„Ohne Europa kein Frieden“: EU-Minister stellen sich gegen Trumps Ukraine-Strategie

Die europäischen Verteidigungsminister fordern eine aktive Rolle bei den geplanten Friedensgesprächen zur Ukraine und weisen die Exklusivität eines US-russischen Dialogs entschieden zurück. Die Befürchtung wächst, dass Washington bereits zu weitgehende Zugeständnisse macht, ohne Europa oder die Ukraine einzubeziehen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz wollen europäische Diplomaten nun versuchen, die USA von einer gemeinsamen Verhandlungsstrategie zu überzeugen.
Pistorius warnt nach dem Vorstoß von Trump vor Zugeständnissen an den Kreml.
Pistorius warnt nach dem Vorstoß von Trump vor Zugeständnissen an den Kreml.Foto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa
Von 14. Februar 2025

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Die europäischen Verteidigungsminister haben am Donnerstag in Brüssel deutlich gemacht, dass sie nicht von den geplanten Friedensgesprächen zur Ukraine ausgeschlossen werden wollen. Hintergrund ist die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, sich mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu Verhandlungen zu treffen – ohne vorherige Einbindung europäischer Staaten oder der Ukraine selbst.

Ohne Europa kein dauerhafter Frieden

Die Reaktionen aus Europa ließen nicht lange auf sich warten. Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot betonte:

„Es wird keinen gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine ohne die Beteiligung der Europäer geben.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betonte gegenüber dem „Deutschlandfunk“, es dürfe keine Gespräche über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben, und auch die Europäer müssten beteiligt werden.

„Europa hat Sanktionen gegen Russland verhängt, Europa investiert in die Verteidigung der Ukraine und Europa wird den Wiederaufbau des Landes finanzieren“, betonte der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur laut dem Onlineportal „Euractiv“. Daher sei es nicht hinnehmbar, dass der Kontinent außen vor bleibe.

Auch der niederländische Verteidigungsminister Ruben Brekelmans argumentierte laut „Euractiv“, dass Europa die Instanz sein werde, die langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereitstellt: „Es gibt keine andere Möglichkeit, als mit am Tisch zu sitzen.“

Litauens Verteidigungsministerin Dovilė Šakalienė betonte, dass Europa auch eine militärische Verantwortung trage: „Es liegt an uns, ob wir außen vor bleiben oder ob wir den Erwartungen gerecht werden und unsere tatsächliche Fähigkeit unter Beweis stellen, für die Ukraine zu kämpfen, für unsere eigene Freiheit zu kämpfen.“

In zehn bis 15 Jahren NATO noch stärkstes Bündnis?

Die Unsicherheit über die US-amerikanische Haltung befeuert in Europa auch strategische Fragen. Der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu stellte die Zukunft der NATO zur Debatte. „Historisch gesehen ist es richtig, zu sagen, dass es sich um das größte und stärkste Bündnis der Geschichte handelt. Aber die eigentliche Frage ist, ob das in zehn oder 15 Jahren immer noch der Fall sein wird“, sagte er, nachdem die USA – das mit Abstand größte und mächtigste NATO-Mitglied – signalisiert hatten, dass ihre Sicherheitsprioritäten anderswo, unter anderem in Asien, lägen.

Deutschland und Großbritannien versuchten, die Bedeutung einer geschlossenen westlichen Linie hervorzuheben. „Europa muss an den Verhandlungen beteiligt sein. Wir werden mit den Folgen dieses Friedensabkommens direkt leben müssen“, erklärte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius. Sein britischer Amtskollege John Healey betonte:

„Es kann keine Verhandlungen über die Ukraine ohne die Ukraine geben.“

Beteiligung Europas den USA in München anbringen

Am Freitag beginnt die Münchner Sicherheitskonferenz, auf der europäische Diplomaten hoffen, die USA von einer Einbeziehung Europas überzeugen zu können. Trumps Team wird dort durch Vizepräsident J.D. Vance und Außenminister Marco Rubio vertreten sein, die sich mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen wollen.

Selenskyj selbst hatte bereits zuvor auf der Plattform X klargestellt, dass er den Frieden nur gemeinsam mit seinen Partnern aushandeln wolle. „Wir glauben, dass die Stärke Amerikas zusammen mit der Ukraine und all unseren Partnern ausreicht, um Russland zum Frieden zu zwingen.“

Laut der „Süddeutschen Zeitung“ hat Präsident Wolodimir Selenskyj am Donnerstag weiter erklärt, dass die Ukraine keine bilaterale Vereinbarung über ihr Schicksal akzeptiert, die ohne ihre Beteiligung zwischen den USA und Russland getroffen wird. Zudem sollte Europa am Verhandlungstisch sitzen, wenn es um ein Ende des Krieges geht, so Selenskyj. Dass der neue US-Präsident Donald Trump zuerst den russischen Präsidenten Wladimir Putin angerufen habe und dann ihn selbst, sei unangenehm, sagt Selenskyj. Er denke aber nicht, dass es sich bei dieser Reihenfolge um ein Zeichen der Prioritäten der USA handele.

Auch ukrainischer Außenminister Andrij Sybiha betonte nachdrücklich, dass sowohl sein Land als auch Europa an zukünftigen Friedensverhandlungen beteiligt werden müssen. „Die Ukraine kann nicht ohne die Ukraine verhandelt werden, genauso wenig wie Europa ohne Europa“, erklärte er in einem Interview mit der Zeitung „Le Monde“ (hinter einer Bezahlschranke). Sybiha unterstrich zudem, dass eine NATO-Mitgliedschaft seines Landes die effizienteste und kostengünstigste Möglichkeit für das transatlantische Bündnis sei, seine eigene Sicherheit zu stärken. Er stellte klar, dass es keine Zugeständnisse geben dürfe, die die territoriale Integrität oder Souveränität der Ukraine gefährden würden.

In Brüssel zeigte sich NATO-Generalsekretär Mark Rutte besorgt: „Ein Friedensabkommen muss von Dauer sein. Putin muss wissen, dass das Ende ist und er nie wieder versuchen kann, ein Stück der Ukraine an sich zu reißen.“

USA gibt „rote Linien“ vor

Obwohl Europa seit Kriegsbeginn massive militärische und finanzielle Unterstützung für die Ukraine geleistet hat, bleibt unklar, ob europäische Vertreter an den nun angesetzten Verhandlungen teilnehmen dürfen. Die USA haben bislang keine Bereitschaft signalisiert, Europa mit an den Tisch zu holen. Stattdessen legte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth bereits die Verhandlungslinie Washingtons fest: Eine Rückkehr der Ukraine zu den Grenzen von 2014 sei „unrealistisch“, ebenso eine NATO-Mitgliedschaft Kiews.

Laut der US-Ausgabe der „Epoch Times“ sagte die Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, auf die Frage, ob europäische Länder an den Friedensgesprächen beteiligt sein würden:

„Ich kann Ihnen derzeit keine Angaben zu beteiligten europäischen Ländern machen.“

„Unkluge“ Strategie der USA

Diese Aussagen aus Amerika sorgten in Europa für Unruhe. EU-Diplomaten kritisierten, dass Hegseths „offene Darlegung der roten Linien“ gegenüber Russland eine unkluge Strategie sei. Ein nicht namentlich genannter EU-Beamter sagte laut „Euractiv“:

„Die Positionen, die der US-Verteidigungsminister geäußert hat, waren zu erwarten, aber in Verhandlungen mit Russland ist es unklug, seine Karten zu früh offenzulegen.“

Bundesverteidigungsminister Pistorius bewertete die Vorab-Zugeständnisse der USA an Russland als „bedauerlich“: „Besser wäre es gewesen, über eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine oder Gebietsverluste erst am Verhandlungstisch zu sprechen.“



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