Orbán verstärkt Maßnahmen gegen „ausländische Einmischung“

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán begrüßte kürzlich in seiner traditionellen Rede zur Lage der Nation, dass die neue US-Regierung einen „korrupten und repressiven Machtapparat“ – der mit dem Geld der US-Steuerzahler betrieben wurde – entlarvt hätte.
Er bezog sich dabei auf die US-Entwicklungshilfebehörde USAID. Im Rahmen der Tätigkeit von Elon Musk und seiner Arbeitsgruppe für staatliche Ausgabenkürzungen (DOGE) kam zum Vorschein, dass USAID-Programme Projekte in aller Welt unterstützt hätten, die von den US-Republikanern als verschwenderisch und linkspolitisch eingestuft werden.
USAID startete Ende 2022 neue Programme in Mitteleuropa, die Initiativen zur Stärkung demokratischer Institutionen und unabhängiger Medien unterstützen sollten.
Orbán wird vorgeworfen, dass er die ungarische Medienlandschaft in den vergangenen 14 Jahren so umgestaltet hat, um regierungskritische Medien zu schwächen. Die Kontrolle über die Medien soll ihm geholfen haben, die letzten drei Wahlen mit Erdrutschsiegen zu gewinnen.
„Ausländische, liberale Einmischung“
Laut Orbán wurde das Geld der US-Steuerzahler dazu verwendet, sich in die Angelegenheiten in Ungarn einzumischen. Nun müsse die ungarische Regierung rechtliche Schritte einleiten, um die „ausländische liberale Einmischung“ in Ungarns nationalen Angelegenheiten zu stoppen. Zu diesem Zweck würde Orbán eng mit Washington zusammenarbeiten.
„Wir werden einen Regierungsgesandten in die Vereinigten Staaten schicken und alle Daten und Beweise über Ungarn sammeln“, sagte Orbán am 22. Februar in Budapest. Er fügte hinzu, dass die Regierung noch vor Ostern „für Ordnung sorgen“ werde.
All dies geschieht im Vorlauf zu den Parlamentswahlen, die nächstes Jahr in Ungarn anstehen. Dabei warnt Orbán auch davor, dass „ausländische Mächte“ hinter den wachsenden Oppositionskräften Ungarns stehen.
Anfang vergangenen Jahres hatte die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die ungarische Regierung in Brüssel wegen eines Gesetzes gegen ausländische Einflussnahme eingeleitet. Die Behörde sieht ernsthafte Bedenken wegen einer Bedrohung der demokratischen Verhältnisse und der Meinungsfreiheit im Land. Im Oktober ging dann die Kommission vor den Europäischen Gerichtshof wegen Verstoß gegen die EU-Grundrechtecharta.
Was genau will Orbán bekämpfen?
Orbán hat einem „ausländischen Netzwerk“ den Kampf angesagt. In seiner Rede wies er darauf hin, dass ungarische Journalisten, Richter und Staatsanwälte, Politiker, Stiftungen und Bürokraten Teil einer „riesigen Maschinerie sind, die in der gesamten westlichen Welt eine liberale Meinungsdiktatur und politische Unterdrückung betreibt“.
„Im Namen von Toleranz, Vielfalt, Sensibilisierung, Zivilgesellschaft, Chancengleichheit und Rechtsstaatlichkeit“, so Orbán, diene diese Maschinerie in Wirklichkeit ganz anderen Zwecken.
„Sie war genau das, als was wir Ungarn sie immer gesehen haben: eine robuste Finanz- und Machtmaschine, die geschaffen wurde, um die Freiheit und Unabhängigkeit der Nationen zu zermalmen, zu zerquetschen und wegzumeißeln, damit das ‚Imperium‘ fortbestehen kann“, sagte Orbán.
Die ungarische oppositionsnahe Presse kommentierte die Aussage des Ministerpräsidenten mit den Worten, Orbán beziehe sich „offensichtlich auf diejenigen in- und ausländischen Akteure, die das Handeln der ungarischen Regierung kritisieren und mit ihrem illiberalen Ansatz in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht einverstanden sind“.
Diese Organisationen und Personen hätten finanzielle Unterstützung für ihre Aktivitäten aus dem Ausland erhalten, hauptsächlich aus den USA und der EU. Nach Ansicht des Premierministers dienten sie deswegen „eindeutig ausländischen Interessen, den Interessen des ‚Imperiums‘“.
Über dieses ‚Imperium‘ sagte Orbán in seiner Rede, es habe seinen Hauptsitz in Washington und Brüssel und ein Depot in Ungarn. Letzteres habe die ungarische Regierung nun ins Visier genommen.
Ungarische Opposition im Aufwind
Im vergangenen Jahr ist in Ungarn eine neue politische Kraft entstanden, die Orbán gefährlich werden könnte. Die von Péter Magyar, dem Ehemann der ehemaligen Justizministerin von Orbán, geführten Partei TISZA hat sich in der Politik schnell einen Namen gemacht. Als ehemaliger Insider hat Magyar umstrittene Informationen über die angebliche Korruption von Orbáns Regierung durchsickern lassen und in den vergangenen Monaten für Skandale im Land gesorgt.
Laut einigen Umfragen liegt TISZA als stärkste Oppositionspartei derzeit vor der Fidesz-Regierungspartei.

Péter Magyar spricht bei einer Demonstration gegen Ungarns Regierung in Budapest. Foto: Denes Erdos/AP/dpa
Bei einer Demonstration im März 2024 hatte sich Magyar deutlich gegen die EU-Politik Orbáns ausgesprochen. In Ungarn herrsche eine „Oligarchie“, die das Land ruiniere, sagte Magyar damals. Ungarn müsse sich wieder seinen westlichen Verbündeten annähern, die Staatsanwaltschaften und Medien des Landes müssten wieder unabhängig von der Politik werden. Magyar sprach sich zudem für den Beitritt Ungarns zur Europäischen Staatsanwaltschaft aus – gegen die Orbán sich sperrt.
Orbán: Die ungarische Opposition wird missbraucht
Orbán wies in seiner Rede Ende Februar auch darauf hin, dass TISZA trotz ihrer Gründung im vergangenen Jahr jedoch nicht wirklich neu sei.
„Wir sollten nie vergessen, dass unser wahrer Gegner nicht die Opposition in Ungarn ist, sondern ihr Herr. Die ungarische Opposition erfüllt nur ein Mandat, sie dient nur dem kaiserlichen Willen, der sie finanziert, ernährt und anweist. Wie oft haben wir sie in unserer Geschichte schon in verschiedenen Formen gesehen“, sagte er.
Hinter der Opposition stecke nämlich unter anderem die EU, so Orbán. „Brüssel ist nur daran interessiert, eine Regierung in Ungarn zu haben, die ihm untertan ist.“ Er verwies auch auf die Oppositionsführer der vergangenen Jahre, die seiner Meinung nach auch von Brüssel und den USA unterstützt wurden.
Magyar ist Mitglied des Europäischen Parlaments, nachdem er im vergangenen Jahr bei den Europawahlen als TISZAs Spitzenkandidat gewählt wurde. Er wird von Orbán auch als „Undercover-Agent Brüssels“ bezeichnet, da er in manchen Fragen, in denen Orbán Brüssel widerspricht, das Gegenteil vertritt. So unterstützt er zum Beispiel den Beitritt der Ukraine zur EU und auch den EU-Migrationspakt.
Magnitsky-Gesetz
Im Wesentlichen zielen die geplanten Maßnahmen der Regierung auf legal operierende Organisationen ab, die keine Straftaten begehen, deren Aktivitäten die Regierung aber als Bedrohung für die nationale Sicherheit ansieht.
Um diesen angeblichen ausländischen Einfluss einzudämmen und künftige Einmischungsversuche zu verhindern, diskutiert Ungarns Regierung nun über ein neues Gesetz „nach dem Vorbild des amerikanischen Magnitsky-Gesetzes“, so Orbán am 22. Februar.
Bisher ist noch nicht viel über den Gesetzesentwurf bekannt. In einem Artikel weist die Oppositionszeitung „telex“ darauf hin, dass eine Gesetzgebung nach dem Vorbild des US-amerikanischen Magnitsky-Gesetzes theoretisch ähnliche Sanktionen bedeuten könne wie jene, die die USA gegen Organisationen oder Einzelpersonen verhängen, die sie für ein nationales Sicherheitsrisiko halten.
Allerdings gilt das Magnitsky-Gesetz in den USA im Wesentlichen für Ausländer. Es könne in Ungarn demnach zum Beispiel dazu verwendet werden, die Visa bestimmter ausländischer Personen oder Organisationen zu sperren oder finanzielle Sanktionen gegen sie zu verhängen.
Es stellt sich jedoch die Frage, inwieweit die Regierung Orbáns willens oder in der Lage ist, ein solches Gesetz zu nutzen, um gegen ungarische Organisationen und Einzelpersonen vorzugehen.
Verteidigung der Souveränität?
Budapest versucht angebliche ausländische Einmischung im Namen der Verteidigung der Souveränität in der Tat schon seit Jahren zu bekämpfen. Dies tut die Regierung besonders mithilfe einer zu diesem Zweck speziell eingerichteten Behörde. Das Amt für Souveränitätsschutz wurde durch das im Dezember 2023 verabschiedete Souveränitätsgesetz geschaffen.
Laut Fidesz „sind seit Jahren Einflussversuche erkennbar, bei denen ausländische Organisationen und Einzelpersonen versuchen, ihre eigenen Interessen im Land durchzusetzen, und zwar gegen ungarische Interessen und Regeln“.
Die Behörde soll Lobbyaktivitäten aufdecken, die im Interesse anderer Staaten, ausländischer Organisationen und natürlicher Personen durchgeführt werden. Es soll Aktivitäten untersuchen, die auf die Manipulation von Informationen und Desinformation abzielen, sowie Aktivitäten, die darauf abzielen, die demokratische Debatte und staatliche und gesellschaftliche Entscheidungsprozesse zu beeinflussen.
Der Leiter des Amtes für Souveränitätsschutz wird vom Regierungschef selbst vorgeschlagen.
Klage aus Brüssel
Die Behörde hat seit ihrer Gründung sowohl im Inland als auch in Brüssel hohe Wellen geschlagen. Ihr „weit gefasstes Mandat, die vagen Definitionen und die fehlende gerichtliche Kontrolle“ haben in der Zivilgesellschaft und bei unabhängigen Journalisten ernsthafte Bedenken ausgelöst, berichtete „euronews“ noch Anfang 2024.
Die Antikorruptionsgruppe Transparency International Ungarn und Átlátszó, eine investigative Organisation, die von internationalen Spenden unterstützt wird, sowie einige oppositionsnahe Medien sind bereits ins Visier des Büros geraten.
Die Europäische Kommission stimmte den Bedenken gegenüber der Behörde auch selbst zu. Sie hat im Februar vergangenen Jahres ein Verfahren in dieser Sache eingeleitet und von Budapest Antworten auf die Bedenken hinsichtlich des Amtes angefragt. Im Oktober 2024 reichte die Kommission dann schließlich Klage beim obersten Gericht der EU ein und begründete dies mit den „unbefriedigenden“ Antworten aus Budapest.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass die Orbán-Regierung gegen ausländisch finanzierte NGOs vorgeht. Bereits im Jahr 2017 hat sie ein umstrittenes Gesetz gegen vom Ausland finanzierte NGOs verabschiedet. Der Europäische Gerichtshof urteilte drei Jahre später, dass das Gesetz EU-Recht verletze.
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