Stoltenberg will mehr Geld für NATO – Weber fordert EU-Verteidigungsunion

Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO für die Verteidigungsausgaben hält Generalsekretär Stoltenberg für ausbaufähig. Mehrere Staaten wollen strengere Vorgaben.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Brüssel.Foto: Thierry Monasse/dpa
Von 3. Januar 2023

An dieser Stelle wird ein Podcast von Podcaster angezeigt. Bitte akzeptieren Sie mit einem Klick auf den folgenden Button die Marketing-Cookies, um den Podcast anzuhören.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hält mit dem Zwei-Prozent-Ziel des Militärbündnisses das Ende der Fahnenstange für noch nicht zwingend erreicht. Bis 2024 sollten dem zehn Jahre zuvor vereinbarten Ziel zufolge alle Mitgliedstaaten mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung ausgeben.

Am 11. und 12. Juli wird in Litauens Hauptstadt Vilnius der nächste reguläre Gipfel des Bündnisses stattfinden. Bis dahin will Stoltenberg Ministertreffen und Gespräche in den Hauptstädten aller Mitgliedstaaten führen.

IW rechnet nicht mit langfristiger deutscher Zielerreichung

Noch nicht alle NATO-Staaten erfüllen bislang die Vorgabe. Deutschland etwa erreichte trotz der sogenannten Zeitenwende und des im Vorjahr beschlossenen Sondervermögens für die Bundeswehr nur etwa 1,44 Prozent.

Die 100 Milliarden Euro für diesen Sonderfonds wird einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) nur kurzfristig für eine Steigerung sorgen. In den Jahren 2024 und 2025 könnte Deutschland demnach das Zwei-Prozent-Ziel erreichen. Allerdings rechnen die Forscher schon für die darauf folgenden Jahre wieder mit einem Rückgang auf 1,8 beziehungsweise sogar 1,2 Prozent.

Während Deutschland chronisch um das Erreichen des Zwei-Prozent-Ziels kämpft, geht dieses einigen Mitgliedstaaten der NATO immer noch nicht weit genug. Stoltenberg erklärt dazu gegenüber der „Deutschen Presse-Agentur“:

 

Einige Verbündete sind entschieden dafür, aus dem gegenwärtigen Zielwert von zwei Prozent einen Mindestwert zu machen.“

Ziel der NATO würde Deutschland knapp 85 Milliarden Euro abverlangen

Neben Großbritannien haben sich vor allem Staaten wie Polen und Litauen für einen Ausbau des Zwei-Prozent-Ziels ausgesprochen. Sie begründen den Vorstoß mit dem Krieg in der Ukraine. Beide Länder fühlen sich in besonderem Maße von der Russischen Föderation bedroht.

Gemessen am BIP von 2021 würde Polen das Zwei-Prozent-Ziel mit einem Verteidigungsetat von 13,48 Milliarden Euro erfüllen. Litauen müsste demgegenüber etwa 1,3 Milliarden Euro aufbringen. Gleichzeitig müsste Deutschland schon knapp 85 Milliarden Euro für seinen Verteidigungshaushalt einplanen, um der Vorgabe zu genügen.

Im Jahr 2021 betrug der Haushalt des Bundesverteidigungsministeriums auf der Grundlage des damaligen Nachtragshaushaltsgesetzes 46,9 Milliarden Euro. Die deutsche Bundesregierung weist jedoch in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Ausgaben für Friedenssicherung und Entwicklungszusammenarbeit ebenfalls zu berücksichtigen seien. Die zivile Friedenssicherung sei ebenfalls ein Beitrag zur kollektiven Sicherheit, argumentieren auch ihre Verteidiger.

Protagonisten höherer Ziele profitieren von EU-Haushalt

Gleichzeitig gehören jene Länder, die derzeit am vehementesten auf eine Ausweitung des Zwei-Prozent-Ziels drängen, zu den größten Nettoprofiteuren des EU-Verteilungsmechanismus. Jüngsten Berechnungen der Deutschen Presse-Agentur zufolge steuert Deutschland einen Nettobetrag von etwa 25,1 Milliarden Euro zum Gemeinschaftshaushalt bei. Indirekt profitieren davon auch osteuropäische Mitgliedstaaten entlang der Grenze zu Russland.

Polen ist demgegenüber mit einem Betrag von etwa 11,8 Milliarden Euro der nominell größte Nettoempfänger innerhalb der EU. Litauen ist der größte Nettoprofiteur pro Kopf aus dem Haushalt der EU. Großbritannien ist unterdessen mit dem Brexit als Nettozahler an die EU ausgefallen.

In der Tendenz sind es demnach Länder, die entweder von einer Nichtmitgliedschaft in der EU oder einer Nettoempfänger-Position profitieren, die nun gerne mehr für die NATO ausgeben wollen.

Stoltenberg hält höherer Verteidigungsausgaben für unvermeidlich

Innerhalb der NATO stehen neben Deutschland auch Belgien und Kanada dem Ansinnen Polens und Litauens kritisch gegenüber. Auf Verständnis stoßen sie allerdings bei Stoltenberg selbst. Er betont, eine weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben lasse sich kaum vermeiden:

 

Die NATO ist dafür da, dafür zu sorgen, dass ein Konflikt wie der in der Ukraine nicht über die Ukraine hinaus eskaliert. Dafür brauchen wir glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung, und deshalb müssen wir mehr in unsere Sicherheit investieren.“

Es sei „natürlich […] immer einfacher, in Bildung oder Infrastruktur zu investieren“, so der Generalsekretär. Die Friedenssicherung sei jedoch die Voraussetzung, um wirtschaftlichen Wohlstand zu sichern und die Folgen des Klimawandels erfolgreich bekämpfen zu können.

 

„Wenn die Welt gefährlicher wird, müssen wir mehr investieren, um Krieg zu verhindern.“

Stoltenberg erklärt, dem Ergebnis des Gipfels von Vilnius nicht vorgreifen zu wollen. Allerdings gehe er davon aus, dass sich „alle Verbündeten darüber im Klaren“ seien, dass der Krieg in der Ukraine „Investitionen in die Verteidigung noch wichtiger“ mache.

Weber will moderne NATO-Panzer für die Ukraine

Unterdessen fordert der Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, eine deutlich intensivere militärische Zusammenarbeit in der EU. Gegenüber der „Mediengruppe Bayern“ (Dienstagsausgaben; 3. 1.) erklärte er:

 

Die EU-Staaten müssen jetzt endlich den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion angehen.“

Vorerst bedeute das gemeinsame EU-Regeln für den Export von Rüstungsgütern, damit eine gemeinsame europäische Wehrindustrie entstehe. Außerdem erklärte Weber:

 

Und wir brauchen gemeinsame Projekte wie den Aufbau eines Raketenschutzschirms für die EU. Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron sind gerade dabei, eine historisch entscheidende Weichenstellung zu verpassen.“

Zudem müsse die Bundesregierung „mit den NATO-Partnern die Lieferung von modernen Panzern“ an die Ukraine koordinieren. Neue und bessere Waffen für die Ukraine seien „aktuell leider die beste Möglichkeit, zügig zurück zum Frieden zu kommen“.

(Mit Material von dpa und AFP)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion