Volksentscheid: Schweizer stimmen für CO2-Neutralität bis 2050
Die Schweizer haben in einem Referendum für ein Gesetz gestimmt, das ihr Land bis 2050 CO2-neutral machen soll. Nach der Auszählung fast aller Stimmen sprachen sich am Sonntag fast 59 Prozent für das sogenannte Klima- und Innovationsgesetz aus. Die Wähler stimmten zudem mit überwältigender Mehrheit für eine Mindeststeuer von 15 Prozent für große, international tätige Unternehmen. Die Wahlbeteiligung bei den Referenden lag bei etwa 42 Prozent.
Das Klima und Innovationsgesetz sieht vor, den Verbrauch von Erdöl und Erdgas schrittweise zu reduzieren, erneuerbare Energien auszubauen und klimafreundliche Heizungen zu fördern. Alle maßgeblichen Parteien und die Bundesregierung befürworteten das Gesetz – außer der Schweizerischen Volkspartei (SVP). In ihren Kampagnen warnte die SVP vor Stromknappheit und wirtschaftlichem Ruin.
Öl und Erdgas importiert die Schweiz komplett
Der renommierte Schweizer Gletscherforscher Matthias Huss begrüßte „das starke Signal“, das von der Abstimmung ausgehe. Im Onlinedienst Twitter zeigte er sich „sehr glücklich, dass die Argumente der Klimawissenschaft gehört wurden“. Die sozialdemokratische Abgeordnete Valérie Piller Carrard feierte das Ergebnis als „wichtigen Schritt für kommende Generationen“.
Energie ist seit langem ein heikles Thema in der Schweiz, die etwa drei Viertel ihres Bedarfs durch Importe deckt. Öl und Erdgas bezieht die Schweiz komplett aus dem Ausland. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine warf ein Licht auf diese Abhängigkeiten.
Das neue Gesetz sieht finanzielle Unterstützung in Höhe von zwei Milliarden Schweizer Franken über ein Jahrzehnt vor, um den Austausch von Gas- oder Ölheizsystemen durch klimafreundliche Alternativen zu fördern. Auch sollen Unternehmen mit Finanzhilfen zu grünen Innovationen bewegt werden.
Menschen auf dem Land stimmten anders ab als die Städter
Die SVP gab sich am Sonntag enttäuscht. Kampagnenleiter Michael Graber sagte der Zeitung „20 Minuten“, dass „die Rechnung für die Annahme dieses Gesetzes erst viel später vorgelegt wird“. Die SVP, die ein ähnliches Gesetz vor zwei Jahren blockiert hatte, wies zudem daraufhin, dass die Unterstützung sehr uneinheitlich sei.
In ländlichen Regionen stimmten offnbar weniger Menschen für das Vorhaben. Sieben von 26 Kantonen stellten sich gegen das Gesetz. In städtischen Gegenden hingegen war die Unterstützung besonders stark – in Genf etwa sprachen sich fast 75 Prozent für die Pläne aus.
Einheitlicher war die Zustimmung am Freitag bei der Volksabstimmung über eine Verfassungsänderung, die den Plan der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G20 umsetzen soll, große international tätige Unternehmen mit einem Steuersatz von mindestens 15 Prozent zu besteuern.
Bisher haben viele Kantone einige der weltweit niedrigsten Steuersätze für Konzerne. Sie argumentieren, dass diese notwendig seien, um trotz hoher Löhne und Standortkosten Unternehmen anzulocken. Die Schweizer Regierung schätzt, dass die neue OECD-Mindeststeuer zwischen einer und 2,5 Milliarden Schweizer Franken in die Kassen spülen würde. (afp)
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