Orbán und Meloni diskutieren über Migration, Krieg und den „großen Plan“ für die EU
Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán ist am Montag, 24. Juni, zu einem Italienbesuch in Rom eingetroffen. Er wurde von der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni empfangen. Nach den Gesprächen gaben die beiden eine gemeinsame Pressekonferenz.
Inzwischen ist klar, dass Orbáns Fidesz-Partei der von Meloni geführten Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (EKR) nicht beitreten wird. In der vergangenen Woche hatten mehrere Mitglieder der Fraktion angedeutet, dass sie im Falle eines Beitritts der ungarischen Regierungspartei die Fraktion sofort verlassen würden. Orbán erklärte nun in Rom, dass er in Fragen, die die Rechte betreffen, weiter zusammenarbeiten werde, auch wenn man nicht der gleichen europäischen politischen Familie angehöre.
Die Gespräche fanden im Vorfeld des Gipfels des Europäischen Rates am Donnerstag und Freitag in Brüssel statt, bei dem die Verhandlungen über die wichtigsten EU-Positionen fortgesetzt werden sollen. Das Treffen fand nur eine Woche vor Beginn der sechsmonatigen ungarischen EU-Ratspräsidentschaft statt, die am 1. Juli beginnt und am 31. Dezember endet.
Hunderttausende Arbeitsplätze sollen geschützt werden
Die beiden Premierminister sprachen vor allem über die bevorstehende ungarische EU-Ratspräsidentschaft und den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der EU. Orbán betonte bei der Pressekonferenz, dass viel auf dem Spiel stehe. Ohne einen europäischen Kompromiss zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit könnten in den nächsten zehn Jahren Hunderttausende Arbeitsplätze verloren gehen. Meloni erklärte, dass es in dieser Frage eine große Übereinstimmung zwischen der italienischen und der ungarischen Regierung gebe.
Ungarn wolle daher „einen großen Plan“ – einen europäischen Wettbewerbspakt – vorantreiben. Orbán ist davon überzeugt, dass das größte Problem der EU derzeit der Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit sei.
Der Schlüssel zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit in der EU liege darin, sich nicht von außereuropäischen Wirtschaftspartnern zu isolieren, die Industrie leistungsfähig zu halten und den ökologischen Wandel mit der europäischen Industrie und nicht gegen sie zu vollziehen.
Krieg, Verteidigung und Migration
Es sei bekannt, dass die beiden Regierungen unterschiedliche Positionen zum Krieg in der Ukraine einnähmen. Meloni betonte, dass der Konflikt auch diskutiert worden sei. Sie sei dankbar dafür, dass Ungarn es den Mitgliedsstaaten und Verbündeten bisher ermöglicht habe, sich bei EU- und NATO-Treffen in wichtigen Fragen zu einigen, auch wenn man nicht ganz einer Meinung sei.
Die italienische Regierungschefin betonte auch, dass die Eindämmung der illegalen Migration, der Schutz der Außengrenzen des Kontinents und die Unterbindung des Menschenhandels sowohl für Ungarn als auch für Italien Priorität hätten. Dazu gehöre insbesondere auch die Zusammenarbeit mit den Herkunfts- und Transitländern, da zusammen mit diesen die eigentlichen Ursachen der Migration bekämpft werden müssten, so Meloni.
Der italienische Vorschlag einer umfassenden europäischen Afrikastrategie wurde auch von Ungarn unterstützt. Nach Berechnungen der ungarischen Regierung wird die Bevölkerung Afrikas in den nächsten 20 Jahren um 750 Millionen Menschen wachsen. Das wäre doppelt so viel wie die Bevölkerung der gesamten Europäischen Union.
In dieser Situation gebe es zwei Alternativen, so Orbán. Entweder gebe es einen europäischen Entwicklungsplan für Afrika, um „die Afrikaner zu Hause zu halten“. Andernfalls werde es zu einer Massenmigration kommen, vor der man sich nicht mehr schützen könne.
Orbán kritisiert Umgang mit EU-Spitzenposten
Obwohl Orbán mit Meloni in Rom nicht über die Verteilung der Spitzenpositionen in Brüssel sprach, betonte er bei der Pressekonferenz, dass er es nicht gutheiße, dass wichtige Posten in den EU-Institutionen auf Parteipolitik basierten.
Was sich jetzt in Brüssel abzeichne – drei Fraktionen, die eine Art Koalition bilden, um die wichtigsten europäischen Posten unter sich aufzuteilen – sei das Gegenteil der Philosophie der Integration.
Die Folge wäre, dass es eine Art Regierung mit einer Mehrheit und eine Opposition in Brüssel gebe, so Orbán. Der Ministerpräsident machte laut einem Bericht der ungarischen Nachrichtenagentur MTI deutlich, dass dies Anlass zu großer Sorge sei, denn „dafür wurde die EU nicht geschaffen, sondern für die Integration“, betonte er.
„Wir dürfen nicht zulassen, dass sich irgendein Land in der EU in der Minderheit oder in der Opposition fühlt. Das ist der falsche Weg, sowohl philosophisch als auch strategisch, und die EU sollte diesen Weg nicht gehen“, so Orbán.
Als dienstältester Regierungschef in der EU habe Orban genau gesehen, „wann die Dinge schiefgelaufen sind“. Die „Wurzel der europäischen Probleme“ sei, dass der EU-Kommissionspräsident nach den Europawahlen 2014 die damals politisch neutrale Kommission in ein politisches Gremium umwandeln wollte. „Seither schreitet dieser Prozess voran und verursacht immer mehr Probleme“, so Orbán.
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