NATO wird 70 – Stoltenberg: Gute Beziehungen zwischen NATO-Partnern „nicht in Stein gemeißelt“
Vor 70 Jahren erlebte die NATO ihre Geburtsstunde. Vertreter aus zwölf Staaten setzten am 4. April 1949 in Washington ihre Unterschrift unter den Nordatlantikvertrag. Er band über eine Beistandsgarantie bei bewaffneten Angriffen die Weltmacht USA nach dem Zweiten Weltkrieg dauerhaft an Europa. Doch ob dies auch bis zum nächsten runden Geburtstag gelingt, ist ungewiss.
Gegründet wurde die NATO vor 70 Jahren nicht nur, um die Sowjetunion in Schach zu halten, sondern auch die Bundesrepublik Deutschland. Eingebunden werden sollten die Deutschen, um einen Rückfall in den Militarismus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu verhindern.
„Die Sowjetunion draußen halten, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten“
Der Brite Lord Ismay umschrieb die Ziele als erster Generalsekretär in den 50er Jahren mit einem prägnanten Satz: „Die Sowjetunion draußen halten, die Amerikaner drinnen und die Deutschen unten.“ Letztere traten 1955 dem Bündnis bei und profitierten direkt an der Grenze zum Warschauer Pakt wie kaum ein anderes Land von der Schutzgarantie der westlichen Militärallianz.
Doch sieben Jahrzehnte nach der NATO-Gründung sind es ausgerechnet die Deutschen, die aus Sicht von US-Präsident Donald Trump Probleme bereiten. Er nannte die NATO noch kurz vor seinem Amtsantritt 2017 „obsolet“ und bekannte sich erst nach Wochen zur Beistandsgarantie im Nordatlantikvertrag.
Was den früheren Geschäftsmann Trump wurmt, sind die niedrigen Verteidigungsausgaben vieler europäischer Verbündeter – und seinen Ärger lädt er vor allem beim Exportweltmeister Deutschland ab, den er als größten Trittbrettfahrer sieht und gleichzeitig als Hauptgrund für das hohe Handelsdefizit der USA mit Europa.
Trump: „Deutschland wird vollkommen durch Russland kontrolliert“
Zum Eklat kam es beim letzten NATO-Gipfel im Juli. „Deutschland wird vollkommen durch Russland kontrolliert“, meinte Trump in Brüssel und verwies auf die Abhängigkeit von russischen Öl- und Gaslieferungen. „Sie zahlen Milliarden Dollar an Russland, und dann müssen wir sie gegen Russland verteidigen.“
Trump erzwang eine Sondersitzung, bei der er auch mit dem Austritt aus dem Bündnis gedroht haben soll. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hielt an dem Kurs fest, bis 2024 die Verteidigungsausgaben nur auf 1,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen – und nicht auf „mindestens zwei Prozent“ wie von Trump gefordert.
Für Irritationen im Bündnis sorgte zuletzt, dass Deutschland nicht einmal sein 1,5-Prozent-Ziel schaffen könnte. Das wäre jedenfalls der Schluss, wenn die mittelfristige Finanzplanung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz Wirklichkeit wird. Der SPD-Politiker will wegen der abflauenden Konjunktur sparen. Und dies würde 2023 zu einer rückläufigen NATO-Quote führen.
Meinungsverschiedenheiten zwischen Europa und den USA
Zwischen Europa und den USA gebe es „echte Meinungsverschiedenheiten“, warnte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg schon einige Wochen vor dem Brüsseler Gipfel. „Es ist nicht in Stein gemeißelt, dass die transatlantische Bindung für immer bestehen wird.“
Doch der Norweger verweist auch darauf, dass es zwischen Trumps harsch geäußerter Kritik und seiner tatsächlichen NATO-Politik einen Unterschied gebe. Die USA hätten de facto „ihre Präsenz mit mehr Truppen erhöht, mit mehr Übungen und mehr Investitionen in die Infrastruktur in Europa“.
Tatsächlich steht die transatlantische Allianz auch bei den meisten von Trumps Republikanern nicht zur Disposition. Und auch Washington profitiert von der NATO, wie der nun schon 16 Jahre währende Afghanistan-Einsatz zeigt, an dem sich die anderen NATO-Länder weiter mit tausenden Soldaten beteiligen.
Mit einer neuen Kritik Trumps müssen die Deutschen beim NATO-Festakt in Washington diese Woche auch nicht rechnen. Dort kommen nur die Außenminister zusammen.
Doch in ihrer letzten Sitzung am Donnerstag geht es erneut um die „Lastenteilung“ und die Verteidigungsausgaben. Der wie Scholz zur SPD gehörende Bundesaußenminister Heiko Maas muss sich wohl auf einige Fragen einstellen. (afp)
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