Energieabhängigkeit von Moskau: Experte kritisiert „Doppelmoral“ der EU
Seit dem Beginn des Krieges in der Ukraine im Jahr 2022 hat die EU wiederholt bekräftigt, dass sie sich von Russlands Energieträgern unabhängig machen und die Energieversorgung Europas stattdessen aus alternativen Quellen sichern will.
Eine neue Analyse von einem Thinktank mit Sitz in Budapest zeigt jedoch, dass es nicht so einfach zu beurteilen ist, wie gut dieses Ziel erreicht wird, vor allem weil Flüssigerdgas (LNG) auch ohne ein generelles Verbot weiterhin aus Russland importiert werden kann.
Yann Caspar, Forscher am Mathias Corvinus Collegium (MCC) Institut für Europäische Studien, bemängelt, dass die Europäische Kommission bei ihrer Kritik an den EU-Mitgliedstaaten mit zweierlei Maß messe, wenn es um den Import russischer Energieträger gehe.
Frankreich, Spanien und Belgien setzen auf LNG
Caspar hat vor Kurzem ein Arbeitspapier zu dem Thema veröffentlicht. Er schreibt, dass die europäische Nachfrage nach Pipelinegas zwar in der Tat gesunken sei, die Importe von russischem LNG aber im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 11 Prozent gestiegen sind.
Frankreich ist dabei führend. Das Land importierte in der ersten Hälfte dieses Jahres 120 Prozent mehr russisches LNG als ein Jahr zuvor.
Neben Frankreich sind Spanien und Belgien die größten LNG-Importeure in der EU. Caspar merkt zudem an, dass russisches LNG aus dem Jamal-Gasfeld in Sibirien zu 80 Prozent auf dem europäischen Markt landet.
Der Experte wird vom ungarischen Portal „Mandiner“ mit den Worten zitiert, dass die aktuelle Importsituation nicht nur aus politischer, sondern auch aus ideologischer Sicht große Herausforderungen mit sich bringe.
Die umweltpolitischen Ziele der EU stehen ihm zufolge oft nicht im Einklang mit den energiepolitischen und wirtschaftlichen Realitäten. Energieunternehmen seien sich dieser Widersprüche bewusst und belächeln oft die Rhetorik aus Brüssel, so Caspar.
Experte kritisiert Brüssels „Doppelmoral“
Die Analyse von Caspar deutet auch darauf hin, dass die Kommunikation in der EU zu diesen Themen problematisch ausfällt. Caspar bezeichnet dies als politische Diskriminierung innerhalb der EU.
„Ländern ohne Zugang zum Meer und mit Abhängigkeit von russischem Gas, insbesondere Österreich, die Slowakei und Ungarn, wird nahegelegt, Alternativen zu russischen Lieferungen zu finden. Frankreich, Spanien und Belgien hingegen werden nicht in gleichem Maße der Kritik der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments ausgesetzt, was eine Doppelmoral offenbart, die die Kohärenz der EU-Energiepolitik infrage stellt“, schreibt Caspar.
Der Experte veröffentlichte seine Studie auch auf X. Er schrieb, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen „irreführende Äußerungen über die Importe fossiler Brennstoffe in der EU“ gemacht habe und damit andeutete, dass Ungarn in dieser Hinsicht ein schwarzes Schaf sei. Aber „warum hat sie nicht Frankreich, Spanien und Belgien angegriffen, „die Champions der LNG-Importe?“, so Caspar.
Yesterday Ursula von der Leyen made misleading remarks about 🇪🇺 imports of 🇷🇺 fossil fuels, insinuating that Hungary was a black sheep in this respect. Why didn’t she attack 🇫🇷, 🇪🇸 and 🇧🇪, the champions of 🇷🇺 LNG imports?
My article for @brusselssignal https://t.co/aS9e727GcT
— Yann Caspar (@YannCaspar) October 10, 2024
Ungarns Außenminister vor EU-Parlamentsausschuss
Mitte Oktober wies auch der ungarische Außenminister Péter Szijjártó, der oft für seine russlandfreundliche Politik kritisiert wird, bei einer Anhörung des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten des europäischen Parlaments in ähnlicher Weise auf die „Doppelmoral“ der EU hin.
„Bitte schreiben Sie auch darüber, dass die europäischen Importe von russischem LNG in der ersten Hälfte dieses Jahres um 11 Prozent gestiegen sind. Wissen Sie, wie viel russisches LNG Ungarn importiert? Null. Das war dann also jemand anders“, sagte er.
Neben dem LNG-Thema warf er auch die Frage der Ölimporte aus Russland auf. In diesem Zusammenhang sind Ungarn, die Slowakei und die Tschechische Republik von den Sanktionen ausgenommen worden. Gleichzeitig, so Szijjártó, könne es kein Zufall sein, dass Indien in letzter Zeit seine Importe von russischem Öl um das 20-Fache erhöht habe, während sich die Ölimporte Europas aus Indien verdreifacht hätten.
„Sie wissen genau, wie viel Öl wir [Ungarn] von Indien kaufen. Null. Also wird es wieder von jemand anderem gekauft. Es waren gerade die Leute, die von vielen als Beispiel dafür angeführt werden, was für einen Charakter und Rückgrat sie in ihrer Russlandpolitik haben“, sagte Szijjártó in seiner auf Facebook geposteten Rede.
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