Uber-Experiment „Ein Auto weniger“: Was passiert, wenn Autobesitzer ihr Pkw abgeben
Das Weltwirtschaftsforum (WEF) setzt sich maßgeblich dafür ein, die Mobilitätswende – also den Umstieg von Verbrennerfahrzeugen auf Elektroautos – voranzubringen. Dazu zählt auch, den Privatbesitz an Fahrzeugen einzuschränken.
Mitte Mai publizierte die Organisation einen Meinungsartikel des Personenbeförderungsunternehmens Uber auf ihrer Website. Darin wird argumentiert, dass der private Autoverkehr zahlreiche Probleme in den Städten verschärfe, einschließlich Staus, Kohlenstoffdioxidemissionen und steigender Lebenshaltungskosten. „Ein wichtiger Teil der Lösung“ sei dabei die Verbreitung von Elektroautos.
Die Autorin plädiert dafür, die Mentalität „eine Person, ein Auto“ zu ändern und stattdessen das Zufußgehen, das Radfahren, die gemeinsame Nutzung von Fahrzeugen und den öffentlichen Nahverkehr zu fördern.
Studie in Australien
Um für diesen Mobilitätswandel neue Erkenntnisse zu sammeln, führte das Unternehmen Uber in Australien im vergangenen Jahr die Mobilitätsstudie „One Less Car“ (Ein Auto weniger) durch. Diese verlief in Zusammenarbeit mit Verhaltenswissenschaftlern von The Behavioural Architects und weiteren Unternehmen. Sie wollten das Verhalten von Menschen untersuchen, die auf ein Fahrzeug verzichteten und sich mit den genannten alternativen Möglichkeiten fortbewegen.
Ziel der Studie war es, die Herausforderungen und Chancen eines autofreien Lebensstils zu erforschen. Dazu gaben 58 australische Einwohner, die ein oder mehrere Autos besitzen, für vier Wochen eines ihrer Autos ab. Um dennoch von A nach B zu kommen, nutzten sie teilweise andere Verkehrsmittel.
Die Teilnehmer erhielten als Ausgleich Tickets für lokale öffentliche Verkehrsmittel, teilweise ein E-Bike-Abonnement und eine Uber One-Mitgliedschaft im Wert von insgesamt 1.350 australische Dollar (824 Euro). Dieser Betrag steht für die durchschnittlichen jährlichen Ausgaben für den Besitz eines Autos in Australien, die bei rund 16.000 australischen Dollar liegen.
Alternative Möglichkeiten mehr genutzt
Die Studienteilnehmer haben während der Testphase aber nicht komplett auf ihr Auto verzichtet – zumindest die, die nach der Fahrzeugabgabe noch eines hatten. So sank die durchschnittliche Anzahl der wöchentlichen Fahrten unter den Studienteilnehmern leicht von 21 auf 19. Wie zu erwarten war, stieg hingegen die Anzahl der genutzten Verkehrsmittel deutlich auf durchschnittlich vier an.
Haushalte, die ihr einziges Auto abgegeben haben, bevorzugten jedoch in der Regel weiterhin das Auto in Form eines Personenbeförderungsdienstes. Insgesamt konnten die Teilnehmer die meisten Fahrten mit dem Auto durch alternative Verkehrsmittel ersetzen. Das Zufußgehen war mit einer Steigerung von 75 Prozent der größte Ersatz für die Nutzung des eigenen Autos. Die größten proportionalen Zuwächse wurden beim Radfahren und bei Mitfahrgelegenheiten verzeichnet, die um das Vier- bis Fünffache zunahmen.
Ein Elektrofahrrad zu nutzen, stellte für viele Teilnehmer eine neue Erfahrung dar. Die Zahl der Bus- und Bahnfahrten stieg um 86 Prozent beziehungsweise um 156 Prozent und die Nutzung von Carsharing, also das Teilen eines Autos mit fremden Menschen, verdreifachte sich.
Die Studienleiter erkannten besonders drei Haupthindernisse bei den Menschen, die sie von der mobilen Umstellung in Australien abhalten. Diese sind:
- Ungleicher Zugang zu Verkehrsalternativen.
- Uneinheitliche Qualität, Bequemlichkeit und Zuverlässigkeit der alternativen Verkehrsmittel.
- Der hohe wahrgenommene Wert und die Bezahlbarkeit der herkömmlichen Autonutzung.
Vor- und Nachteile eines Privatautos
Uber zählt im Rahmen der Studie vermeintliche Nachteile auf, die der derzeitige Individualverkehr mit sich bringen soll. So würden Straßenstaus und Verspätungen Australien mehr als 17 Milliarden Dollar (15,66 Milliarden Euro) pro Jahr kosten. Fachleute vermuten, dass dieser Betrag bis 2030 auf 30 Milliarden Dollar steigen wird.
Hinzu kommt, dass Autos in Australien in 95 Prozent der Zeit nicht genutzt werden. Das sei vor allem in weitläufigen Ballungsgebieten problematisch, wo geparkte Autos viel öffentlichen Raum einnehmen können.
Zudem würden viele Australier Autos besitzen, die aus finanzieller Sicht nicht sinnvoll sind. Uber-Forschungen deuteten darauf hin, dass mindestens 2,5 Millionen Autos in Australien nicht ausgelastet sind. Davon befänden sich 2,1 Millionen Autos in städtischen Gebieten.
Trotz dieser Nachteile halten weiterhin viele Menschen gerne an den Vorteilen eines eigenen Autos fest. Das ist etwa die Unabhängigkeit von Fahrplänen und Routen des öffentlichen Nahverkehrs. Der Fahrer kann jederzeit losfahren – und das oftmals von Haustür zu Haustür. Zudem kann er die Reiseplanung sowie die Routenwahl selbst bestimmen.
Viele Autofahrer sehen ihr Auto auch als privaten, abgeschlossenen Raum nur für sich und mögliche Mitfahrer. Im eigenen Auto kann der Fahrer seine meist selbst gewählte Extraausstattung genießen und gleichzeitig Gegenstände und Einkäufe transportieren. Ein weiterer Vorteil ist die freie Fahrzeugwahl nach Typ, Marke, Modell und Ausstattung.
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