Mobilitätswende: Öffentliches Laden beim E-Auto ist teurer, als Benzin zu tanken
Der Umstieg vom Verbrennerantrieb zu einem elektrisch betriebenen Fahrzeug bleibt für Autofahrer teuer. Neben einem deutlich höheren Kaufpreis für ein E-Auto sind jetzt auch erstmals die Preise an öffentlichen Ladestationen in Relation höher als die für Benzin oder Diesel.
Ökostromanbieter LichtBlick veröffentlichte hierzu am 30. April eine Auswertung. Das Unternehmen kam zu dem Schluss, dass das öffentliche Aufladen von E-Autos in Deutschland stetig teurer wird. Der „Ladesäulencheck 2024“ führt die Kosten für eine Reichweite von 100 Kilometer von Stromern (20 Kilowattstunden Stromverbrauch) und Benzinern (6,0 Liter Verbrauch) auf.
Öffentliches Laden bis zu 2,73 Euro teurer als Tanken
Demnach müssen E-Autofahrer für jede geladene Kilowattstunde Strom an öffentlichen Ladesäulen derzeit im Schnitt 55 Cent an Normalladepunkten bezahlen. Bei Schnellladepunkten sind es sogar 66 Cent. Die Strecke von 100 Kilometer kostet somit laut Lichtblick 11,10 Euro beziehungsweise 13,11 Euro.
Fahrer von benzinbetriebenen Autos kostet die gleiche Strecke nur 10,38 Euro. Die Preisdifferenz von 20 Kilowattstunden am Schnellladepunkt und 6,0 Liter Benzin an einer Tankstelle beträgt durchschnittlich 2,73 Euro. Für die Analyse hat Statista im Auftrag von LichtBlick die Tarife führender Betreiber ausgewertet. Beim Diesel wäre die Differenz noch größer, da dieser Treibstoff günstiger als Benzin ist.
Verglichen mit 2023 sind die durchschnittlichen Preise an öffentlichen Ladestationen deutlich gestiegen. Im Ladesäulencheck 2023 kostete die Ladung für 100 Kilometer 10,42 Euro an einer Normalladesäule (AC), an der Schnellladesäule (DC) sogar 12,51 Euro. Das sind Anstiege von 60 bis 68 Cent.
Günstiger ist das Laden an der heimischen Steckdose. Denn der Durchschnittspreis für Haushaltsstrom ist im selben Zeitraum gesunken. Für 2024 gibt der Verband BDEW einen Preis von 42,22 Cent pro Kilowattstunde an. Damit würde die Strecke von 100 Kilometern rund 8,44 Euro kosten.
Wird klimaschädliches Verhalten gefördert?
Markus Adam, Chefjurist von LichtBlick, betrachtet die neuen Ergebnisse mit Sorge. „Die Preise an den Tank- und Ladesäulen sorgen bei Autofahrern für Fehlanreize und fördern damit klimaschädliches Verhalten. Die Entwicklung ist fatal.“ Für eine erfolgreiche Verkehrswende sei „der breite Umstieg von Verbrenner auf E-Autos unerlässlich.“
Die Frage, ob E-Autos wirklich eine klimafreundlichere Bilanz aufweisen, ist offen. Eine genaue Betrachtung der Daten zeigt, dass in Bezug auf CO₂, Stickoxide und Feinstaub tatsächlich Elektrofahrzeuge mittel- und unmittelbar weit höhere Emissionen haben als Verbrennerfahrzeuge. Aus dieser Perspektive sind E-Autos dreckiger als Diesel und Benziner.
Zu berücksichtigen ist zudem bei E-Autos, aus welchem Kraftwerk der Strom gerade kommt. Anders gesagt, wie der Strommix im Netz zum Ladezeitraum ist. Jedes Kraftwerk – auch Windkraft- und Photovoltaikanlagen – hat eine CO₂-Bilanz, die nicht bei null liegt.
Wenn in Deutschland keine Sonne scheint und der Wind kaum weht, liegen die spezifischen CO₂-Emissionen des Strommixes schnell bei über 400 Gramm pro erzeugter Kilowattstunde, wie auf dem Portal „Electricity Maps“ zu sehen ist. Das war zuletzt am 4. Mai um 21:00 Uhr der Fall.
Weitere Hindernisse für E-Autofahrer
LichtBlick macht zudem auf schwierige Zugangsbedingungen an öffentlichen Ladesäulen aufmerksam, die den Umstieg aufs E-Auto „unattraktiv“ machen.
So müssten Fahrer von E-Autos insbesondere bei überregionalen Fahrten auf verschiedene Anbieter zurückgreifen, die wiederum jeweils unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten (Ladekarte, App) anbieten. Die Folge sei ein Wirrwarr an verschiedenen Ladekarten und -Apps, die die Kunden für den Startvorgang bereithalten müssen.
Ebenso biete das sogenannte Ad-hoc-Laden, das mit einem QR-Code funktioniert, für E-Fahrer keine zufriedenstellende Alternative. Der Grund: Die Preise sind teurer als für vertragsbasierte Fahrstromtarife, die die Fahrer mit den Anbietern direkt abschließen.
Warum steigen die Ladesäulenpreise?
Als Hauptgrund für die gestiegenen Preise an öffentlichen Normalladesäulen nennt LichtBlick Monopolbildung. Bei den Monopolisten handelt es sich meist um die jeweiligen lokalen Energieversorger, die mit dem örtlichen Stromnetzbetreiber konzernrechtlich verbunden oder selbst Stromnetzbetreiber sind.
Marktanteile von über 80 Prozent bei Normalladepunkten seien normal. In der Spitze sicherten sich Monopolisten sogar bis zu 93 Prozent der Marktanteile in ihrer jeweiligen Region.
Stromanbieter können durch das derzeitige Marktmodell keinen eigenen Strom an der Ladesäule anbieten. Vielmehr bestimmt allein der Ladepunktbetreiber den Ladestromlieferanten – dies ist in der Regel der konzerneigene Vertrieb. Daher werden Ladebedingungen und -preise faktisch von den lokalen Monopolisten bestimmt.
Die Monopolkommission hat laut LichtBlick in ihrem letzten Sektorgutachten bestätigt, dass die marktbeherrschende Stellung von lokalen Anbietern zu höheren Ladepreisen an Normalladepunkten führt. Faktisch unterliegen sie keinerlei Wettbewerbsdruck.
Auch die Tarifmodelle der Anbieter sind unterschiedlich. Einige Anbieter haben Tarife mit Grundgebühren, andere ohne. Zusätzlich verlangen manche Aufschläge für die Standzeit an der Ladesäule. Dies führt zu intransparenten und teilweise hohen Gesamtkosten für Verbraucher.
Wie können die Preise wieder sinken?
Für einen fairen Wettbewerb im Ladesäulenmarkt wäre eine Reform des derzeitigen Marktdesigns notwendig. LichtBlick schlägt seit einigen Jahren das Durchleitungsmodell vor. Demnach könne jeder Versorger seinen Strom an jede öffentliche Ladesäule liefern – und damit auch die Strompreisbremse sowie die Erlöse aus den THG-Quoten (Treibhausgasminderungsquoten) an ihre Kunden weitergeben.
Dann könnten die Verbraucher aus einer Vielzahl an Angeboten ihren Wunschtarif frei wählen. So entsteht mehr Wettbewerb und Transparenz an der Ladesäule. „Die Folgen einer solchen Reform würden sich positiv auf die Preise für E-Mobilisten auswirken“, sagte Chefjurist Adam.
Für die Durchleitung könne der Betreiber von Ladesäulen ein Nutzungsentgelt bekommen, das den Ausbau der Infrastruktur weiter fördert. Eine staatliche Förderung wäre dann womöglich nicht mehr nötig. Damit könnte das Durchleitungsmodell auch das Problem der wegfallenden Mittel aus dem Klima- und Transformationsfonds nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts lösen.
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion