Orbáns Warnung zu Mordanschlägen an „Friedenspolitikern“

Nach den Attentaten auf Fico und Trump fordert der ungarische Ministerpräsident alle für Frieden eintretenden Politiker zu verstärkten Sicherheitsüberlegungen auf. Doch die Gewalt beschränkt sich nicht auf „Friedenspolitiker“.
Titelbild
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán (links) spricht mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico am 1. Februar 2024 am Sitz der Europäischen Union in Brüssel, noch bevor das Attentat auf Fico verübt wurde.Foto: LUDOVIC MARIN/AFP via Getty Images
Von 23. Juli 2024

„Wir sehen, dass erstens die Zahl der Attentate, welche die Aufmerksamkeit der Welt auf sich ziehen, zunimmt. Zweitens richten sich alle diese Anschläge gegen Antikriegs- und Friedenspolitiker“, sagte der ungarische Regierungschef Viktor Orbán nach dem Attentat auf Donald Trump.

Der russische Geheimdienst hatte zuvor eine ähnliche Warnung ausgesprochen. Die bisher bekannten Fakten über die Täter und deren Motivation werfen jedoch weitere Fragen auf.

Orbáns warnung für Friedenspolitiker

Orbán wurde in den letzten Wochen wegen seiner sogenannten „Friedensmission“ von einer Reihe von europäischen Politikern kritisiert. Im Rahmen dieser Mission hat der Premier alle am Krieg in der Ukraine beteiligten Parteien unangekündigt besucht. Sein Ziel liegt seiner Erklärung nach darin, durch die Öffnung der diplomatischen Kanäle den Weg zum Frieden zu ebnen.

In einem Interview mit dem ungarischen Staatsradio „Kossuth“ sagte Orbán, dass einer der Hauptgründe für seine vertrauliche Taktik eben die Sicherheit sei. Deshalb könne er über einzelne Schritte der Friedensmission erst dann berichten, wenn sie vollzogen seien. Die Vorsicht von Viktor Orbán folgt dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico am 15. Mai und dem Anschlag auf Donald Trump am 13. Juli.

In dem Interview warnt Orbán, dass sich die kriegführenden Kräfte derzeit in einem „Zustand der Agitation, Spannung, Verhetzung und Organisierung“ befinden. Deshalb, so Orbán, „versuchen sie, die für den Frieden eintretenden Kräfte von der Bühne oder aus dem Zentrum des politischen Lebens zu entfernen“.

Wenn es also möglich wäre, im Voraus zu wissen, was der nächste Schritt der Friedensmission sein werde, „würden viele Leute ihr Bestes tun, um ihn zu verhindern“, betonte er.

Äußerung nach dem Fico-Attentat

Nach dem Attentat auf den slowakischen Ministerpräsidenten signalisierte Orbán erstmals, dass friedensbefürwortende Politiker vorsichtig sein sollten. In einem ungarischen Radiointerview sagte der Premier nach dem Attentat, die Slowakei habe gerade einen „Pro-Friedenskurs“ eingeschlagen.

Leibwächter bringen den slowakischen Regierungschef Robert Fico nach dem Attentat in einem Auto in Sicherheit.

Leibwächter bringen den slowakischen Regierungschef Robert Fico nach dem Attentat in einem Auto in Sicherheit. Foto: Radovan Stoklasa/TASR/dpa

„Hinter den kriegsbefürwortenden Politikern, hinter der kriegsbefürwortenden Position im Allgemeinen stehen große Kräfte. Angefangen bei dem Imperium von Milliardär George Soros bis hin zur Rüstungsindustrie, den Kreditgebern, den großen Mächten und den großen, einflussreichen Machtzentren, die alle ein Interesse daran haben, dass dieser Krieg weitergeht und sogar ausgeweitet wird“, sagte Orbán im Mai.

Zudem warnte Orbán, dass nicht nur die Anschläge alarmierend seien. Es sei vielmehr das Ausmaß der Gewalt an sich, „die Art und Weise, wie wir über Gewalt denken, wie wir uns darauf vorbereiten“. Dies solle alle alarmieren. Es sei ein spürbarer Prozess in Europa, wie Gewalt oder die Möglichkeit von Gewalt Teil unseres täglichen Lebens geworden sei.

Russlands Geheimdienst warnte Orbán vor einem Attentat

Die russische Nachrichtenagentur TASS berichtete auch bereits im Mai, dass der russische Auslandsgeheimdienst SVR eine Warnung veröffentlicht habe. In der Erklärung wurde gewarnt, dass Terroristen Orbán und den serbischen Staatschef Alexandar Vučić ins Visier nehmen könnten.

„Der Anschlag auf den slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico am 15. Mai zeigte, dass die globalistische totalitär-liberale Elite zu offenem politischen Terror greift, wenn sie ihre Vorherrschaft nicht mit „zivilisierten Mitteln“ aufrechterhalten kann“, hießt es in der Erklärung.

Der damalige Bericht unterstrich die Daten des russischen Auslandsgeheimdienstes, die auf eine wachsende Unzufriedenheit der US- und EU-Führung hinweisen. Diese seien irritiert, da sich „die geopolitischen Realitäten objektiv ändern und die Positionen der nationalistisch orientierten politischen Kräfte gestärkt werden“.

Das Verbrechen an Fico stelle eine Analogie zu den Attentaten auf Martin Luther King und Olof Palme dar, die sich dem Mainstream widersetzen wollten. „Glücklicherweise hat der slowakische Premierminister überlebt“, hieß es im Bericht von SVR.

Eine andere Perspektive

Während Orbán von einer Bedrohung von Befürwortern des Friedens spricht, werfen die jüngsten Ereignisse weitere Fragen hinsichtlich der tatsächlichen Täter und deren Motivation auf.

Die Presse hat berichtet, dass es sich bei dem Attentäter des Anschlags auf Premierminister Fico in Opatira um einen 71-jährigen Mann namens Juraj Cintula handelt. Über Cintula, der in Leva geboren wurde, ist jedoch wenig bekannt. Nach Angaben des „Guardian“ wurde Cintula bei einem Treffen mit der pro-russischen paramilitärischen Randorganisation Slovak Conscript gesehen. In einem Facebook-Post lobte Cintula die Gruppe für den „Schutz der Tradition und Kultur des Landes“.

Laut einer Analyse der slowakischen Postoj äußerte er in mindestens einem seiner veröffentlichten Werke fremdenfeindliche Ansichten gegen die Gemeinschaft der Roma in der Slowakei, ein „beliebtes Thema bei den rechtsextremen Parteien des Landes“, so „Guardian“.

Über das Motiv des 20-jährigen Angreifer von Donald Trump, Thomas Matthew Crooks herrscht nach wie vor Ungewissheit. Er war lediglich im Wählerregister als Republikaner registriert, Monate zuvor spendete er noch einen geringen Betrag an ein Demokraten-nahes Projekt.

Trump nach dem Attentat

Trump nach dem Attentat Foto: Gene J. Puskar/AP

Die internationale Presse berichtet außerdem, dass aktuell nicht nur friedensbefürwortende Politiker Ziel von tödlichen Attentaten sind. Die Spannungen nehmen vielerorts zu. So wurde zum Beispiel am Freitagabend die ehemalige ukrainische Abgeordnete Irina Farion, die für ihren harten Anti-Russland-Kurs bekannt ist, in den Kopf geschossen.

Farion löste 2023 eine Kontroverse aus, als sie vorschlug, dass die „wahren Patrioten“ der Ukraine überhaupt kein Russisch sprechen sollten. Am Samstag erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, dass sie „alle Varianten prüfen, auch diejenige, die auf Russland verweist“. Farions Partei, die streng nationalistische Freiheitspartei, machte Russland für den Mord verantwortlich, so ein Bericht vom BBC.

Versuch, die Gemüter zu mildern

Nach dem Attentat auf Trump meldeten sich in den USA auf beiden Seiten des politischen Spektrums Stimmen für einen friedlichen Wahlkampf.

Führende demokratische Politiker haben den Anschlag auf Trump verurteilt. Präsident Joe Biden selbst nannte das Attentat „einen kranken Akt politischer Gewalt“. In Amerika ist kein Platz für solche Gewalt“, sagte er. Die politische Brutalität wurde unter anderem von Vizepräsidentin Kamala Harris, Senatsmehrheitsführer Chuck Schumer, dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders und dem ehemaligen Präsidenten Bill Clinton verurteilt.

„Wir sollten nicht vergessen, dass Meinungsverschiedenheiten, Politik und politische Spiele der Liebe nicht überlegen sind“, erklärte auch die ehemalige First Lady, Melania Trump in den sozialen Medien.

Selbst John Hinckley Jr., der 1981 gegen US-Präsident Ronald Reagan ein Attentat verübte, verurteilte den Mordanschlag auf Trump. Hinckley hat vor Kurzem auch ein Video auf seine YouTube-Seite hochgeladen, in dem er die Gewalt verurteilt und seine Anhänger zu Frieden und Liebe zwischen den Menschen aufruft.



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