Corona-Pandemie offenbart Lücken in der europäischen Einheit
Der Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Luis de Guindos, hat sich für die Einführung von europäischen Corona-Anleihen in der Virus-Krise ausgesprochen. „Ich bin für Corona-Bonds“, sagte er dem spanischen Radiosender COPE. Die Corona-Krise sei ein Schlag, der uns alle treffe.
In der EU ist zuletzt ein Streit über die Einführung von Corona-Staatsanleihen (Bonds) entbrannt. Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte äußerte sich verärgert über Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die sich zurückhaltend zu einer gemeinsamen Schuldenaufnahme zeigte.
Italien fordert mit anderen Ländern der Eurozone wie Spanien oder Frankreich eine gemeinsame Schuldenaufnahme. Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Corona-Bonds ebenso wie Österreich oder die Niederlande jedoch ab.
Ungarn bekommt keine zusätzliche Unterstützung von der EU
Indes ist auch in Ungarn eine Debatte über die Hilfe der EU in der Krisenzeit zwischen der Regierungspartei Fidesz und der Opposition ausgebrochen.
Obwohl nach Angaben der Regierungspartei Fidesz Brüssel nicht hilft, kommen doch zwei dicke „Umschläge“ auf Ungarn zu, schreibt die ungarische Zeitschrift „Népszava“. Der eine Umschlag soll 301 Milliarden Forint (Circa 841 Millionen Euro) enthalten, der Zweite 213 Milliarden Euro (Circa 595 Millionen Euro).
Tamás Deutsch, Fidesz-Abgeordneter im Europäischen Parlament, teilte in einer Pressemitteilung mit: „Die finanziellen Vorschläge der Europäischen Kommission bedeuten leider gar kein Plus für Ungarn in der Bekämpfung gegen die Corona-Pandemie und leider auch nicht in der Reduzierung der negativen Wirkungen des Virus.“
Tamás Deutsch weiter: „Diese Summen wurden für den Zyklus zwischen 2014 und 2020 schon vorher festgelegt für die Mitgliedsstaaten.“
Die EU hat keine neuen Finanzquellen für die Bekämpfung der Pandemie angeboten, so Tamás Deutsch. „Die ungarische Regierung hat selbst aber schon 245 Milliarden Forint für die Maßnahmen gegen die Pandemie von dem zentralen Haushalt umgeleitet und ausgegeben“, zitiert die regierungsnahe Zeitschrift „Magyar Nemzet“den Abgeordneten.
„Wir fordern die Sozialisten auf, keine Stimmung zu machen!“, fordert Tamás Deutsch die Opposition auf. Diese behaupteten, mehrere Millionen Euro stünden Ungarn zu und das Geld sei auch schon auf dem Weg. Seiner Meinung nach hat die EU zu spät auf die Krise reagiert und verteilt nun die schon einkalkulierten und für das jeweilige Land bereitgestellten Gelder, hat aber keine zusätzliche Finanzhilfe angeboten, so der EU-Abgeordnete weiter.
Tschechien bekommt ebenfalls kein „Plus an Geldern“
Andrej Babiš, Tschechiens Ministerpräsident, äußerte sich ähnlich zu dem Thema: „Ich möchte darauf hinweisen, dass die Europäische Union keine Krone mehr zum Kampf gegen COVID-19 gegeben hat – was schon vor der Pandemie für die Mitgliedsstaaten immerhin vereinbart wurde. Die 30 Milliarden Kronen (Circa 1,2 Milliarden Euro), die von der Presse gerade hochgelobt werden, bedeuten kein Plus an Geldern. Diese gehören uns schon lange.“
Der Ministerpräsident reagierte damit auf die Entscheidung des Europaparlaments. „Die Europäische Kommission hat nur die schnelle Verteilung und die Flexibilität der Umverteilung möglich gemacht“, fuhr er fort.
EU in der Krise – und nicht nur in der medizinischen
In der Europäischen Union werden die Stimmen immer lauter, die behaupten, die EU werde an den Herausforderungen der Pandemie zusammenbrechen. Einem politischen Kommentator aus Luxemburg zufolge gibt es keine koordinierte Reaktion der EU auf diese Krise. „Und da die Empfehlungen auf taube Ohren stoßen, befindet sich Brüssel in einer Vertrauenskrise“, schreibt Bill Witz.
„Schlimmer noch, die EU-Institutionen sind Zuschauer eines Krieges zwischen Ländern, die versuchen, die Exporte von medizinischen Gütern zu begrenzen, um sie für sich zu behalten. In Krisenzeiten hat sich der wahre Einfluss und die Kapazität der EU gezeigt, und das ist sehr wenig“, zitiert der Experte das Gatestone Institut.
Kommission wartet auf Vorschläge
In der Krise zeigen sich aber auch die EU-Länder skeptisch über die Verteilung der Hilfspakete. Bundeskanzlerin Angela Merkel und andere EU-Regierungschefs lehnen die Corona-Bonds ab, weil sie die Haftung für Schulden finanziell angeschlagener Länder fürchten.
Italien war schon vor der Pandemie mit mehr als 130 Prozent der Wirtschaftskraft verschuldet. Soeren Kern vom Gatestone Institut geht sogar so weit, dass er sagt: „Die von der Pandemie am schlimmsten betroffenen Mitgliedstaaten – Italien und Spanien – wurden von den anderen Mitgliedstaaten im Stich gelassen und mussten alleine kämpfen.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat im Interview mit dpa klargestellt: „Das Ziel Europas war es doch immer, dass wir wirtschaftlich zusammenrücken.“ Sie verwies in der Debatte auf die Eurogruppe, die innerhalb von 14 Tagen konkrete Vorschläge über die Verteilung der Gelder erarbeiten soll. Bis dahin will sich von der Leyen nicht festlegen, ob die Bonds nun eingeführt werden oder nicht.
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