Inzidenz: Wer die (Selbst-)Tests steuert, steuert die Pandemie
„Inzidenz“, erklärt das Robert Koch-Institut im Glossar auf seiner Website, „ist neben der Prävalenz ein Hauptaspekt der Beschreibung und Analyse der Verbreitung von Krankheiten/Gesundheitsproblemen. Die Inzidenz beschreibt Mengen von Zugängen (Inzidenzfälle) […].“ Im Kontext der Corona-Krise beschreibt die Inzidenz die Zahl der Zugänge von Meldungen über Neuinfektionen binnen der letzten sieben Tage. Ob Corona-Tests Infektionen feststellen können, ist stark umstritten, dennoch diktiert die Inzidenz die Maßnahmen.
Die Inzidenz lässt sich jedoch mit einfachen Mitteln steuern, zum Beispiel über die Anzahl der verfügbaren Selbsttests. Michael Wieden, Autor und Dozent im Bereich Gesundheitsmanagement, zeigt in einem Rechenbeispiel [aktualisierte Version hier], wie Selbsttests eine Inzidenz von 100 vervielfachen können – und warum eine realistische Einschätzung der Pandemiesituation damit unmöglich wird. Daraufhin schrieben mehrere Mathematiker einen offenen Brief an die Bundesregierung. Epoch Times hat Wiedens Rechenbeispiel aufgegriffen und erweitert.
Auch der Frankfurter Wirtschaftswissenschaftler und Professor für Spieltheorie Prof. Dr. Christian Rieck kommt zu dem Schluss, dass die Inzidenz nicht als Entscheidungsgrundlage taugt. In seinem Video vergleicht er die Bundesnotbremse und die damit verbundenen Einschränkungen der Grundrechte mit einem Stufenspiel. Ein Spiel, in dem die Regierung sich selbst einen „Freibrief“ erteilt hat und noch während des Spielverlaufs die Regeln bestimmen kann.
Kritik an Inzidenz durch RKI bestätigt
Trotz umfangreicher Teststrategien, können Schnell-, Selbst- oder PCR-Tests nicht alle Infizierten ermitteln. Es ist daher davon auszugehen, dass – auch, wenn alle Menschen getestet würden – einige Infektionen unentdeckt blieben (falsch-negative Testergebnisse), während andere Infektionen (falsch-positive Testergebnisse) nur auf dem Papier existieren beziehungsweise erst im Testlabor entstehen. Für das folgende Rechenbeispiel müssen daher einige Annahmen getroffen werden:
- Unter 10.000 Menschen gibt es 50 Infizierte, die – wenn sie getestet werden – ein richtig-positives Testergebnis erhalten. (Prävalenz 500 pro 100.000)
- Alle Testergebnisse sind unabhängig vom Testverfahren immer korrekt (Spezifität und Sensitivität jeweils 100 Prozent). Positive Selbsttestergebnisse werden per PCR-Test bestätigt, negative Selbsttests werden vom Anwender entsorgt und nicht erfasst.
- Zur Vereinfachung wird lediglich eine Momentaufnahme betrachtet und alle Fälle in einer Zeiteinheit (zum Beispiel eine Woche) erfasst. Die Schlussfolgerungen bleiben davon unberührt.
- Die Zahlen im ausgewählten Szenario orientieren sich an realistischen Werten, sind aber fiktiv und dienen der Veranschaulichung. Alle Beispiele können mit anderen Zahlen nachgerechnet werden. Auch hiervon bleiben die Schlussfolgerungen unberührt.
Rechenbeispiel und Schlussfolgerungen sollen keine Kritik an Selbsttests darstellen. Die Ergebnisse stellen jedoch die Aussagekraft des Inzidenzwertes infrage. Dies deckt sich mit Aussagen vom Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP). Ihm wurde vom Ministerium „schriftlich bestätigt, dass die vom RKI ermittelte Inzidenz gar keinen Aussagewert hat, was die reale Abbildung des Pandemiegeschehens angeht“.
Gleich viele Infizierte, steigende Inzidenz
In obiger Beispielstadt gibt es 10.000 Einwohner (100 mal 100 Felder). Unter den Einwohnern befinden sich 50 Infizierte (rot), wobei die Risikogruppen, im unteren Teil des Bildes, stärker betroffen sind. Einen repräsentativen Teil der Bevölkerung (1.000 Personen, rechts im Bild) untersucht man nun per PCR-Test auf das Vorhandensein von SARS-CoV-2. Dabei bildet die Stichprobe die Gesamtbevölkerung, einschließlich aller Risikogruppen, ideal ab.
In der Stichprobe erhalten fünf Menschen ein positives Testergebnis. Die Positivrate beträgt 5/1.000 = 0,5 Prozent. Die Inzidenz errechnet sich auf Basis von fünf Neuinfektionen pro 10.000 Einwohnern und beträgt 50 (pro 100.000).
Mit dem Anteil der getesteten Bevölkerung (ein Zehntel) und der Zahl positiver Befunde (5) lässt sich – in Verbindung mit der repräsentativen Stichprobe – auf die gesamte Bevölkerung schließen. Unter 10.000 Einwohnern sind demnach 50 Infizierte zu erwarten. Das entspricht exakt der Prävalenz.
Soweit die Theorie, in der Realität sieht die Teststrategie etwas anders aus:
Wiederum werden 1.000 PCR-Tests durchgeführt. Allerdings werden, wie in Deutschland üblich, insbesondere die Risikogruppen, wie Ältere, Gesundheitspersonal und Personen mit Vorerkrankung, getestet. Aus dieser vorausgewählten, nicht-repräsentativen Stichprobe erhalten daher 10 Personen ein positives Testergebnis. Die Positivrate beträgt 10/1.000 = 1 Prozent.
Damit steigt – ohne, dass sich die Gesamtsituation ändert – die Inzidenz auf zehn Neuinfektionen pro 10.000 Einwohner oder 100. Aufgrund der Vorauswahl der Getesteten lässt sich von der Stichprobe zudem nicht auf die gesamte Bevölkerung schließen.
Aus den Zahlen ergibt sich der Erwartungswert 100. Da Nicht-Risiko-Personen jedoch weniger häufig infiziert sind, ist lediglich eine Schätzung der Zahl der Infizierten auf „unter 100“ möglich. Mit dem Wissen um die Anzahl der durchgeführten Tests und die Risikogruppen nähert sich die Prognose der tatsächlichen Situation weiter an.
Daraus folgt: Allein durch die Vorauswahl der getesteten Personen steigt die Inzidenz. Mit anderen Worten, die Prävalenz, die Zahl der tatsächlich Infizierten, liegt vermutlich unter dem Inzidenzwert.
Einführung von Selbsttests führt die Inzidenz als Bewertungsmaßstab ad absurdum
Mit der Einführung der Selbsttest können sich auch Personen außerhalb der vorausgewählten Gruppe testen. Zu den zehn „PCR-Infizierten“ kommen somit fünf „Selbst-Positive“. Da auch Selbsttests in diesem Beispiel zu 100 Prozent richtige Ergebnisse liefern sollen, bestätigt ein anschließender PCR jeden positiven Selbsttest.
Dadurch steigt die Anzahl der durchgeführten PCR-Tests auf 1.005. Die Positivrate beträgt nun 15/1.005 oder 1,49 Prozent. Die Inzidenz steigt analog auf 15 Neuinfektionen auf 10.000 Einwohner oder 150. Wiederum gilt, an der Ausgangssituation hat sich nichts geändert. Zur Erinnerung, die repräsentative Stichprobe hat eine Inzidenz von 50 ergeben.
An dieser Stelle stehen ausreichend Testkapazitäten zur Verfügung, sodass sich die Hälfte aller Einwohner testen (lassen) kann. Die PCR-Tests erfolgen nach wie vor vorrangig in den Risikogruppen und liefern unverändert zehn positive Testergebnisse. Hinzu kommen 35 Selbst-Positive, die sich aufgrund Erkältungssymptomen, vermutlichem Kontakt zu Infizierten, Testpflicht oder aus Interesse (freiwillig) testeten. Alle Infektionen werden durch PCR-Tests bestätigt.
Von nun 1.035 durchgeführten PCR-Test liefern 45 ein positives Testergebnis. Positivrate: 45/1.035 = 4,35 Prozent. Inzidenz: 45 Neuinfektionen unter 10.000 Einwohnern = 450.
Wer die Anzahl der (Selbst-)Tests kontrolliert, kontrolliert die Pandemie
Da in beiden Fällen, in denen Selbsttests zur Verfügung stehen, lediglich die Selbst-Positiven in die Auswertung einfließen, ist die Anzahl der insgesamt durchgeführten Tests nicht bekannt. Rückschlüsse auf die Gesamtsituation werden dadurch unmöglich. Eine Erfassung der Selbsttests über die Verkaufszahlen ist möglich, aber unter Umständen wenig zielführend. Verkaufszahlen erfassen weder wie viele Tests abgestrichen wurden und wie viele im Vorratsschrank landeten noch wie viele Personen sich doppelt getestet haben.
Aus den letzten Zahlen – 45 Positive auf 1.035 Tests – ergibt sich ein Erwartungswert von (45/1.035) * 10.000 = 435 Infizierten in der Beispielstadt. Das entspräche einer Prävalenz von 4.350 (exakt 4.348) Infizierten pro 100.000 Personen.
Im Gegenbeispiel, ausgehend von einer Inzidenz von 450, lässt sich durch eine (künstliche) Verknappung oder gar ein Verbot von Schnelltest die Inzidenz von 450 auf 50 senken. Auch hierbei bedarf es keiner Änderung der Ausgangssituation. Werden zusätzlich auch PCR-Tests weiter heruntergefahren, sinken die Zahlen (bei 100 Prozent korrekten Tests) schließlich auf Null. Mit anderen Worten, wer die Anzahl der Tests kontrolliert, kontrolliert die Pandemie – einschließlich aller einschränkenden Maßnahmen.
Selbsttests sind kein schlechtes Mittel in der derzeitigen Pandemiesituation
Damit ist bewiesen, dass die Inzidenz einerseits beeinflussbar ist und andererseits die wahre Gefährdungslage nur unzureichend abbilden kann, geschweige denn als alleiniger Indikator für Regierungsmaßnahmen taugt. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass alle Schlussfolgerung aus den obigen Beispielen anhand realitätsnaher, aber fiktiver Zahlen abgeleitet wurden.
Ebenfalls sollte anlässlich einiger Kommentare unter dem Video, das den obigen Rechenbeispielen zugrunde liegt, geklärt werden, dass Selbsttests durchaus einen positiven Effekt auf das Pandemiegeschehen haben können – und zwar gezielt dort, wo es am nötigsten ist: bei (wahrscheinlich) Infizierten. Obwohl in der Realität ein Großteil der Selbst- und Schnelltestergebnisse falsch sind [Epoch Times berichtete], führen sie dazu, dass tatsächlich Infizierte eher Zuhause bleiben und Infektionsketten unterbrechen.
Gleichzeitig führen steigende Zahlen PCR-bestätigter Selbst-Positiver über die Bundesnotbremse jedoch zu umfassenden Einschränkungen aller Menschen, sodass das gesellschaftliche Leben trotz Entspannung der Lage weiter künstlich am Boden gehalten wird. Michael Wieden, Autor des Videos, schreibt dazu:
Je mehr sich die Gesamtgefährdungslage durch Selbsttests und -Quarantäne entschärft, desto intensiver wird ein Lockdown gefordert, weil der steigende Inzidenzwert eben nur negativ interpretiert wird. Ein Paradoxon. Genau dies ist ein zusätzlicher Beleg dafür, dass der Inzidenzwert keine Aussagekraft mehr hat.“
Strittig bleibt indes, ob Coronatests jedweder Art überhaupt eine Infektion im Sinne des Infektionsschutzgesetzes erkennen können. Während PCR-Tests beim RKI weiterhin als Goldstandard der Pandemiebekämpfung zählen, hat unter anderem das Wiener Verwaltungsgericht geurteilt, die aktuelle Datenlage bringe „keine validen und evidenzbasierten Aussagen und Feststellungen“, um das Seuchengeschehen zu bewerten. [Epoch Times berichtete]
„Freibrief für die Regierung“ im Spiel um die Inzidenz
Prof. Rieck von der Fachhochschule Frankfurt erklärt in seinem Video den statistischen Effekt, warum Inzidenzwerte, wie oben beschrieben, beeinflusst und „übertrieben hoch wiedergegeben“ werden – und dass das keineswegs nur ein statistischer Effekt ist. Vielmehr handele es sich dabei um ein spieltheoretisches Phänomen. Mit anderen Worten, die Regierung „spielt“ ein sogenanntes Stufenspiel.
Bei diesem Spiel „schient es, als ob die Bundesregierung die Maßnahmen [an] einen rein objektiven Wert – die vom RKI ermittelte Inzidenz – gekoppelt“ und die Regierung keinen Einfluss auf das weitere Geschehen habe. Es scheint, als ob alle weiteren Maßnahmen von diesem vermeintlich rein wissenschaftlichen, extern ermittelten Wert abhängen. Aber, so Prof. Rieck,
das ist die Geschichte, die die erzählen. Das ist [in Wirklichkeit] nicht so. […] Wir wissen, dass der Inzidenzwert steuerbar ist. […] Allein durch die Art, wie wir messen, kriegen wir auf einmal ein unterschiedliches Ergebnis raus.“
Die große Frage sei nun, von wem ist das eigentlich steuerbar? Wer ist derjenige, der diese Größe, die Inzidenz, steuern kann, die beim RKI ausgewiesen wird? Die Antwort gibt er sogleich:
Ja, es ist die Regierung. […] Die Regierung tut so, als würde sie sich auf rein externe Maßnahmen verlassen. Tatsächlich ist es aber so, dass die Regierung selber genau diese Größe beeinflussen kann. […] Etwas übertrieben gesagt: Das ist ein Freibrief für die Regierung, zu tun und zu lassen, was sie wollen.“
Mitspieler über den Tisch gezogen
Weiter erklärt Prof. Rieck, wieso dennoch die Mehrheit der Bundestagsabgeordneten für die Bundesnotbremse gestimmt hat [Epoch Times berichtete]: aus Unwissenheit.
Dieser Freibrief, dass die Regierung selbst die Inzidenz beeinflussen kann, so der Professor, sei den meisten Leuten gar nicht aufgefallen. In diesem Zusammenhang vergleicht er die Notbremse mit einem Stufenspiel. Ein Spiel, bei dem in der ersten Stufe die Spielregeln der zweiten Stufe festgelegt werden. Wenn dann die zweite Stufe kommt, haben die Mitspieler keine großen Freiheitsgrade mehr um einzugreifen.
Ein Großteil der Parlamentarier habe im Verlauf der Verhandlungen – der ersten Spielstufe – vermutlich geglaubt, dass sie ein Spiel gegen die Umwelt, gegen COVID-19, spielten. In Wirklichkeit haben Sie in dieser Phase jedoch gegen einen strategisch agierenden Mitspieler gespielt – und wurden vielleicht „vollkommen über den Tisch gezogen“.
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