Kernkraftexperte: Europas Fehler bei Atomprojekten vermeidbar
Bei einer kürzlich durchgeführten Untersuchung äußerte sich Ian Grant zum schleppenden Fortgang europäischer Nuklearprojekte. Grant spielte eine führende Rolle bei der Festlegung des nuklearen Regulierungsrahmens der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Am Beispiel des Barakah-Kernkraftwerks zeigte er zudem auf, wie man es besser machen kann.
Der Energieberater Grant war von 2009 bis 2018 Direktor für nukleare Sicherheit und später stellvertretender Generaldirektor bei der Bundesbehörde für Nuklearaufsicht der Vereinigten Arabischen Emirate. Er konnte aus erster Hand erfahren, wie das Land in über einem Jahrzehnt ein Kernkraftwerk von Grund auf neu baute.
Zwar räumte er ein, dass es bei großen Infrastrukturprojekten häufig zu Verzögerungen und Kostenexplosionen kommt, sagte aber, dass die Probleme, die bei europäischen Kernkraftprojekten auftraten, vermeidbar gewesen wären.
„Ich denke, dass einige der viel beachteten Verzögerungen bei Anlagen in Europa darauf zurückzuführen sind, dass sie mit unvollständigen Entwürfen, temporären Bauorganisationen, die ohne vorherige Erfahrung zusammengestellt wurden, und einem eher schwachen Projektmanagement begonnen haben“, sagte er.
Bauunternehmer ist der Schlüssel
Am Kernkraftwerk Barakah in den VAE zeigte der Nuklearexperte auf, dass einer der Schlüssel für den schnellen Fortschritt der Anlage in der Auswahl eines Lieferanten mit Erfahrung und einer ausgereiften Lieferkette lag.
Im Jahr 2009 starteten die VAE ein Programm zum Bau des ersten Kernkraftwerks der arabischen Welt und wählten ein Konsortium unter der Leitung der Korea Electric Power Corporation für den Bau aus.
„Ich habe mit koreanischen Ingenieuren vor Ort gesprochen, die mit nassem Beton an den Stiefeln und mit Ordnern voller Fotos ankamen, die zeigten, wie die Anlagen in sechs Monaten aussehen würden“, sagte er.
„Sie waren dort, um etwas zu tun, von dem sie wussten, wie es geht. Sie waren nicht auf einer Mission.“
Weitere Faktoren, die laut Grant dazu beitrugen, waren eine klare Führung in der Regierungspolitik und ein effektives Programmmanagement.
Acht Jahre pro Reaktorblock
Die Grundsteinlegung für das Kraftwerk erfolgte am 14. März 2011. Der Bau des ersten von vier Reaktorblöcken begann 2012. Bis 2015 wurde jedes Jahr der Bau eines weiteren Reaktorblocks gestartet. Die Bauzeit von etwa 8 Jahren pro Block wird als bemerkenswert effizient angesehen, besonders für ein Neueinsteigerland in der Kernenergie.
Im September 2024 gaben die VAE den Abschluss des Projekts bekannt. Zu dem Zeitpunkt hatten alle vier APR-1400-Reaktoren vollständig den kommerziellen Betrieb aufgenommen und liefern nun eine Bruttoleistung von 1.417 Megawatt pro Block, also insgesamt 5.668 Megawatt.
Die Gesamtkosten des Projekts werden auf etwa 23,5 Milliarden Euro geschätzt, und das Kernkraftwerk deckt derzeit 25 Prozent des Strombedarfs der VAE.
Im Vergleich dazu war der Baubeginn für das britische Kernkraftwerk Hinkle Point C im Jahr 2018. Das Kraftwerk sollte 2025 fertig sein und mit zwei Reaktoren auf eine Bruttogesamtleistung von 3.280 Megawatt kommen.
Bei einer kürzlichen Überprüfung wurde der Fertigstellungstermin jedoch auf die Jahre 2029 bis 2031 verschoben. Die Kosten stiegen von ursprünglich veranschlagten 21,7 Milliarden Euro auf 37 bis 41 Milliarden Euro (in Preisen von 2015).
Die Hauptursachen für die Kosten und Verzögerungen sind wesentliche Änderungen an der Konstruktion, die Auswirkungen des Brexits und die COVID-19-Pandemie.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel „Expert Reveals Why European Nuclear Projects Face Major Delays and Budget Blowouts“. (deutsche Bearbeitung jw)
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