Scholz stärkt Bande mit Kasachstan: Öl, Gas und mehr für Deutschland

Kasachstan ist schon jetzt der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands in Zentralasien. Der Kanzler sieht weiteres Potenzial. Doch wie riskant ist der neue Rohstoff-Deal?
Für Kanzler Scholz (links) ist das zentralasiatische Kasachstan vor allem als Rohstoff-Lieferant interessant. Bei seinem Besuch geht es aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Für Kanzler Scholz (links) ist das zentralasiatische Kasachstan vor allem als Rohstoff-Lieferant interessant. Bei seinem Besuch geht es aber auch um den Ukraine-Krieg.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times16. September 2024

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) strebt eine engere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit der ölreichen ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan an. Er wolle „alles dafür tun, dass wir die Möglichkeiten verbessern für wirtschaftliche Beziehungen“, sagte Scholz bei einem Treffen mit dem kasachischen Präsidenten Kassym-Schomart Tokajew in der Hauptstadt Astana. Er hob vor allem die „belastbare, präzise und kontinuierliche Zusammenarbeit“ im Rohstoff-Bereich hervor.

Öllieferungen an PCK-Raffinerie verlängert

Kasachstan ist mit einem Anteil von 11,7 Prozent der drittgrößte Öllieferant Deutschlands nach Norwegen und den USA und hat den Ausfall russischer Lieferungen an die PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt nach dem Angriff auf die Ukraine teilweise kompensiert.

Am Rande des Besuchs wurde eine Verlängerung dieser Lieferungen – bisher 100.000 Tonnen Rohöl pro Monat – vereinbart. „Die Bundesregierung begrüßt die weitere Belieferung der PCK-Raffinerie über 2024 hinaus“, sagte ein Regierungssprecher dazu. „Wir danken Kasachstan für die Unterstützung.“

Tokajew: „Neues Niveau“ der Beziehungen

Tokajew sagte, der Besuch des Kanzlers werde die Beziehungen beider Länder „auf ein neues Niveau“ bringen. „Unsere bilaterale Kooperation wird im Geiste einer strategischen Partnerschaft ausgebaut.“

Während des Besuchs wurden auch Abkommen zur Kooperation der kasachischen Nationalbank mit der Bundesbank sowie zur Gründung eines Instituts für Wissenschaft und Technologie an der Deutsch-Kasachischen Universität in Almaty und einer deutschsprachigen Schule unterzeichnet.

Land mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten

Kasachstan mit seinen 20 Millionen Einwohnern ist das flächenmäßig neuntgrößte Land der Erde und Deutschlands wichtigster Wirtschaftspartner in der Region. Vor allem dank des Handels mit den wichtigen Nachbarn Russland und China verzeichnet das Land seit Jahren ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum.

Die Bundesregierung ist nicht nur an Öl, sondern auch an den Gasvorkommen in Kasachstan interessiert und perspektivisch an Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird. Das von Tokajew autoritär geführte Land verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold.

Gemeinsame Pressebegegnung kurzfristig abgesagt

Wie die anderen autoritär geführten Staaten der Region steht auch Kasachstan wegen der Menschenrechtslage in der Kritik. Presse- und Meinungsfreiheit sind stark eingeschränkt. Eine ursprünglich geplante gemeinsame Pressebegegnung von Tokajew und Scholz wurde von kasachischer Seite kurzfristig abgesagt. In Usbekistan, der ersten Station des Kanzlers auf seiner dreitägigen Reise, war von vorneherein keine gemeinsame Pressebegegnung geplant.

Spagat zwischen Russland und dem Westen

Für die zentralasiatischen Staaten sind erweiterte Beziehungen mit dem Westen ein Spagat. Einerseits sind sie wirtschaftlich eng mit Russland verflochten. Andererseits betonen sie, dass sie das Sanktionsregime der westlichen Staaten gegen Russland unterstützen. Wie ernst es Kasachstan damit meint, ist aber fraglich.

Exporte von dort nach Russland sind seit Beginn des Ukraine-Krieges teils deutlich angestiegen. Das nährt den Verdacht, dass Unternehmen westlicher Staaten gezielt versuchen, Wirtschaftssanktionen gegen Russland auf dem Umweg über diese Länder zu umgehen. Kasachstan hat eine mehr als 7.600 Kilometer lange Grenze zu Russland – eine der längsten Landgrenzen weltweit.

Scholz dringt auf Einhaltung der Sanktionen

Scholz machte bereits am Montag in Usbekistan deutlich, dass er die Umgehung der Sanktionen während seiner Reise thematisieren wolle. „Das ist für uns ein Prinzip, und wir besprechen das immer und auch immer wieder, damit wir im Interesse der Zielsetzung, die wir mit den Sanktionen verfolgen, eine gute Praxis erreichen“, sagte er.

Scholz in Usbekistan: Fachkräfte sind „ herzlich willkommen“

In Usbekistan hat der Kanzler um Fachkräfte und Rohstoffe für deutsche Unternehmen geworben. Die am Vortag unterzeichnete Migrationspartnerschaft werde den Zuzug von Fachkräften nach Deutschland ermöglichen, sagte Scholz am Montag in Samarkand. „Sie sind herzlich willkommen“, fügte er an. Zudem solle „zum Wohl der Volkswirtschaften beider Länder“ an der Ausbeutung von Rohstoffen in Usbekistan gearbeitet werden.

Auch der Ostausschuss der Deutschen Wirtschaft betonte angesichts von Scholz‘ Reise nach Usbekistan und Kasachstan die Bedeutung der Region. „Die Staaten in Zentralasien spielen eine entscheidende Rolle für die Energiewende“, erklärte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Christian Bruch. „Die Region verfügt nicht nur über wertvolle Rohstoffe (…), sondern sie bietet auch ideale Bedingungen für die Erzeugung erneuerbarer Energie und bildet junge, motivierte Fachkräfte aus, die wir in Deutschland dringend benötigen.“

Und der Ostausschuss-Geschäftsführer Michael Harms erklärte: „Generell sind die Staaten Zentralasiens mit zusammen 80 Millionen Einwohnern verlässliche Partner und interessante Zukunftsmärkte für die EU und Deutschland.“

Insbesondere Kasachstan sei bereits ein wichtiger Erdöllieferant und könne künftig eine wichtige Rolle bei der Versorgung der europäischen Industrie mit Grünem Wasserstoff spielen, erklärte der Ostausschuss. „Entsprechende Projekte deutscher Unternehmen sind bereits in der Umsetzung.

Umgekehrt können deutsche Technologien dazu beitragen, die Energieintensität in Zentralasien durch Investitionen in moderne Kraftwerke, energieeffiziente Industrieanlagen und Gebäude zu senken.“ Mitglieder des Ausschusses sowie Unternehmensvertreter begleiten Scholz auf der Reise.

Der Kanzler war am Sonntag zu dem dreitägigen Besuch in der Region aufgebrochen. Erste Station war Samarkand, wo er die politische Führung Usbekistans traf und ein Migrationsabkommen unterzeichnete. Am Montag ging es für Scholz weiter nach Kasachstan. (dpa/afp/red)



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