treffen boykottierten, war daher kein Hindernis. Die informelle Art des Treffens bot Varga zufolge jedoch die Gelegenheit, wichtige wirtschaftliche Fragen im Detail zu besprechen, wie die Nachrichtenagentur MTI berichtete.

Im Mittelpunkt der Gespräche standen die grüne Transformation, die Wettbewerbsfähigkeit der EU und Pläne zur Bewältigung der Bevölkerungsalterung.

Ungarn: Alle Mitgliedstaaten waren vertreten

Im Vorfeld des Treffens erklärte der ungarische Finanzminister, es sei „unwürdig und bedauerlich“, dass die „konstruktive Haltung“ der ungarischen Regierung nicht von allen Seiten erwidert wird. Die ungarische Regierung engagiere sich jedoch weiterhin für den Dialog.

Varga sagte, dass viel darüber berichtet worden sei, wer alles nicht anwesend war und was in Budapest nicht besprochen wurde. Seine Gültigkeit habe das Treffen aber dennoch gehabt. Die ferngebliebenen Politiker wurden ja alle von ihren Staatssekretären vertreten. Auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner ließ sich vertreten. Im Wesentlichen waren also alle EU-Mitgliedstaaten repräsentiert.

Varga nannte außerdem die Chefs des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), der Europäischen Investitionsbank (EIB) und anderer führender Finanzorganisationen, die in Budapest anwesend waren.

Wettbewerbsfähigkeit der EU verbessern

Eines der Hauptthemen des Treffens war die Klimaneutralität. Um dieses EU-Ziel bis 2050 zu erreichen, sind erhebliche Investitionen erforderlich. Schätzungen zufolge müssten die Ausgaben im Vergleich zu der Zeit vor der Corona-Epidemie verdoppelt werden, so Varga.

Ein weiteres zentrales Thema beim Treffen war das Wirtschaftswachstum der EU. Dieses sei im Vergleich zu anderen Ländern und Regionen „sehr schwach“, so Varga. Es liege irgendwo zwischen 0,5 und 1 Prozent. Währenddessen wachse die Wirtschaft der USA etwa fünfmal so stark wie die der EU und die Chinas etwa zehnmal so stark.

Als Ursache für die wirtschaftlichen Herausforderungen hob der Minister den Krieg in der Ukraine hervor. „Diese Zahlen zeigen uns auch, dass Europa am meisten unter den negativen Auswirkungen des Krieges auf die Weltwirtschaft leidet.“ Varga betonte die Bedeutung davon, Frieden zu schaffen.

Europas alternde Bevölkerung und Migration

Bei dem Treffen in Budapest wurde auch die Problematik der Überalterung der europäischen Bevölkerung im Zusammenhang mit der Wettbewerbsfähigkeit diskutiert. Wie dieser demografische Wandel aufgehalten werden könne, sei auch eine wichtige Frage für die finanzielle Stabilität.

Varga nannte das ungarische System der Familienpolitik als Beispiel dafür, wie man das Problem angehen könne. Nach Daten aus dem Jahr 2022 liege Ungarn bei der Geburtenrate bereits auf Platz 6 in der EU, während es vor 15 Jahren noch auf dem letzten Platz 27 lag.

Die Familienpolitik in Ungarn sieht Darlehen für Familien beim Kauf eines Eigenheims und einen Erlass der Einkommensteuer auf Lebenszeit für Frauen vor, die mindestens vier Kinder gebären und aufziehen. Die ungarische Regierung konzentriert sich auch auf die Wiederbelebung lokaler Gemeinden und des ländlichen Raums, was helfe, ein kinderfreundliches Umfeld zu schaffen.

Varga betonte auch, dass die Migration keine Lösung für das Demografieproblem sei. Dementsprechend sprachen Minister davon, unterentwickelte Länder mehr zu unterstützen, besonders beim Schuldenmanagement. Die ungarische Position sei, dass diese Form der Unterstützung die lokalen Bedingungen in den Ländern, aus denen die Migranten nach Europa kommen, deutlich verbessern würde.

Dadurch würde eine Win-Win-Situation entstehen, die neben den Problemen des betroffenen Drittstaates auch die Migrationsprobleme reduzieren würde.



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