Orbán und Kickl bilden neue Fraktion im EU-Parlament – AfD: Zusammenarbeit möglich

„Patriotische Kräfte“ wollen in eine „neue Ära der europäischen Politik“ eintreten. Das sagte Herbert Kickl nach der Gründung einer neuen Fraktion rechtsgerichteter europäischer Parteien. Viktor Orbán will „Europa wieder großartig machen“. Nimmt die AfD daran teil?
Orbán und Kickl bilden neue Fraktion – AfD: Zusammenarbeit möglich
Andrej Babis, Herbert Kickl und Viktor Orbán (v.l.) treffen sich am 30. Juni 2024 in Wien zu einer gemeinsamen Erklärng.Foto: Tobias Steinmaurer/APA/dpa
Von 30. Juni 2024

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Die ungarische Fidesz-Partei von Regierungschef Viktor Orbán, die österreichische FPÖ sowie die Partei ANO des früheren tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis wollen im EU-Parlament eine neue Fraktion gründen. Das kündigten Orbán, Babis und FPÖ-Chef Herbert Kickl am Sonntag, 30. Juni, bei einem gemeinsamen Treffen in Wien an.

Man wolle eine „neue politische Allianz“ gründen, „die sich aus patriotischen Kräften formiert“, hieß es bei der Vorstellung der Pläne. Kickl sagte, es sei ein „historischer Tag“, an dem man in eine „neue Ära der europäischen Politik“ eintrete.

Auch die AfD hält sich eine Mitarbeit in der neuen Fraktion offen. Diese Konstellation biete der AfD „neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit anderen Parteien“, sagte ein Sprecher von Parteichefin Alice Weidel am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP am Rande des Bundesparteitags in Essen.

AfD auf Partnersuche

Die europäische Parteienlandschaft im rechtsgerichteten Spektrum sei „in Bewegung“ geraten, und es gebe damit für die AfD mehrere Optionen „auf dem Markt“, sagte der Sprecher weiter. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe die AfD noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob sie sich künftig der Fraktion im Europaparlament anschließen will.

In der letzten Legislaturperiode war die AfD Teil der rechtsgerichteten ID-Fraktion im EU-Parlament, zu der auch die FPÖ gehört. Kurz vor der Europawahl im Juni wurde sie aber ausgeschlossen. Die ID begründete dies vor allem mit Unmut über möglicherweise unpassende Äußerungen des AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah.

Am Samstag teilte Weidel vor den Delegierten des Bundesparteitags in Essen mit, die ID-Fraktion habe der AfD „den Stuhl vor die Tür gestellt“. Die AfD müsse deshalb „konsequenterweise“ komplett mit der ID brechen und auch aus der ID-Partei austreten. Einen entsprechenden Beschluss könnte der Parteitag am Sonntag fassen.

Weidel hatte Mitte Juni im Gespräch gesagt, ihre Partei werde sich um neue Bündnispartner im Europaparlament bemühen, sollte sie aus der ID-Fraktion ausgeschlossen bleiben. Bei diesem Vorhaben sei sie „recht zuversichtlich“. Die AfD-Chefin kündigte an, dass sich ihre Partei auf europäischer Ebene neue Partner suche – wobei sie besonders das gute Verhältnis zur österreichischen FPÖ hervorhob.

„Patrioten für Europa“ zeigen sich offen

Die neue Fraktion trägt den Namen „Patrioten für Europa“. Bei der Pressekonferenz in Wien forderten Orbán, Kickl und Babis weitere europäische Parteien auf, sich ihnen anzuschließen.

Zwar erfüllen die drei Parteien zusammen die Voraussetzung von mindestens 23 Mandaten. Dennoch benötigt das neue Bündnis die Unterstützung von Parteien aus vier weiteren Ländern, um als Fraktion im EU-Parlament anerkannt zu werden. Bei der Europawahl Anfang Juni hatten rechtsgerichtete Parteien in vielen Ländern starke Zugewinne errungen.

„Wir übernehmen die Verantwortung, diese neue Plattform und neue Fraktion zu starten“, sagte Orbán vor den Journalisten. Orbáns Fidesz-Partei blieb bei dem Urnengang trotz deutlicher Stimmenverluste stärkste Kraft in Ungarn. Im EU-Parlament ist seine Partei derzeit fraktionslos.

Eine neue „Ära der Souveränität, des Friedens“

„Heute ist ein historischer Tag, weil wir mit diesem heutigen Tag eintreten in eine, ich möchte es so nennen, neue Ära der europäischen Politik“, sagte Kickl bei der Pressekonferenz in Wien mit Orbán sowie dem früheren tschechischen Regierungschef Andrej Babis. „Ich spreche von einer Ära der Freiheit, ich spreche von einer Ära der Souveränität, des Friedens, des Wohlstands und der Werte.“

Auch Orbán sieht eine „neue Ära“. Der „erste, vielleicht entscheidende Moment dieser neuen Ära ist die Schaffung einer neuen europäischen politischen Fraktion, die die europäische Politik verändern wird.“ Als Ziele nannte er den Kampf gegen illegale Migration, für die „traditionelle Familie“ sowie ein Ende des Ukraine-Kriegs.

Orbán, Kickl und Babis unterzeichneten ein „Patriotisches Manifest“. Dieses verspricht Orbán zufolge „Frieden, Sicherheit und Entwicklung“ anstelle von „Krieg, Migration und Stagnation“. Das neue Bündnis richtet sich auch gegen die Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des „Green Deal“ der EU.

Orbán: „Europa wieder großartig machen“

Mehrere Parteien wie die Fratelli d’Italia der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni sind im EU-Parlament in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer zusammengeschlossen.

Orbán übernimmt als ungarischer Regierungschef am Montag den rotierenden EU-Ratsvorsitz. Für die sechsmonatige Präsidentschaft hat er den Slogan „Make Europe Great Again“ (Europa wieder großartig machen) gewählt – direkt angelehnt an das Wahlkampfmotto des früheren US-Präsidenten Donald Trump „Make America Great Again“.

Orbán befürwortet eine drastische Beschränkung in der Einwanderungspolitik und gilt als Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zudem lehnt er Europas milliardenschwere Militärhilfen für die Ukraine entschieden ab.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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