Polens Außenministerium schlägt Orbán vor, NATO und die EU zu verlassen
Das polnische Außenministerium hat dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán am Wochenende nahegelegt, dass Ungarn doch aus der EU und der NATO austreten könnte. Der stellvertretende polnische Außenminister Władyslaw Teofil Bartoszewski sagte:
Wenn Sie nicht Teil eines Klubs sein wollen, können Sie ihn jederzeit verlassen.“
Dies war eine Reaktion auf die Rede des ungarischen Ministerpräsidenten am Samstag, 27. Juli, bei der Bálványos-Sommeruniversität in Bad Tuschnad (Băile Tușnad) in Siebenbürgen, einer Region Rumäniens mit hohem ungarischen Bevölkerungsanteil.
Orbán kritisierte Polen und warf dem Land vor, mithilfe der USA Deutschland überholen zu wollen.
Er warf auch der polnischen Führung Heuchelei vor, weil sie die Ungarn wegen ihrer wirtschaftlichen Beziehungen zu Russland kritisiere. Warschau mache auch Geschäfte mit Russland, um Öl zu kaufen, „aber über Mittelsmänner, und das belebt tatsächlich die polnische Wirtschaft“.
Die Franzosen, so Orbán, hätten die Ungarn im vergangenen Monat beim Kauf von Gas aus Russland überholt, „aber sie belehren Ungarn wenigstens nicht mit moralischen Argumenten“.
Orbán: „Glauben Sie nicht, dass der deutsche Bundeskanzler den Verstand verloren hat“
In seiner jährlichen Rede sprach Orbán unter anderem über die laufende Umstrukturierung Europas und die Bedeutung Polens und Deutschlands.
Bis vor einiger Zeit, so Orbán, habe die Achse Berlin–Paris die europäische Politik dominiert. Nun aber, so der Ministerpräsident, habe ein neues Machtzentrum und eine neue Achse diese Rolle übernommen: London, Warschau, Kiew, die baltischen Staaten und Skandinavien, und dies mit amerikanischer Unterstützung.
Polen sei eingeklemmt zwischen Deutschland und Russland. Und um aus dieser Situation herauszukommen, „laden die Polen die Amerikaner ein“. Damit werde Polen aber „zum amerikanischen Stützpunkt Nummer eins in Europa“.
Das ist ein alter Plan: Russland schwächen und fortschrittlicher werden als Deutschland“, erklärte Orbán.
Und in der deutschen Politik, so Orbán, könne man die Auswirkungen dieses Prozesses deutlich sehen.
„Glauben Sie nicht, dass der deutsche Bundeskanzler den Verstand verloren hat, wenn er ankündigt, dass er nur Helme in den Krieg schickt und dann eine Woche später verkündet, nein, wir schicken Waffen. Und glauben Sie auch nicht [dass er den Verstand verloren hat], wenn er ankündigt, es wird Sanktionen geben, aber Energie gehört sicher nicht dazu, und dann zwei Wochen später steht er selbst an der Spitze der Sanktionspolitik. Das Gegenteil ist der Fall! Er ist bei klarem Verstand“, so der Ministerpräsident.
Die Deutschen, betonte Orbán, „wissen, dass die Amerikaner und die von ihnen beeinflussten liberalen Meinungsmacher eine deutsch-französische Politik, die nicht den amerikanischen Interessen entspricht, mit der öffentlichen Meinung bestrafen werden“.
Worüber Orbán noch sprach
Orbán sagte, der Ukraine-Krieg sei nicht nur ein regionaler Konflikt, sondern Teil einer sich verändernden Weltordnung, die neue geopolitische und wirtschaftliche Realitäten schaffe. Das globale Machtzentrum verlagere sich nach Asien.
Eine Präsidentschaft von Donald Trump bezeichnete er als „letzte Chance“ für die USA, ihre Führungsrolle zu behalten. Trump sei auch ein wichtiger Akteur für den Frieden. Wenn die Europäische Union nicht vor den US-Präsidentschaftswahlen auf eine „Politik des Friedens“ umschwenke, werde sie dies nach einem Wahlsieg Trumps zwangsläufig tun müssen, so Orbán.
Die EU sei zu schwach und zu zerstritten, um eine eigenständige Strategie zu entwickeln und daher in Gefahr, betonte Orbán. Er kritisierte die EU-Führung, die seiner Meinung nach nicht in der Lage sei, die Krise effektiv zu bewältigen.
Brüssel folge „bedingungslos der Parteipolitik der Demokraten in den USA, auch um den Preis der Selbstzerstörung“. Europa müsse zur Stärkung der Nationalstaaten und zur Wahrung der Souveränität zurückkehren und sich gleichzeitig an die neue Weltordnung anpassen.
Die Fähigkeit Europas, Kapital anzuziehen, könne wiederhergestellt werden. „Wir können wichtige Infrastrukturen entwickeln, insbesondere in Mitteleuropa, und wir brauchen ein europäisches Militärbündnis mit einer starken europäischen Verteidigungsindustrie, sowie in der Forschung und Innovation.“
Von zentraler Bedeutung sei auch eine europäische Energieautarkie, die laut Orbán ohne Kernenergie nicht möglich sei. Nach dem Krieg müsse es eine neue Energiekooperation mit Russland geben.
Reaktionen aus Polen
Der polnische Vizeaußenminister sagte am Sonntag, Orbáns Rede sei ein Angriff auf Polen, die USA, die Europäische Union und die NATO.
Bartoszewski bestritt, dass Polen Geschäfte mit Russland mache. Die ungarische Regierung befinde sich mit ihrer Politik hingegen „am Rande der internationalen Gesellschaft, sowohl in der Europäischen Union als auch in der NATO“, so der Politiker.
Er sagte auch, dass Orbáns Rede vom US-Botschafter in Budapest „sehr negativ“ kommentiert worden sei.
Bartoszewski erwähnte auch, dass Ungarn derzeit auch die Rückerstattung von fast 500 Millionen Euro für polnische Militärlieferungen an die Ukraine mit einem Veto blockiere, und stellte die Frage, warum Orbán nicht einen Staatenverbund mit Russland bilde.
Auch der polnische Außenminister kritisierte Orbáns Rede in einem Interview mit „Visegrad Insight“. Radosław Sikorski merkte an, dass „jeder die Souveränität so betrachtet, wie er es für richtig hält“ und dass „die polnische Führung nicht zulassen würde, dass chinesische Polizisten auf den Straßen Warschaus patrouillieren“.
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