Orbán in Italien: „Jetzt scheint es eine Sünde zu sein, über Frieden zu sprechen“

Europa stehe vor drei großen Herausforderungen, sagte der ungarische Ministerpräsident in Italien im Rahmen eines Wirtschaftsforums. Dies seien der Frieden, die Migration und die Wettbewerbsfähigkeit.
Titelbild
Ministerpräsident Viktor Orbán auf dem Cernobbio-Forum in der norditalienischen Stadt Cernobbio am 6. September 2024.Foto: MTI/Pressestelle des Ministerpräsidenten in Ungarn/Zoltán Fischer
Von 10. September 2024

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In Cernobbio am Comer See in Italien fand zum 50. Mal das Cernobbio-Forum statt. Die Veranstaltung ist das Hauptereignis von The European House–Ambrosetti, einem der größten Thinktanks Europas. Das Forum brachte internationale Führungskräfte aus Wirtschaft und Politik zusammen.

Am Eröffnungstag, den 8. September, sprach auch der ungarische Regierungschef Viktor Orbán. Es ging es um die Zukunft Europas und seine „Friedensmission“.

„Meine Erfahrung war, dass die Sprache, die wir benutzt haben, und das politische Ziel, das wir uns gesetzt haben, immer Frieden war. Und jetzt scheint es eine Sünde zu sein, über Frieden zu sprechen. Zu sagen, dass es das Hauptziel der Europäischen Union ist, Frieden zu schaffen, erscheint nun als etwas Negatives“, sagte Orbán laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI. Weiter fügte er hinzu, dass er nicht glaube, dass dies gut für die EU sei.

Neben italienischen Führungspolitikern waren in Cernobbio auch mehrere Staats- und Regierungschefs anwesend, darunter der Präsident der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, der Präsident von Aserbaidschan, Ilham Aliyev, und Jordaniens Königin Rania Al-Abdullah, sowie US-Senator Lindsey Graham und Mike Johnson, Sprecher des US-Repräsentantenhauses.

Ministerpräsident Viktor Orbán (auf dem Podium links) nimmt an einer Podiumsdiskussion bei der 50. Jahrestagung des Cernobbio-Forums in Cernobbio, Norditalien, am 6. September 2024 teil. Foto: MTI/Pressebüro des Ministerpräsidenten in Ungarn/Zoltán Fischer

Orbán: Die EU ist ein Friedensprojekt, und jetzt gibt es Krieg in Europa

Zum Thema Ukraine-Krieg wies Orbán in seiner Rede darauf hin, dass die erste Priorität nicht die Erstellung eines Friedensplans sein sollte. „Wenn wir im Krieg in der Ukraine auf einen Friedensplan warten, der für beide Seiten akzeptabel ist, wird es niemals Frieden geben“, betonte er.

Er ging auch auf seine „Friedensmission“ ein, die von der EU kritisiert wurde. Über die Reise, die Besuche in Kiew, Moskau, Peking und den Vereinigten Staaten beinhaltete, sagte er, er habe den Eindruck, dass keine der Parteien im Moment Frieden wolle.

Beide glauben, dass die Zeit für sie arbeitet“, so Orbán.

Der Politiker betonte, dass es daher die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft sei, deutlich zu machen, dass „die ganze Welt so schnell wie möglich einen Waffenstillstand will“.

Wichtig sei im Moment, die Kommunikationskanäle zu öffnen. Es gebe keine Chance, den Krieg zu beenden, wenn es keine Kommunikation mit den Kriegsparteien stattfinde. „Deshalb muss die Kommunikation sowohl mit der Ukraine als auch mit Russland aufrechterhalten werden“, so Orbán.

Meloni lehnt es vorerst ab, mit Russland zu verhandeln

Im Gegensatz zu Orbán, sei Giorgia Meloni nicht dafür, mit Russland zu verhandeln, solange es seine Angriffe fortsetze, berichtete die ungarische Zeitung „Mandiner.hu“.

Die italienische Ministerpräsidentin bekräftigte nach dem Treffen Italiens Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine und dass diese weiterhin im Mittelpunkt der Agenda des italienischen G7-Vorsitzes stehe.

Sowohl sie als auch Selenskyj – mit dem Meloni nach dem Forum im Gespräch war – sehen die Hilfe für die Ukraine als notwendig an, um die Voraussetzungen für zukünftige Friedensgespräche zu schaffen. Der ukrainische Präsident betonte, dies sei der Weg, um sicherzustellen, dass die Ukraine eine starke Position in zukünftigen Friedensgesprächen mit Russland habe.

Bereits bei einem Treffen zwischen Orbán und Meloni im Juni waren die unterschiedlichen Positionen der beiden Regierungen zum Krieg in der Ukraine zur Sprache gekommen. Meloni sagte damals, dass sie dankbar dafür sei, dass Ungarn es den Mitgliedsstaaten und Verbündeten ermöglicht habe, sich bei EU- und NATO-Treffen in wichtigen Fragen zu einigen, auch wenn man nicht ganz einer Meinung sei.

Die italienische Regierungschefin betonte damals auch, dass die Eindämmung der illegalen Migration, der Schutz der Außengrenzen des Kontinents und die Unterbindung des Menschenhandels sowohl für Ungarn als auch für Italien Priorität hätten.

Migration und Wettbewerbsfähigkeit

Migration ist eine der Prioritäten für Ungarns EU-Ratspräsidentschaft gemacht, die noch bis Ende Dezember dieses Jahres läuft, so Orbán.

Er wies darauf hin, dass es im Bereich der Migration viel besser wäre, wenn Länder, die keine gemeinsame Migrationspolitik verfolgen wollen, die Möglichkeit hätten, auszusteigen.

„Die Migration sollte von den Menschen und den gewählten Führern in jedem Land entschieden werden, nicht in irgendeinem imperialen Zentrum, und das werden wir niemals akzeptieren“, sagte Orbán.

Die ungarische Regierung fokussiere sich während der Ratspräsidentschaft auch auf die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit. Mehr Zusammenarbeit sei in den Bereichen Binnenmarkt und Verteidigung nötig, weniger Bürokratie wäre wichtig, so der Ministerpräsident.

Er betonte auch, dass der Europäische Green Deal der EU bisher den Interessen der europäischen Unternehmen zuwiderlief. Um die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen, müsse das Investitionsklima für europäische Unternehmen attraktiver gestaltet werden. Denn diese investieren gerade lieber in Nordamerika und China als in Europa.

In seiner Rede erwähnte Orbán auch China. Er meinte, dass die jüngste Entscheidung der EU, einen Zoll auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge zu erheben, in niemandes Interesse sei. Auch die deutschen Autohersteller seien überzeugt, dass dies nicht in ihrem Interesse liege, so Orbán. „Warum also?“, fragte er.



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