„Feuerwerksproteste“ in China: Knaller-Aufstand bringt Lockerungen der Gesetze (+Video)

Die Lage im Corona-durchfluteten China ist höchst angespannt. Ein Funke genügt, um Straßenproteste auszulösen. Es kommt zu Rangeleien mit der Polizei und Randale gegen Polizeifahrzeuge. Das mancherorts verhängte Feuerwerksverbot wurde daraufhin gelockert. Die einst allmächtige Kontrolle der Partei zeigt deutliche Risse.
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Feuerwerk in China. Vielerorts verboten, manchero.Foto: Hector Retamal/afp/ via Getty Images
Von 8. Januar 2023

Der Jahreswechsel in China wurde vielerorts mit offiziellem Silvesterfeuerwerk gefeiert. Für privates Feuerwerk gelten jedoch teilweise strenge Vorschriften und Verbote. Die Regelungen sind von Region zu Region und Stadt zu Stadt unterschiedlich und reichen von totalem Verbot bis zu zeitlichen und örtlichen Beschränkungen. In China sagt man: „Es gibt Politik von oben und Gegentaktik von unten“, was bedeutet, dass die von der Parteispitze angeordnete Politik manchmal lokal weniger extrem umgesetzt wird. In manchen Gebieten jedoch wird streng nach Vorschrift gehandelt.

Um die Jahreswende herum und in den ersten Januartagen wurden in Gebieten Chinas mit Böllerverbot auf den Straßen Feiernde festgenommen, weil sie unerlaubt Feuerwerk abbrannten. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei.

Doch das Volk in China will sich immer weniger von den Regelungen der KP-Funktionäre einschränken lassen. Chinaexperten sprechen bereits von einer „Feuerwerksrevolution“ als Fortsetzung der „White Paper“-Proteste. Die Polizei wurde von der Partei angewiesen, zurückhaltend zu reagieren und die Konfrontation mit den Massen zu vermeiden. Die Böllerverbote wurden zudem gelockert.

Proteste gegen Feuerwerksverbot

Am Abend des 2. Januar 2023 kam es im Landkreis Luyi, Stadt Zhoukou, Provinz Henan, in Mitte-Ostchina, zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und der Bevölkerung. Der Grund: Die Menschen feierten Silvester mit Feuerwerkskörpern und Knallern. Doch das war laut Parteiführung verboten. Bei den Auseinandersetzungen wurden Polizeifahrzeuge demoliert und mancherorts umgeworfen. Die Volksmassen forderten zudem die Freilassung von zuvor festgenommenen Bürgern.

Außer im Landkreis Luyi brach die „Feuerwerksrevolution“ nach Angaben der chinesischsprachigen Epoch Times auch im Nachbar-Landkreis Taikang aus, in der Henan-Provinzhauptstadt Zhengzhou, in der Millionenstadt Xuchang (Provinz Henan) und an verschiedenen Orten in den Provinzen Shandong, Hebei, Jiangsu und Guangxi. Ebenso wurden Feuerwerksproteste in der südwestchinesischen Metropole Chongqing gemeldet. Die Menschen ignorierten vielerorts das verordnete Verbot und gingen auf die Straße, um Feuerwerk zu zünden.

Was Experten zur Lage sagen

Chen Pokong, ein politischer Kommentator in den Vereinigten Staaten, erklärte nach Angaben der chinesischen Epoch Times am 3. Januar 2023 auf seinem YouTube-Kanal, dass es für das chinesische Volk nicht einfach sei, die „Feuerwerksblockade“ der KP Chinas zu durchbrechen. Die Ereignisse zeigten, dass das Volk die Partei nicht länger ernst nehme. Laut Chen diene das Feuerwerksverbot nicht der Sicherheit der Massen, sondern der Sicherheit des KP-Regimes. „Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Machthaber unsicher fühlen“, so der Chinaexperte. Deshalb seien nicht nur Waffen und Messer verboten worden, sondern auch Feuerwerkskörper und Böller.

Ein anderer US-Chinaexperte, Zhang Tianliang, bezeichnete auf YouTube Chinas KP als „panpolitisiertes totalitäres System“, bei dem sich alle Handlungen nur um das Regime drehten. Alles habe mit Politik zu tun. Zhang meinte, dass durch das Abbrennen von Feuerwerk die Menschen nicht nur die Gesetze der KPC missachteten, sondern auch ihrer Wut Luft hätten machen können.

Rückblickend meinte Zhang, dass die Beendigung von Null-COVID durch das Regime aus zwei Gründen geschah: weil die Wirtschaft zusammenbrach und wegen der „White Paper“-Proteste.

Die unvorbereitete Öffnung fordert derzeit zahlreiche Todesopfer bei einer hundertmillionenfachen Infektionswelle. Die Krematorien sind überfüllt und medizinische Ressourcen fehlen. Dadurch steigert sich der Unmut der Bevölkerung aber umso mehr.

Polizei soll „Frontalkonflikt mit Massen“ vermeiden

Nach den Feuerwerksprotesten in mehreren Städten in Zentralchina lenkten die Behörden ein und lockerten vielerorts das Verbot, Feuerwerkskörper zu entzünden.

In einer dringenden Mitteilung forderte beispielsweise das Büro für öffentliche Sicherheit in der Provinzhauptstadt Xi’an in der Provinz Shanxi die Polizei dazu auf, das Gesetz flexibel durchzusetzen und „keinen Frontalkonflikt mit den Massen einzugehen“. Man solle auch „keine negative öffentliche Meinung über die Polizei“ erzeugen, nur wegen Abbrennen von Feuerwerkskörpern.

Die 7,5-Millionenstadt Dalian in Nordost-China gab am 30. Dezember eine neue Order heraus, die das zeitlich begrenzte Abbrennen von Feuerwerkskörpern an Silvester in einem Kontrollbereich erlaubte. Gemeint ist damit der Zeitraum um das chinesische neue Jahr (21./22. Januar 2023). Als zulässige Böllerzeiten wurden der 14. Januar 2023 (kleines Neujahr), die Zeit zwischen dem 21. und dem 28. Januar 2023 (Neujahr), sowie der 5. Februar 2023 (Laternenfest) genannt, jeweils von 7 bis 23 Uhr – und nur im dafür vorgesehenen Bereich.

Ähnliche gelockerte Regelungen wurden auch aus anderen Städten in verschiedenen Provinzen bekannt.

Die Revolution der vielen Namen und Gesichter

Die „White Paper“-Bewegung entstand nach einem Hochhausbrand in der Uiguren-Hauptstadt Ürümqi. Offiziellen Angaben nach starben neun Menschen, darunter viele Kinder. Zehn Personen sollen verletzt worden sein. Inoffizielle Quellen sprechen von wesentlich mehr Opfern.

Auf Twitter berichtete der uigurische Schriftsteller und ehemalige politische Gefangene Abduweli Ayup, dass „nach Angaben der Menschen aus der Nachbarschaft 44 Uiguren“ in jener Nacht gestorben seien. Videos von dem Feuer dokumentierten die Hilfeschreie der Opfer und die Rufe, die Türen zu öffnen. Denn diese waren verriegelt, mit Draht, mit Stahlstangen und ähnlichem. Das Haus stand unter Lockdown.

Aus Trauerfeiern wurden Proteste, die sich über das ganze Land ausbreiteten. Viele Demonstranten hielten ein weißes Blatt Papier als Zeichen des Protests hoch. Keine für Anklagen verwendbaren Parolen standen darauf, nichts, – oder alles, was man sich vorstellen kann, nur unsichtbar. Auf anderen „White Papers“ stand lediglich: „Ich bin weißes Papier“, in verschiedenen Sprachen. Allerdings riefen auch viele der Protestteilnehmer nach Freiheit und forderten das Ende der Lockdowns oder forderten direkt das Ende der KPC und den Rücktritt von Führer Xi.

Als die chinesische Epoch Times mit einem Protestorganisator in China sprach, erklärte dieser: „Wenn die Organisatoren erwischt werden, wird es auch Leute geben, die unter diesem Namen weitermachen, um die anderen zu motivieren. […] Das Feuer ist gelegt, wir brauchen nur Zeit und ein großes Ereignis, um die Menschen zu sensibilisieren.“

Funken in brennbarer Umgebung

Kurz darauf kam es zur plötzlichen Öffnung, dem Ende der Null-COVID-Politik und der Infizierung des ganzen Landes. Viele Experten sehen hinter dem Sinneswandel des Pekinger Regimes den reinen Machterhalt – ungeachtet aller noch so schlimmen Folgen für das Volk.

Möglicherweise ist der nächste Funke, der landesweite Proteste gegen die Parteiherrschaft entfacht, die „Feuerwerksrevolution“ – oder irgendein anderes bevorstehendes Ereignis in dieser extrem angespannten Lage in China.



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