Von der Leyen: „Putin hat die grüne Wende wirklich vorangetrieben“

Infolge der EU-Sanktionen gegen Russland hat die EU ihre Energieversorgung in knapp zwei Jahren neu aufgestellt. Großer Gewinner ist der LNG-Exporteur USA. Somit habe Putin die „grüne Transformation“ vorangetrieben, meint EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen.
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) kann den Sanktionen gegen Russland auch etwas Gutes abgewinnen.Foto: John Thys/AFP via Getty Images
Von 15. Februar 2024

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Der Einmarsch der russischen Armee in der Ukraine am 24. Februar 2022 hat die „grüne Transformation“ der EU beschleunigt – davon ist EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) überzeugt.

„Putins Versuch, unsere Union zu erpressen, ist […] völlig gescheitert. Im Gegenteil, er hat die grüne Wende wirklich vorangetrieben“, gab von der Leyen am 13. Februar während des Treffens zum 50-jährigen Bestehen der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris erfreut zu Protokoll. Das berichtet das Nachrichtenportal „Euronews“.

Mehr Energie aus „Erneuerbaren“ als aus Russland

Noch vor zwei Jahren habe „eine von fünf in der Europäischen Union verbrauchten Energieeinheiten aus russischen fossilen Brennstoffen“ hergerührt – inzwischen sei es nur noch „eine von zwanzig“, so die Kommissionspräsidentin.

Der Anteil an „erneuerbaren Energien“ übersteige in der EU bereits jene Energiemenge, die aus russischen Quellen geliefert worden sei. „Und letztes Jahr, im Jahr 2023, haben wir zum ersten Mal mehr Strom aus Wind und Sonne produziert als aus Gas“, sagte die Tochter des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. Sie sieht die Entwicklung auch als förderlich für den internationalen Zusammenhalt:

Bei der alten Wirtschaft mit fossilen Brennstoffen geht es nur um Abhängigkeiten. In der neuen Wirtschaft der sauberen Energie geht es um gegenseitige Abhängigkeiten.“

Weltweit gesehen schreite ihr die „Transformation“ allerdings noch zu langsam voran. Von der Leyens Appell an die Staatsregierungen: mehr „Kapazitäten für erneuerbare Energien“ schaffen und Investitionen „massiv“ stärken. Zudem sollten die Staatschefs nach von der Leyens Wunsch gemeinsam dafür sorgen, „Rohstoffe“ zu sichern und „Innovationen“ zu fördern, schreibt „Euronews“.

EU-Rat: „Importe von Pipelinegas aus Russland drastisch zurückgegangen“

Nach Einschätzung des Rats der Europäischen Union hatte „der Einsatz von Energie als Waffe [durch Russland, Anm. der Red.] die Diversifizierung der Energieversorgung für die EU-Länder zu einer Notwendigkeit gemacht“. Dennoch hätten es die EU-Mitgliedstaaten geschafft, „Importe von Pipelinegas aus Russland […] drastisch“ zu reduzieren, heißt es auf der Website des Rats. Bei diesem reinen „Pipelinegas“ habe man einen Importrückgang von 40 auf nur noch acht Prozent festgestellt.

Auch die Gesamtmenge der EU-Gasimporte (Erdgas plus Liquid Natural Gas, [LNG]) sei von jeweils gut 334 Milliarden Kubikmetern in den Jahren 2021 und 2022 auf nur noch 289,9 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2023 gesunken. Der jeweilige russische Anteil sei in derselben Zeitspanne von 44,93 Prozent (150,2 Milliarden Kubikmeter im Jahr 2021) auf 14,8 Prozent (42,9 Milliarden Kubikmeter, 2023) gesunken.

Manchen EU-Mitgliedstaaten, so „Euronews“, sei das immer noch zu viel. Sie forderten deshalb, das Importverbot von Öl und Kohle aus Russland auch auf das Gas auszuweiten. Derzeit werde „weiterhin bereitwillig russisches Gas […] entweder über Pipelines in Mitteleuropa oder über LNG-Terminals in Frankreich, Belgien und Spanien“ eingeführt.

Die Grafik zeigt Ausmaß und Herkunft der EU-weiten Gasimporte (Erdgas und LNG) in den Jahren 2021 bis 2023. Die Y-Achse bezieht sich auf MIlliarden Kubikmeter. Quelle: Europäische Kommission, basierend auf ENTSO-G und Refinitiv. Foto: Bildschirmfoto/Europäischer Rat

Die Grafik zeigt Ausmaß und Herkunft der EU-weiten Gasimporte (Erdgas und LNG) in den Jahren 2021 bis 2023. Die Y-Achse bezieht sich auf Milliarden Kubikmeter. Quelle: Europäische Kommission, basierend auf ENTSO-G und Refinitiv. Foto: Bildschirmfoto/Europäischer Rat

LNG: USA als Hauptlieferant

Für den Ausgleich der gesunkenen Gasmengen aus Russland hatten laut dem Rat der Europäischen Union primär zwei Länder gesorgt, nämlich Norwegen und die Vereinigten Staaten von Amerika. Obwohl die Lieferungen aus Norwegen sich zwischen 2021 und 2023 nur moderat von 79,5 auf 87,7 Milliarden Kubikmeter erhöht hätten, habe der norwegische Anteil am Gesamtgasimport 2023 bei rund 30,3 Prozent gelegen. Der Anteil des US-Importgases, in der Regel LNG, habe 2023 bei knapp 20 Prozent gelegen – gegenüber nur 5,7 Prozent anno 2021. Der Rest aller Importgasmengen in die EU stamme aus Nordafrika, Großbritannien, Katar und anderen Ländern.

Die USA hätten sich damit 2023 zum größten Hersteller des in der EU importierten LNG-Gases aufgeschwungen, so der Europäische Rat. Beinahe die Hälfte der LNG-Importe, immerhin 120 Milliarden Kubikmeter, stamme von dort. Trotz der großen Anstrengungen der deutschen Regierung, LNG für den heimischen Energiemarkt nutzbar zu machen, hießen die TOP 5 der EU-Importeure allerdings Frankreich, Spanien, die Niederlande, Belgien und Italien.

Die Grafik beschreibt die LNG-Infrastruktur in der EU, Stand 12. Februar 2024. Foto: Bildschirmfoto / Europäische Kommission, Gas Infrastructure Europe

Die Grafik beschreibt die LNG-Werk-Infrastruktur in der EU, Stand 12. Februar 2024. Foto: Bildschirmfoto / Europäische Kommission, Gas Infrastructure Europe

EU-Strommix 2023: 43,7 Prozent aus „Erneuerbaren“, 24,5 Prozent aus AKWs

Erneuerbare Energien konnten, wie von der Kommissionspräsidentin angesprochen, ihren Anteil an der Nettostromerzeugung in der EU laut „Statista“ in den Jahren von 2021 bis 2023 steigern. Während Wind-, Solar-, Wasserkraft, Biomasse, „erneuerbarer“ Müll, Geothermie und sonstige „erneuerbare“ Energiequellen 2021 noch einen Anteil von 36,5 Prozent am Strommix ausgemacht hatten, seien es 2023 bereits 43,7 Prozent gewesen. Mit 24,5 Prozent sei die Kernkraft allerdings noch immer wichtigster Energielieferant, gefolgt von Landwindrädern (16,7 Prozent) und Erdgas (14,7 Prozent).

Sogenannte „fossile Energieträger“, also Gas, Öl und Kohle, hätten 2023 zur Stromerzeugung in der EU nur noch „knapp ein Drittel“ ausgemacht, berichtet „Statista“. Insgesamt seien im Berichtsjahr 2023 über alle Energiequellen „rund 2.399 Terawattstunden (TWh) in die öffentlichen Netze der EU eingespeist“ worden.

Deutschland: Über die Hälfte der Netzlast 2023 mit „Erneuerbaren“ erzeugt

In Deutschland wurde nur bis Mitte April 2023 Strom aus Kernkraftwerken gewonnen. Folglich sieht der Energiemix hierzulande seitdem etwas anders aus.

Die Nettostromerzeugung 2023 lag nach Angaben der Bundesnetzagentur bei 448,5 TWh – ein Minus von 9,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Netzlast, der wichtigste Vergleichsparameter, habe 2023 bei 456,8 TWh gelegen, 5,3 Prozent geringer als noch 2022. „Die Netzlast berechnet sich aus Nettostromerzeugung abzüglich Export-Übertragungsleistung, zuzüglich der Import-Übertragungsleistung und abzüglich der Pumparbeit von Pumpspeicherkraftwerken“, erklärt die Netzagentur.

Gemessen an der Netzlast habe der „Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms […] 2023 bei 55,0 Prozent“ gelegen, gegenüber 48,42 Prozent im Vorjahr. Windkraftanlagen hätten 31,1 beigesteuert, Solaranlagen 12,1 Prozent und Biomasse 8,4 Prozent. Der Rest sei aus Wasserkraft und „sonstigen Erneuerbaren“ gekommen.

„Konventionelle Energieträger“ hätten 24 Prozent weniger als 2022 beigesteuert, nämlich nur noch 197,2 TWh. Das habe vor allem am sinkenden Steinkohle- (minus 36,8 Prozent) und Braunkohleverbrauch (minus 24,8 Prozent) gelegen. Andererseits habe man 31,3 Prozent mehr Erdgas einsetzen müssen, um Strom zu erzeugen. Aktuelle Daten dazu liefere stets die Seite „SMARD.de“.



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