Not macht erfinderisch: Portugiesisches Pflegeheim setzt Kran für Besuche in Corona-Krise ein
„Wie geht es dir?“ fragt Cremilde Pereira ihren älteren Bruder Jose von der Hebebühne des Krans aus, der sie auf der Höhe seines Fensters im ersten Stock gebracht hat. „Wie ein Vogel im Käfig“, antwortet der 79-Jährige in seinem Rollstuhl am Fenster sitzend.
Die beiden sehen sich wegen der Corona-Auflagen das erste Mal seit zwei Monaten wieder. „Wenn das alles vorbei ist, gibt es Milchreis und Kuchen“, verspricht die 68-jährige Cremilde. Sie bedauert, dass sie nicht in der Lage war, Joses Geburtstag zu feiern. „Bei allem, was in den Altenheimen passiert ist, mache ich mir immer Sorgen um ihn“, sagt sie.
In Portugal wie auch in anderen europäischen Ländern sind besonders ältere Menschen von der Corona-Pandemie betroffen. In Joses Pflegeheim in der Küstenstadt Figueira da Foz auf halbem Weg zwischen Lissabon und Porto gab es bislang jedoch keinen Ansteckungsfall.
Nach offiziellen Angaben starben in ganz Portugal etwas mehr als tausend Menschen an dem neuartigen Coronavirus. Das Land ist damit im Gegensatz zu seinem Nachbarn Spanien glimpflich davongekommen. Ab Montag sollen deshalb die Eindämmungsmaßnahmen gelockert werden. Ein Datum für die Öffnung von Alters- und Pflegeheimen wurde aber bislang noch nicht festgelegt.
Joaquim de Sousa, der Direktor der Wohltätigkeitsorganisation, die das Heim in Figueira da Foz betreut, kam die Idee mit dem Kran beim Lesen eines Artikels. Es gab ihm zufolge keine Schwierigkeiten, ein Unternehmen zu finden, das bereit war, einen Kran und einen dazugehörigen Fahrer kostenlos zur Verfügung zu stellen.
Als Cremilde wieder auf festem Boden steht, wird die Hebebühne desinfiziert. Die nächste Besucherin wartet schon. Die Chefin des Pflegeheims, Ana Magalhaes, ist mit den seit Wochenbeginn laufenden Kran-Besuchen zufrieden: „Diese Gefangenschaft und der Besuchsstopp haben das Gefühl der Verlassenheit bei unseren Bewohnern verstärkt, und sie schätzen dieses neue Besuchssystem sehr.“ Sie würden den ganzen Tag damit verbringen, sich für den neuen Service zu bedanken. (afp/sua)
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