Europäische Pressefreiheit auf Chinesisch
Freitag, 3. Februar 2006, 13 Uhr 05 bei der Sicherheitsschleuse vor dem österreichischen Außenministerium in Wien: „Sind Sie Herr Alexander Hamrle von Die Neue Epoche?“ Zwei Männer um die 30 treten an mich heran. Ich nicke und bekomme zu hören „Ihre Akkreditierung wurde zurückgezogen“. Der Schock läßt mich sogar meine fehlende Kopfbedeckung bei der eisigen Kälte vergessen – haben die Chinesen wirklich so große Angst vor meinen Fragen?
Aus der Pressekonferenz beim Außenministertreffen der EU Troika mit dem chinesischen Außenminister, Li Zhaoxing, wird also nichts. Seit Anfang diesen Jahres hält Österreich die Ratsherrnschaft für die Europäische Union inne und somit auch die europäischen außenpolitischen Agenden gegenüber China. Ob es da sinnvoll ist, sich dem Druck aus China zu beugen? Ob da die Medienzensur bei chinakritischen Medien ein passender europäischer Einstieg ist?
Dabei hatte alles so schön angefangen: Schriftlich und telefonisch hatte die Akkreditierungsstelle ausdrücklich noch am Vorabend meine Teilnahme bestätigt. Doch das „Landesamt für Verfassungsschutz und Terroristenbekämpfung“ in Wien wollte es „kurzfristig“ eben anders. Aus „Sicherheitsgründen“, wie von dort zu hören ist.
Ja, „Sicherheitsgründe“, ob das wohl etwas mit „Hausrecht“ zu tun hat? Wenn es um das Thema der Medienfreiheit anläßlich des Besuches eines chinesischen Politikers geht, scheint es heikel zu werden, nach meinen Erfahrungen jedenfalls. Freitag, 11. November 2005, 9 Uhr 40 im Berliner Roten Rathaus: Wiederum habe ich nichts Besseres zu tun, als mir die Zeit bei einem Empfang mit dem chinesischen Staatschef Hu Jintao zu vertreiben. Doch diesmal wollte es eben das „Senatsprotokoll des Landes Berlin“ anders. Ich werde von den Sicherheitsleuten im Berliner Rathaus aufgespürt und unter Berufung auf das „Hausrecht“ vor die Tür gesetzt.
Dabei sind „Sicherheitsgründe“ wesentlich eleganter formuliert als „Hausrecht“: Die Veröffentlichung der Neun Kommentare in den Zeitungen unseres Epoch Times Verlages und die darauf folgende Austrittswelle aus der kommunistischen Partei Chinas läßt das dortige Regime offenbar bis ins Gebein erzittern. „Hausrecht“ wirkt da als Begründung für einen Rausschmiß regelrecht brachial und roh.
Übernehmen wir hier in Europa mit unserer in der Europäischen Menschenrechtskonvention verankerten Pressefreiheit also immer mehr chinesische Methoden? Der erste Schritt dazu könnte lauten: „wer kritisch berichtet bleibt draußen“! Man könnte es auch glauben, geht es nach den schwarzen Listen, nach denen sich die deutsche Polizei auf chinesisches Geheiß richtete und alle chinakritischen Medien beim Besuch Hu Jintaos aussperrte.
Doch da war dann in der Folge noch der Aufschrei in den deutschen Medien, Anfragen beim Berliner Senat und schließlich am 16. November 2005 noch ein Schreiben vom Presseamt des Rathauses von Berlin. Mit dem Hinweis auf „Kommunikationspannen“ entschuldigt man sich da bei der Neuen Epoche. Es hätten im Vorfeld Hinweise vorgelegen, dass es durch uns zu Störungen kommen könnte. Ob mit den „Hinweisen“ auch Anweisungen durch die chinesische Delegation gemeint sind, ist jedoch nur aus dem Schreiben des Berliner Rathauses alleine nicht schlüssig nachzuvollziehen.
Die Reaktion der Kollegen von anderen Medien, denen ich den Vorfall erzähle, ist unterschiedlich. Von „das müssen wir aufklären“, „das ist mir auch schon in Bezug auf Japan passiert“ bis zu „Pressefreiheit interessiert doch in Österreich niemanden“ ist da die Reaktion. Eine Kollegin, der ich von der Entschuldigung durch den Berliner Senat berichte lacht: „also wenn sich das österreichische Außenministerium bei euch entschuldigt, gratuliere ich euch schon jetzt“. Mal sehen. Schön wäre es in Hinblick auf die weitere Pressefreiheit im Umgang mit China jedenfalls.
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