Kommen die Vereinigte Staaten von Europa? Politiker werben für Vertragsreform
Mehr Macht für das EU-Parlament und weniger Veto-Rechte für einzelne Mitgliedstaaten: Bürgerinnen und Bürger haben Vorstellungen für eine Reform des Staatenverbunds den Präsidentinnen des EU-Parlaments, der EU-Kommission sowie dem französischen Präsidenten übergeben.
Roberta Metsola, Ursula von der Leyen und Emanuel Macron betonten am Montag in Straßburg zum Abschluss der Konferenz zur Zukunft Europas ihren Willen, eine Modernisierung der Union voranzubringen.
Macron machte sich stark für eine umfassende Reform der Europäischen Union sowie eine Änderung der grundlegenden Verträge. Den Vorschlag des Europaparlaments, dazu einen Verfassungskonvent einzuberufen, unterstütze er, sagte Macron in Straßburg. „Wir werden unsere Texte reformieren müssen.“ Einer der Wege sei Einberufung eines Konvents. Reformbedürftig seien etwa der Vertrag von Maastricht zum Euro und der Geldpolitik oder das Schengener Abkommen zum Wegfall fester Grenzkontrollen.
Von der Leyen will die Bürger bei Gesetzesvorhaben stärker einbinden. Sie werde vorschlagen, Bürgerforen Zeit und die Mittel für Empfehlungen zu geben, bevor wichtige Vorschläge präsentiert werden, sagte die Deutsche. „Denn Demokratie endet nicht mit Wahlen, Konferenzen oder Übereinkommen.“ Sie stehe immer auf der Seite derjenigen, die die EU reformieren wollen, damit sie besser funktioniere – auch wenn es nötig sei, dafür die Verträge zu ändern.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte bei einem Treffen mit Macron am Montagabend in Berlin, dass es nun um „neuen Schwung“ für Europa gehe. Der „entsetzliche Angriffskrieg“ Russlands auf die Ukraine schweiße die europäischen Partner zusammen. „Die Ukraine gehört zur europäischen Familie.“ Scholz verwies auf die von der Regierung in Kiew vorgelegten Beitrittsanträge und hob zudem die EU-Beitrittsprozesse der Staaten des westlichen Balkans hervor.
Skeptisch äußerte sich der Kanzler zu Änderungen der EU-Verträge. Größere Effizienz in vielen Feldern lasse sich auch noch erreichen, ohne dass man gleich an Vertragsänderungen gehen müsse, sagte er. Zum Beispiel seien Mehrheitsentscheidungen in mehr Politikfeldern möglich als das heute der Fall sei.
Zentrale Frage ist nun, wie die EU-Institutionen auf die Vorschläge reagieren. In einer gemeinsamen Erklärung hatten sich die wichtigsten politischen EU-Institutionen zwar dazu verpflichtet, den Empfehlungen der Konferenz grundsätzlich Folge zu leisten. Zeitgleich zur Ankündigung Macrons veröffentlichten 13 EU-Staaten aber bereits ein Papier, in dem sie sich gegen einen Verfassungskonvent aussprachen. „Wir haben bereits ein Europa, das funktioniert“, heißt es in der Stellungnahme. Es gebe keinen Grund, institutionelle Reformen durchzuführen, um Ergebnisse abzuliefern. „Wir erinnern daran, dass Vertragsänderungen nie ein Ziel der Konferenz waren.“
Die EU als eine Art Vereinigte Staaten von Europa?
Das Papier wurde vor allem von nördlichen und östlichen EU-Ländern unterstützt. Konkret stehen dahinter Bulgarien, Kroatien, die Tschechische Republik, Dänemark, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Malta sowie Polen, Rumänien, Slowenien und Schweden. Dass die EU zu einer Art Vereinigte Staaten von Europa wird, in dem einzelne Länder wie Polen oder Ungarn Entscheidungen nicht mehr alleine blockieren könnten, ist mit Blick auf das Papier eher unrealistisch.
Im Rahmen der Zukunftskonferenz hatte es rund ein Jahr regionale und nationale Diskussionen gegeben, online und offline, mit Bürgern, Spitzen- und Lokalpolitikern. Mehrmals trafen sich Abgeordnete des Europaparlaments und der nationalen Parlamente, Vertreter der EU-Regierungen sowie der EU-Kommission mit zufällig ausgewählten Bürgern. Am Ende einigte man sich auf 49 Vorschläge und mehr als 300 Maßnahmen zur Zukunft der EU.
„Die Ergebnisse der Konferenz dürfen nicht in der Schublade verschwinden“, sagte Staatsministerin Anna Lührmann der Deutschen Presse-Agentur. Die EU-Institutionen sollten rasch die Umsetzung der Vorschläge prüfen und den Bürgerinnen und Bürgern eine Rückmeldung geben, so die Grünen-Politikerin. „Ich setze mich im Rat dafür ein, dass die Stimme der Bürgerinnen und Bürger gehört wird“, versprach Lührmann.
Im Rat der Europäischen Union treffen sich Vertreter der EU-Staaten, um Beschlüsse zu fassen. Zudem steht im Juni der nächste reguläre EU-Gipfel an, bei dem über die weiteren Folgen der Zukunftskonferenz gesprochen werden dürfte. (dpa/red)
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